HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
bessere Lösung?“
Eurice schüttelte den Kopf. „Zügle aber dein Temperament, Alayna. Fordere ihn nicht heraus.“
Alayna setzte ihr schönstes Lächeln auf. „Denkst du, ich könnte nicht auch nett zu ihm sein?“
Eurice drehte nur die Augen gen Himmel.
Alayna machte sich auf, um de Montregnier zu finden. Nach einer kurzen Suche fand sie ihn mit Agravar und einem Schreiber in der Waffenkammer, wo sie offensichtlich eine Liste von Edgars zahlreichen Schwerten, Streitäxten, Lanzen und Rüstungen erstellten.
„Verzeiht, Mylord“, sagte sie höflich. Lucien fuhr beim Klang ihrer Stimme herum. Sein eitler Gesichtsausdruck machte sie schon wieder wütend, doch es gelang ihr, sich zu beherrschen.
„Mylady?“, fragte er erwartungsvoll. Hinter ihm nickte ihr Agravar zur Begrüßung stumm zu. Der hünenhafte Wikinger flößte ihr Unbehagen ein, obgleich er ihr bisher nichts getan hatte.
„Dürfte ich mit Euch sprechen, Lord Lucien?“, fragte sie.
„Kann das nicht warten? Wir haben hier viel zu tun.“
Sie schluckte, entschlossen, ruhig zu bleiben. „Nein, ich muss eine wichtige Angelegenheit mit Euch bereden. Es wird nicht lange dauern.“
Er nickte huldvoll, als ob er ihr eine große Gnade erwiese. Dann schickte er den Schreiber mit einer ungeduldigen Geste weg. „Nun gut, worum handelt es sich?“
„Es betrifft das Dorf am Waldrand. Die Leute dort leben in bitterster Armut, eine Tatsache, die ich seit meiner Ankunft nur schwer ignorieren konnte.“
„Dessen bin ich mir bewusst“, zischte er.
„Ich würde mich gerne ihrer Bedürfnisse annehmen und ihnen einige Kleidungsstücke übergeben, die ich für sie angefertigt habe.“
Lucien sah sie gelangweilt an. „Und?“
„Dazu brauche ich ein Gefährt und eine Eskorte“, brachte sie heraus. „Und natürlich erbitte ich Eure Erlaubnis, das Schloss verlassen zu dürfen.“
„Na gut, Ihr habt sie“, sagte er.
Agravar mischte sich mit sanfter Stimme ein. „Ich werde mich darum kümmern. Lasst mich wissen, was Ihr benötigt, und ich werde alle Vorbereitungen für Euch treffen.“
Dies waren die ersten Worte, die sie von dem Wikinger gehört hatte. Es schien seltsam, dass gerade dieser raue Krieger so galant zu ihr sprach.
Lucien sah den Nordmann erstaunt an. „Danke, ‚Freund‘, für deine Hilfe“, sagte er dann spöttisch.
Agravar grinste zurück und sagte zu Alayna: „Ich werde den Stallburschen anweisen, ein Pferd für Euch zu satteln.“ Er verließ die Waffenkammer und ließ Alayna mit Lucien allein.
„Eure Freigebigkeit gegenüber den Armen ist rührend.“
Ein Ausdruck trat in ihre Augen, den er nicht deuten konnte. „Nein, Sir. Es ist Eure Freigebigkeit, die den Armen hilft.“
Lucien dachte nicht weiter über diese geheimnisvolle Äußerung nach.„Euer Vorhaben dient auch meinen Zwecken, da ich eine genaue Liste aller Menschen in dieser Grafschaft – und ihrer Bedürfnisse – zu führen gedenke. Einer meiner Männer wird Euch begleiten, um ihren Zustand abzuschätzen.“
Alayna war etwas überrascht über die Anteilnahme, die er gewöhnlichen Bauern entgegenbrachte. Natürlich war dies nur zu seinem eigenen Vorteil, da der Wohlstand eines Barons sich hauptsächlich auf die Abgaben und Steuern seiner Leibeigenen begründete. Alayna hatte die Edelleute schon immer für töricht gehalten, die ihre eigenen Untergebenen hungern und verwahrlosen ließen. Immerhin schien de Montregnier klüger zu sein.
„Kann ich Euch vielleicht noch auf eine andere Art behilflich sein, Mylord?“
Lucien drehte ihr den Rücken zu und schritt mit gedankenverlorenem Blick die Waffenregale ab, die er vorhin überprüft hatte. „Aye, das könntet Ihr, Mylady. Mich würde Eure eigene Meinung über den Zustand des Dorfes interessieren, denn manchmal bemerkt eine Frau Dinge, die ein Mann übersieht. Will wird Euch begleiten, und Ihr könnt ihm über Euren Eindruck berichten …“
Lucien verstummte, als er ein Regal voller Schwerter vor sich anstarrte. Plötzlich versteifte er sich, und sein Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. Wenn Alayna nicht gewusst hätte, dass es unmöglich war, hätte sie es für blanke Furcht gehalten.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie vorsichtig. De Montregnier gab keine Antwort, er bewegte sich nicht einmal.
„Geht es Euch nicht gut?“ Langsam wurde ihr sein Verhalten unheimlich. Ob er irgendeinen Anfall hatte? Sollte sie um Hilfe rufen?
„Antwortet mir bitte, Mylord, Ihr macht mir Angst.“
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