HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
Mellyssand.
„Ich wollte Lord Lucien nicht mit der Bitte belästigen.“
„Fürchtest du, er sei zu beschäftigt für deine Familienangelegenheiten? Nun, er hat sicher dringendere Angelegenheiten zu erledigen“, überlegte Hubert laut. „Vielleicht ist es das Beste, ihn jetzt nicht damit zu behelligen. Wenn du es willst, werde ich selbst einen Boten mit dem Brief beauftragen.“
Alayna zögerte. Hubert wusste noch nicht, dass de Montregnier sie vorerst hierbehalten wollte. Dennoch würde sie diese Gelegenheit nicht ungenutzt lassen. Nachdem sie Hubert nickend ihre Zustimmung bekundet hatte, begann Mellyssand, von anderen Dingen zu sprechen. Doch Alayna konnte vor Aufregung der Unterhaltung kaum folgen. Wie lange würde ihre Mutter wohl brauchen, bis sie in Gastonbury sein konnte, nachdem sie ihr geschrieben hatte? Höchstens ein oder zwei Wochen, vermutete sie. Als sie schließlich aufstand, um zurück zum Herrentisch auf dem Podest zu gehen, malte sie sich de Montregniers Zorn aus, wenn ihre Mutter mit ihrem Gefolge durch das Burgtor reiten und ihre Freilassung fordern würde.
Sie bemerkte gar nicht, dass sich ihr ein Mann in den Weg gestellt hatte, bis sie beinahe mit ihm zusammenprallte. Erschrocken blickte sie auf und sah einen stämmigen Burschen mit schwarzen Zähnen und einem struppigen Bart.
Alayna wollte an ihm vorbeigehen, doch er machte ebenfalls einen Schritt zur Seite, sodass er drohend vor ihr stand. Sie erkannte ihn als einen von Luciens Söldnern. „Lady Alayna of Gassonbry“, lallte der Mann.
„Lasst mich bitte vorbei“, sagte sie und hob trotzig das Kinn. Der Mann kicherte, wobei er ihr Gesicht berühren wollte. Doch Alayna schlug seine Hand beiseite. Sie wollte ihm den Rücken zukehren, aber er packte schmerzhaft ihren Arm und zwang sie, ihn anzusehen.
„Seid Ihr von Sinnen? Lasst mich auf der Stelle gehen!“, fauchte sie, was den Söldner und seine betrunkenen Gefährten zu brüllendem Gelächter veranlasste. Ein weiterer der Männer stellte sich hinter sie und presste seinen Körper an ihren Rücken.
„Ich werde um Hilfe rufen, wenn ihr mich nicht loslasst“, sagte Alayna, während sie zum Herrentisch hinüberblickte. Will war nirgends zu sehen, und Lucien, der in ein Gespräch vertieft war, hatte ihr den Rücken zugewandt. Die vielen Menschen in der Halle verursachten einen solchen Lärm, dass er sie sicher nicht einmal hören würde, wenn sie um Hilfe rief. Verdammt, er beobachtete sie ständig, nur nicht jetzt, da sie ihn brauchte.
„Aye, ich könnte schwör’n, dass dich Lord Eggar gut zugeritten hat“, lallte der widerwärtige Mann. Der Gestank seines Atems brachte sie zum Würgen. Eine neue Lachsalve seiner Freunde ermutigte ihn nur noch. „Bestimmt bist du ganz heiß darauf, was? Willste nich’ einem armen Ritter eine Gelegenheit geben? Wir haben alle hart gekämpft und woll’n jetzt eine Belohnung dafür. Na, Mylady, wie wär’s?“
Alayna wollte gerade schreien, als plötzlich das breite Grinsen aus dem Gesicht des Söldners schwand und er fassungslos nach unten sah. Sie folgte seinem Blick und entdeckte einen Dolch, der auf einmal in der Seite des Mannes steckte. Sie erkannte die Waffe an dem abgewetzten Griff. Es war dieselbe, mit der sich Lucien in die Hand geschnitten hatte!
Sie wirbelte herum und sah ihn mit einem beängstigenden Gesichtsausdruck auf dem Podest stehen. „Raus hier“, sagte er mit einer so durchdringenden Stimme, dass sie auch noch im letzten Winkel der Halle gehört wurde. Die Menge wurde schlagartig still.
„Ich bin verwundet!“, jammerte der Söldner entsetzt. Dabei hielt er seine Hände in die Höhe, die mit seinem eigenen Blut verschmiert waren.
Die Kameraden des Mannes eilten herbei und drängten ihm, dem Befehl Folge zu leisten. Trotzdem stieß er sie beiseite und fuhr wütend fort: „Wir haben uns nur amüsiert. Soll’n wir vielleicht wie Heilige leben?“
„Ihr kanntet die Bedingungen, als ich euch in meine Dienste nahm. Dies sind nun meine Leute, und ich habe geschworen, sie zu beschützen. Ich werde das jetzt zum letzten Mal sagen – verschwinde von hier!“
„Aber Ihr schuldet mir Geld. Ihr habt mich angeheuert, um für Euch zu kämpfen, und das hab’ ich auch getan.“
Lucien musterte den Mann verächtlich. „Bezahlt ihn. Perry, ruf den Seneschall. Er soll ihm eine Börse geben. Danach bringt ihr ihn zum Tor und sorgt dafür, dass er ohne Verzögerung das Schloss verlässt.“ Sein finsterer Blick ließ
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