HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
seufzend den Brief. Nachdem sie die Worte schnell überflogen hatte, hielt sie kurz inne und las die Nachricht noch ein weiteres Mal.
Ihre Mutter. Der Brief stammte von ihrer Mutter!
Sie blickte auf und wollte Lucien folgen, doch er war schon gegangen.
Es war unglaublich, dass er ihre Nachricht trotz allem übermittelt hatte. Und nun wusste sie, dass ihre Mutter den Vertreter Henrys auf höchstköniglichen Befehl persönlich begleiten würde, wenn er sich nach Gastonbury begab. Veronica hatte ihr in ihrem einzigartigen Stil geschrieben, sie würde sie aus ihrer ‚Gefangenschaft‘ befreien, sobald sie eintraf.
Leider besagte die Botschaft auch, dass Henrys Bote erst im Juni, also in zwei Monaten, nach Gastonbury reisen würde. So lange konnte sie nicht warten, zumal sie morgen de Montregnier heiraten sollte.
Dennoch fand sie diesen Gedanken nun nicht mehr ganz so schrecklich wie noch kurz zuvor. Er hat Perry mit meinem Brief nach London geschickt, dachte sie. Obwohl sie immer noch so entschlossen war, ihn für den gefühllosesten Mann der Christenheit zu halten, hatte er offenbar auch gute Seiten an sich. Sie war gespannt, wie er es mit ihrer Mutter aufnehmen würde.
Lächelnd ließ sie das Pergament sinken. De Montregnier hielt sich für unbesiegbar. Er konnte jedoch nicht wissen, welchen Einfluss ihre Familie besaß.Veronica war eine reiche und mächtige Witwe, und sie kämpfte wie eine Löwin, wenn es um das Wohl ihrer Tochter ging.
De Montregnier wollte eine politische Allianz, also würde er sie vorläufig bekommen. Doch die Vermählung würde sofort annulliert werden, wenn ihre Mutter eintraf.
Zwei Monate, dachte Alayna. Die Zeit erschien ihr nicht besonders lang. Die Verbindung zwischen ihr und de Montregnier würde nur dem Namen nach bestehen, schließlich hasste er sie ebenso wie sie ihn. Nun, im Augenblick mochte er ruhig glauben, gewonnen zu haben. Ihr endgültiger Sieg würde dann umso schöner sein!
10. KAPITEL
Als der Morgen dämmerte, versprach Alaynas zweiter Hochzeitstag schön und sonnig zu werden. Sie erwachte früh und blieb in ihrer Kammer, bis ihr ein Page mitteilte, dass die Zeremonie am späten Nachmittag stattfinden sollte.
Seltsamerweise schien Eurice nicht einmal traurig über diese Tatsache, während sie Alayna beim Ankleiden half. Sie trug ein einfach geschnittenes cremefarbenes Kleid, und die Amme drehte ihre dicken Zöpfe zu einem Knoten, an dem der Schleier befestigt wurde. Alayna ließ die ganze Prozedur geduldig über sich ergehen, da sie bereits voller Vorfreude an den Tag dachte, an dem sie endlich ihre Freiheit zurückgewinnen würde.
Die Kapelle war wieder in ihren alten Zustand zurückversetzt worden. Lucien wartete an ihrer Seite auf den Priester, einen Ordensbruder, der eilig herbeigerufen worden war. Alayna warf einen kurzen Blick auf ihren Bräutigam, der seinen gewohnten mürrischen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Er wirkte beinahe, als sei er es, den man zu dieser Vermählung gezwungen hatte, und Alayna verließ plötzlich der Mut. Trotzdem gelang es ihr, mit klarer, fester Stimme ihr Gelübde zu sprechen.
Als der Priester sie zu Mann und Frau erklärte, küsste ihr neuer Gemahl sie nur flüchtig auf die Wange, doch selbst diese Berührung ließ einen Schauer über ihr Rückgrat laufen. Danach ging er einfach davon und ließ sie stehen, bis Will ihr galant seinen Arm anbot.
„Meine Glückwünsche“, sagte er nur. Alayna versuchte zu lächeln, aber der Versuch schlug fehl. Will geleitete sie in die Halle, wo die Schlossbewohner versammelt waren und sie ungläubig anstarrten. Auch sie waren von der unerwarteten Hochzeit offensichtlich nicht gerade begeistert.
Nachdem Will sich steif von ihr verabschiedet hatte, stand Alayna ganz allein in der Menge neugieriger Leute, die sie unverhohlen musterten. Verdammt seist du, de Montregnier, dachte sie. Er stand am anderen Ende der Halle und war in ein Gespräch mit seinen Rittern vertieft, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
In einer Ecke stand eine junge Dienstmagd, die sie hasserfüllt beobachtete. Als Alayna ihren Blick erwiderte, wandte sie weder den Blick ab, noch versuchte sie, den feindseligen Ausdruck in ihren Augen zu verbergen.
Alayna ging zu Eurice hinüber und fragte: „Wer ist dieses Mädchen?“
„Welche?“
„Da drüben …“ Alayna verstummte, denn die Dienstmagd war nicht mehr zu sehen.
„Sie stand dort, gerade eben. Und sie sah mich an, als wollte sie mich gleich umbringen. Ich habe
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