HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
sie zwischen zusammengebissenen Zähnen zu. „Aber ich fürchte, Ihr müsst mich entschuldigen, Monsieur, ich fühle mich noch nicht wohl genug, um Besuch zu empfangen. Die Geburt des Kindes hat mich erschöpft, und ich muss mich ausruhen, wenn er schläft.“
„Nein, es ist nicht Herumliegen, was Ihr braucht, sondern frische Luft, meine Hübsche, damit Eure bleichen Wangen wieder rosig werden! Pfui Teufel, hier stinkt es nach Zwiebeln und Schlimmerem!“ Blanchard deutete auf die Wäsche, die auf einer Leine vor dem Kaminfeuer trocknete. „Begleitet mich auf einem Spaziergang, das wird Euch guttun.“
„Ich gehe mit Euch nirgendwohin, Blanchard.“
Er beugte sich vor, und Elise roch Wein und seinen Atem. „Ich denke, Ihr werdet mitkommen, Madame, oder ich werde Eurer Freundin erzählen, dass ihr Hausgast nichts als eine Hure des Feindes war und ihr Balg ein halbenglischer Bastard ist. Dann werdet Ihr nicht nur hier nicht mehr willkommen sein, sondern nirgends in Rouen, wette ich.“
Elise zuckte zusammen und hoffte, dass Clothilde nicht an der Tür lauschte. „Thomas ist ein echter Franzose, echter als Ihr je sein werdet! Aber nun gut, ein Spaziergang um den Platz herum, mehr nicht. Und ich nehme das Kind mit“, fügte sie hinzu, denn sie dachte, Blanchard würde weniger darauf aus sein, ihr zu nahe zu treten, wenn sie Thomas auf dem Arm trug.
Er machte ein finsteres Gesicht, konnte indes nicht mit ihr streiten, ohne unehrenhafte Absichten zuzugeben. „Also gut, nehmt ihn mit.“
„Ah, eine feine Idee!“, rief Clothilde, als Elise ihr von ihrem Vorhaben erzählte. „Es wird Euch guttun, etwas Sonne und ein Spaziergang mit einem ansehnlichen Mann! Aber nehmt Euer Tuch, meine Liebe, es weht ein kühler Wind.“ Die Hebamme war ganz offensichtlich erfreut, und das beruhigte Elise, dass sie nicht an der Tür gelauscht hatte.
Es hatte ihr gutgetan, herauszukommen, trotz ihres verhassten Begleiters. Elise war nicht bewusst gewesen, wie abgestanden die Luft im Haus war, und auch nicht, wie sehr sie die Sonne auf der Haut vermisst hatte – und den Anblick des blauen Himmels. Herbst lag in der Luft. Sogar dem kleinen Thomas schien die Abwechslung zu gefallen, denn er lächelte im Schlaf.
Sie hatten den Rundgang um den Platz fast beendet. Elise hatte sich sogar vergewissern können, dass das Häuschen, das Jean für sie gemietet hatte, in Ordnung und das Schloss noch am Platze war. Zumindest von außen sah alles unversehrt aus. Als sie und Blanchard sich jetzt wieder dem Haus der Hebamme näherten, blickte Elise sehnsüchtig über den Platz zu ihrem Heim hinüber und wünschte sich, wieder dort zu wohnen. Wenn nur nicht die Gefahr bestünde, dass Blanchard ungebeten bei ihr erscheinen würde! Vielleicht sollte sie doch besser noch bei Clothilde bleiben.
Dann blickte sie wieder hin und schirmte ihre Augen mit der Hand ab. „Da ist jemand an meinem Haus“, murmelte sie, und Blanchard blieb stehen.
Ein Mann in schlichter Kleidung, eine Kapuze über dem Haar, hatte sich eben dem Haus genähert und klopfte an der Tür. Da er ihr den Rücken zuwandte, konnte Elise nicht mehr erkennen, als dass er groß war. Vermutlich nur jemand, der sich nach einer Adresse erkundigen oder um Essen betteln wollte, aber eigentlich wirkte er trotz seiner einfachen Gewandung nicht wie ein Bettler. Dann trat er von der Tür zur Seite und versuchte, durch eine Ritze des Fensterladens zu spähen, und Elise erhaschte einen Blick auf eine Adlernase und hohe, hagere Wangenknochen.
„Adam?“, flüsterte sie und hatte ihren Begleiter vergessen. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, als sie immer mehr davon überzeugt war, dass der Mann vor ihrem Haus tatsächlich Adam Saker war. Dann wurde ihr bewusst, dass sie laut gesprochen hatte.
„Adam?“, wiederholte Blanchard und folgte ihrem Blick. „Ah, kann es sein, dass Euer englischer Liebhaber Euch aus der belagerten Stadt zu retten versucht?“
Elise war nicht schnell genug, ihre Überraschung und ihre Angst zu verbergen, und so bestätigte sie ungewollt seinen Verdacht.
„Wie ich sehe, habe ich recht. Es ist mutig von ihm, herzukommen, meine schöne Elise, aber es ist auch dumm. Schließlich könnte er gefasst und als Spion hingerichtet werden.“
„Nein, ich habe mich geirrt“, sagte sie und bemühte sich, gleichgültig zu klingen. „Ich dachte, es wäre jemand, den ich kenne, wahrscheinlich ist es jedoch nur ein Bettler. Ich danke Euch für diesen Spaziergang und …“ Sie
Weitere Kostenlose Bücher