HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
mit dem verräterischen Doppelagenten, ganz zu schweigen von dem Schreck, herauszufinden, dass Elise eine Spionin gewesen war – hatte ihn vorsichtig werden lassen, Franzosen zu trauen, wie gut auch immer ihre Gründe sein mochten, den Engländern zu helfen.
Konnte er Lucien trauen, einem von einer Handvoll Bretonen, die sich als Söldner den Engländern angeschlossen hatten, nachdem der Bündnisvertrag von ihrem Herzog und König Henry unterzeichnet worden war? Es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Die Einkesselung Rouens war nicht vollständig, solange die Engländer nicht die Straße nach Paris kontrollierten, die genau an dem befestigten Kloster vorbeiführte. Die Engländer brauchten einen Spitzel in St. Denis, auf den sie zählen konnten, durch die Hintertür genügend Soldaten einzulassen, um den kämpferischen Mönchen die Kontrolle abzunehmen. Es war Adam gelungen, eine schwarze Mönchsrobe, Sandalen und einen Gürtelstrick zu beschaffen. Natürlich hatte er recht damit, dass die Mönche von St. Denis kaum einem Ordensbruder mit englischem Akzent trauen würden.
„Soll ich jetzt gehen, Sir Adam?“, fragte der bretonische Söldner, der sich in einen Mönch verwandelt hatte.
„Ja, ich denke, du bist so bereit, wie du nur sein kannst. Geh mit Gott.“
Lucien hob seine Hand, als wollte er seinen Vorgesetzten segnen, dann winkte er frech und verschwand aus dem Zelt. Adam beschloss, nachdem sein Agent auf dem Weg war, die Truppe des Earls of Salisbury zu verstärken, die in der Nähe die Straßen nach Rouen freimachten. Die Verteidiger der Stadt hatten gefällte Bäume und Bretter mit hervorstehenden Nägeln auf den Straßen hinterlassen, um den Vormarsch des Feindes zu behindern. Diese Hindernisse, vor allem die Fußangeln, kleine Vorrichtungen aus Metall mit vier scharfen Spitzen, von denen mindestens eine aus dem Schmutz herausragte, bildeten wirklich eine Gefahr. Das Schlachtross eines anderen Ritters war in eine solche Spitze getreten und lahm geworden. Adam wollte nicht, dass Alastor ein solches Schicksal widerfuhr.
Und vielleicht würde ein Nachmittag harter Arbeit ihn heute Nacht schlafen lassen – ohne stundenlang wach zu liegen und von Elise zu träumen.
„Sir Adam, Ihr habt einen Besucher“, sagte Harry vom Zelteingang her, als Adam sich eben umziehen wollte.
Nun, wer mochte das wohl sein? Es war zu früh, seinen Kurier aus Paris zurückzuerwarten. Er zog den pelzverbrämten knielangen Rock wieder an, da er seinen Besucher nicht im Hemd empfangen wollte. Dann machte er ein erstauntes Gesicht.
„Gippety! Was tust du denn hier?“
„Ich komme von meiner Herrin. Sie braucht Eure Hilfe, Sir Adam“, erklärte Gilles und blickte zu ihm auf.
„Du kommst aus Paris? Was ist geschehen? Ist sie dort nicht sicher?“
„Wahrscheinlich würde sie dort sicher sein, wenn sie dort wäre, Sir“, meinte der Zwerg trocken, „aber da sie auf keinen von uns hören wollte, ist sie in Rouen, seit sie Euch verlassen hat.“
„In Rouen?“, wiederholte Adam wie vom Donner gerührt. „Was macht sie in Rouen? Ich habe ihr gesagt …“
„Sie soll nach Paris gehen. Ja, ich weiß. Und sie wusste es auch. Indes besteht sie darauf, dass Ihr sie vergessen müsst. Zu Eurem eigenen Besten. Ihr würdet keine Aussicht auf Beförderung haben und vielleicht sogar Eure Ritterehre verlieren und geächtet werden, wenn Ihr darauf beharrt, zu ihr zu halten. Und deshalb ist sie nach Rouen zu ihrem Bruder Jean gegangen, und er hat ihr ein Häuschen besorgt, in dem sie jetzt wohnt.“
„Aber dort kann sie nicht bleiben! Wir haben die Stadt abgeschnitten. König Henry wird sich nicht zufriedengeben, bis die Bewohner verhungern oder sich ergeben!“
Der Zwerg nickte bestätigend. „Jedermann in Rouen weiß, dass die Stadt unter Belagerung steht. Glaubt Ihr nicht, ich hätte sie nicht wieder und wieder gebeten, fortzugehen? Ich habe mit ihr gestritten, ihr geschmeichelt und gedroht, Sir Adam. Aber es gibt Grenzen, die ein Diener nicht überschreiten darf. Und schließlich wurde sie zu schwer, um zu reisen.“
„Was soll das heißen ‚zu schwer, um zu reisen‘?“, rief Adam, dem ein schrecklicher Verdacht kam.
„Sie trägt Euer Kind unter dem Herzen und kann jetzt jeden Tag niederkommen“, teilte Gilles Le Petit ihm sachlich mit.
Adam ergriff einen Zinnteller vom Tisch und schleuderte ihn gegen die Zeltwand, von wo er in die Binsen fiel. „Sie geht nach Rouen, wo sie schon immer hingehen wollte, trifft dort
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