Historical Exclusiv Band 44
drehte er sich zu seinen Leuten um, und herrschte sie im Befehlston an. „Ihr beide“, sagte er und deutete auf die Männer, die am nächsten bei ihm standen. „Ihr folgt ihnen. Vergewissert Euch, dass sie mit niemandem sprechen, der Uniform trägt. Wenn Ihr irgendetwas Verdächtiges bemerkt, meldet es sofort an mich!“
Anthony bearbeitete ein Stück trockenes Brot zwischen dem Daumen und den Fingern, bis es einen Berg voller Krümel auf dem Tisch bildete. Er hatte überhaupt keinen Appetit und hatte schon zu viel Bier getrunken, um noch einen klaren Kopf zu haben.
Nachdem er mit Oliver und dem Sheriff gesprochen hatte, war er in gestrecktem Galopp geritten, um rechtzeitig zum Abendessen zurück zu sein. Doch Millie bestellte ihm voller Mitgefühl, dass weder der Herr noch die Herrin mit ihm zusammen speisen könnten. Sarah war auch mittags nicht zu Tisch gekommen. Er hatte sie seit der kurzen Begegnung heute Morgen bei den Pferdeställen nicht mehr gesehen.
„Darf ich Euer Glas noch einmal nachfüllen, Mylord?“ Millie hatte sich während der ganzen Mahlzeit in seiner Nähe aufgehalten und erweckte den Eindruck, als machte es ihr nichts aus, ihn die ganze Nacht zu bedienen.
„Nein, danke. Wisst Ihr, wo sich Mistress Fairfax aufhält?“
Millies blonde Locken flogen hin und her, als sie den Kopf schüttelte. „Alles, was ich weiß, ist, dass sie das Haus verließ. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, was sie zu dieser Tageszeit draußen macht. Es ist ja schon ganz dunkel.“
Anthony wischte sich den letzten der Brotkrümel von den Fingern ab. „Und Ihr seid sicher, dass sie nicht zurückgekommen ist? Wie lange ist sie schon weg?“
Millie griff zu ihm hinüber, um einen der Teller wegzuräumen, wobei ihr weicher Busen wie zufällig seinen Arm streifte. „Mistress Sarah kommt und geht, wann sie will, Mylord. Niemand weiß genau, wann sie hier anzutreffen ist.“
Außer Jack, hätte sie hinzufügen können. Aber jedem im Haushalt war von Thomas Fairfax eingeschärft worden, seinen jungen Neffen gegenüber keinem der Leute des Königs einschließlich ihres Gastes zu erwähnen. Millie verstand zwar nicht den Grund dieser Anordnung, aber sie schätzte ihre Stellung in Leasworth und wollte nichts tun, um sie zu gefährden. Andererseits boten sich ihr aber vielleicht auch noch reizvollere Möglichkeiten.
Sie musterte den eleganten Herrn am Tisch gründlich. Er war sicher von edler Abstammung. Feingliedrig und kräftig gebaut zugleich. Und seine Kleider wirkten prächtiger als alles, was sie bisher gesehen hatte. Wenn sie das Interesse von Lord Rutledges soweit wecken könnte, dass er sie mit sich nach London nehmen würde, könnte sie dort vermutlich eine bessere Beschäftigung finden als alles, was Yorkshire je zu bieten hätte.
„Ihr habt kaum etwas zu Euch genommen, Mylord“, bemerkte sie, als sie die übrigen Platten entfernte.
„Es tut mir leid, Millie. Das liegt nicht am Essen. Ich bin heute Abend einfach nicht sehr hungrig.“
„Vielleicht braucht Ihr eine andere Art von Kost, Sir“, meinte Millie einladend lächelnd.
Anthony musterte ihr rundes Gesicht. Ihr Blick war heiter, und ihr Körper hatte eine angenehme Fülle. Sarah befand sich wahrscheinlich gerade in diesem Augenblick bei ihrem Verehrer und mutmaßlichen Geliebten Partridge. Es geschähe ihr recht, wenn er auf Millies Angebot eingehen würde. Aber Anthony entschied sich schließlich doch abzulehnen. „Es scheint, mir ist heute Abend der Appetit auf jede Art von Nahrung vergangen, Millie.“
Das Mädchen schien durch diese Zurückweisung nicht im Mindesten entmutigt. Sie hob mit jeder Hand einen schweren Teller hoch und drehte sich um, wobei sie über die Schulter zurückrief, „Ich werde heute noch etwas länger in der Spülküche arbeiten. Falls Ihr es Euch anders überlegt, wisst Ihr, wo ich zu finden bin, liebster Baron.“
Anthony musste über ihre Keckheit lächeln. Lag es an dieser Landschaft, oder gab es irgendein Bestandteil im Wasser oder in der Luft von Yorkshire, das die Frauen so unverfroren machte? Sarah war ja auch nicht gerade schüchtern, obwohl sie äußerlich sehr puritanisch wirkte.
Zumindest hatte sie Mut genug, sich zwei Verehrer gleichzeitig zu halten. Er nahm noch einen kräftigen Schluck Bier und verzog das Gesicht, als es in seinem Magen zu rumoren begann. Anthony brauchte im Augenblick weder Bier noch etwas zu essen noch ein Küchenmädchen. Er wollte mit Sarah sprechen und die Angelegenheit mit
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