Historical Exklusiv Band 20
Schicksal ausgeliefert waren. Er und seine englischen Freunde waren sich in der Überzeugung einig, es sei viel einfacher, sich Menschen untertan zu machen, wenn diese keine Waffen besaßen.“ Keane machte ein Geräusch, als wolle er ausspucken. Unendliche Verachtung lag in dieser Geste.
„Nachdem ich meine Erziehung und Ausbildung im Ausland abgeschlossen hatte, war ich so angewidert von meinem Vater und bar jeglicher Illusion über ihn, dass ich meinte, mein Schicksal sei es, genauso zu werden wie er. Das schien mir die einzig mögliche Rache für seine Sünden zu sein.“
Jetzt drehte er sich zu Briana um, und sie erschrak vor dem Ausdruck grenzenloser Traurigkeit in seinen Augen. „Nach einer besonders unrühmlichen Episode in meinem Leben suchte einer von Irlands einflussreichsten Männern, den ich überaus schätzte, meine Bekanntschaft. Er machte mir einen Vorschlag, wie ich mich am wirkungsvollsten an meinem Vater würde rächen können. Ich war zwar moralisch unglaublich tief gesunken, doch der Plan dieses Mannes erschien sogar mir durch und durch unehrenhaft. Doch am Ende hatte er mich dann doch überzeugt, dass es hier eine Möglichkeit für mich gab, nicht nur die Taten meines Vaters zu rächen, sondern die Ehre des Namens O’Mara wiederherzustellen.“
„Und wie sollte das vonstatten gehen?“, wollte Briana wissen, denn sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, um was für einen Plan es sich gehandelt haben mochte.
„Nun, ich sollte mich, zumindest nach außen hin, den Vergnügungssüchten meines Vaters und seiner Freunde anschließen, was mir auf Grund meines Lebenswandels nicht besonders schwerfallen würde. Sowie ich ihr Vertrauen gewonnen hätte, würden sie mir all ihre kleinen, schmutzigen Geheimnisse und Intrigen anvertrauen, die ich dann wiederum den bekannten irischen Freiheitskämpfern zukommen lassen sollte.“
Sekundenlang war Briana sprachlos. Allmählich verstand sie das gesamte Ausmaß dessen, was Keane ihr erzählte. „Du warst also ein Spitzel?“
Er lachte freudlos auf. „Man mag mich so nennen. Ich würde aber eher sagen, dass ich ein haltloser Trinker und Betrüger war. Ich benutzte jeden, der mir über den Weg lief. Ich missbrauchte das Vertrauen unzähliger Menschen. Ich sank so tief, dass ich sogar die Mätresse meines eigenen Vaters zu meiner Gespielin machte.“
Keane hörte, wie Briana scharf die Luft einzog. Er wandte sich ab, denn er konnte und wollte den Abscheu über sein Verhalten nicht in ihrem Gesichtsausdruck gespiegelt sehen. Er marschierte zum Fenster, wo er die Arme vor der Brust verschränkte und angestrengt in die Dunkelheit starrte.
„Sie hieß Lady Victoria Cranmer und galt als eine der größten Schönheiten Englands. Sie hatte hellblonde Haare und eine Haut wie Milch. Ich brauchte sie kaum zu überreden, ein Verhältnis mit mir zu beginnen. Sie betrog meinen Vater, indem sie einfach in mein Bett kam. Danach war es äußerst einfach, sie zu meiner Frau zu machen.“
Briana rang nach Luft, denn der Schmerz über diese Eröffnung traf sie unvorbereitet bis ins Mark. Sie konnte die Qual kaum aushalten. Sie musste die Augen schließen und sich mit aller Kraft am Tisch festhalten, denn sie glaubte, sie müsse sich jeden Moment übergeben oder würde schlichtweg die Besinnung verlieren. „Du hast geheiratet?“, brachte sie schließlich unter großen Mühen heraus. Sie verstand nichts mehr und konnte keinerlei Sinn erkennen in dem, was sie da gerade gehört hatte. „Hast du sie geliebt?“
„Anfangs sicher nicht. Vielleicht habe ich sie sogar niemals wirklich geliebt, sondern einfach nur auf übelste Art und Weise benutzt. Aber im Laufe der Zeit erkannte ich, dass unter der zur Schau gestellten Fassade ein mitfühlendes, liebevolles Herz schlug. Diese Erkenntnis führte dazu, dass all meine sorgfältig ausgeklügelten Pläne zu zerbröckeln begannen. Victoria, die gesundheitlich nicht sehr stabil war, erwartete ein Kind.“
„Kind?“, echote Briana. Keanes Beichte entwickelte sich zu einem Albtraum, aus dem es kein Erwachen für sie geben würde. Der Mann, den sie liebte und in den sie all ihr Vertrauen gesetzt hatte! Keane, um den sich all ihre Träume gedreht hatten! Ehefrau und Kind! Es war einfach unfassbar.
„Ja, ein kleines, zartes Mädchen. Wir nannten es Alana.“
So, daher also kam der Name, den er im Schlaf geraunt hatte.
„Ich konnte zwar niemals sicher sein, dass es tatsächlich mein Kind und nicht das meines Vaters
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