Historical Exklusiv Band 36
jedoch für eine junge Frau aus gutem Hause fast unmöglich. Also was sollte sie tun?
Ein zaghaftes Klopfen war an der Tür zu hören und danach die Stimme des Lakaien ihres Onkels. „Miss Catherine, sind Sie zu sprechen?“
„Jetzt nicht.“ Ganz und gar nicht in der Stimmung, Besuch zu empfangen, drehte sie sich zur Tür. „Ich wünsche, nicht gestört zu werden.“
„Der Earl of Caldbeck wartet unten, Miss. Er möchte mit Ihnen reden.“
„Ich habe Nein gesagt! Richten Sie ihm aus, dass ich jetzt nicht zu sprechen bin.“ Als Catherine hörte, dass sich die Schritte des Dieners entfernten, wandte sie sich wieder zum Fenster und sah hinaus. Caldbeck selbst – die letzte Person, die sie im Moment sehen wollte. Um Himmels willen, was sollte sie nur tun? Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Widerwillig dachte sie über Caldbeck nach. Eigentlich fand sie nichts an seiner Person auszusetzen – ganz im Gegenteil. Hochgewachsen und von eleganter schlanker Statur, dabei mit Schultern, deren Breite er nicht seinem Schneider zu verdanken hatte, hätte er sehr anziehend sein können, wenn er nicht so teilnahmslos wäre. Sie hätte es schlechter treffen können.
Aber sie hatte sich seit Langem geschworen, einer Heirat aus dem Weg zu gehen. Zum einen wusste sie aus bitterer Erfahrung, dass sie nur auf sich selbst vertrauen konnte, wenn es darum ging, für sich zu sorgen. Ein Ehemann hingegen hatte so weit reichende gesetzliche Befugnisse, dass sie ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert wäre.
Es war äußerst bitter, ihre heiß ersehnte Unabhängigkeit aufzugeben, aber die hatte sie ja ohnehin schon verloren. Ihr Vermögen war veruntreut worden. Damit musste sie sich abfinden. Wäre da nicht noch ihr anderer Wunsch, der größere …, der so viel wichtiger war und den sie sich dennoch versagt hatte, obwohl es ihr so schwergefallen war.
Die Versuchung war groß, den Antrag aus diesem Grund anzunehmen.
Kinder zu haben. Eine Ehe bedeutete Kinder, und nichts rührte ihr Herz so sehr wie ein Kind. Jetzt lag die Erfüllung ihres innigsten, geheimsten Wunsches in Reichweite – eine eigene Familie, ein eigenes Zuhause, Kinder, der sie all die Liebe und Aufmerksamkeit schenken könnte, die ihr selbst seit ihrem zwölften Lebensjahr gefehlt hatten.
Wären Kinder nur nicht so furchtbar verletzlich!
Catherine seufzte. Ein solches Risiko durfte sie nicht eingehen. Sie war schon vor langer Zeit zu dieser Überzeugung gelangt, obwohl es sie zutiefst betrübte. Caldbecks Antrag anzunehmen würde bedeuten, dass diese wunderbare und erschreckende Möglichkeit zugleich wahr werden könnte. Wenn ihr jedoch etwas zustieße … wenn ihre Kinder allein auf sich gestellt wären wie die verwahrlosten Geschöpfe, derer sie sich angenommen hatte … Allein der Gedanke trieb ihr die Tränen in die Augen.
Schnell wischte Catherine sie weg. Sie musste ihren Verstand gebrauchen. Konnte sie denn überhaupt mit jemandem leben, der so wortkarg war wie der Earl? Sie war ein lebhafter Mensch, der seine Gefühle offen zeigte. Ganz sicher würde ein solch reservierter Mann ihr die Lebensfreude nehmen, versuchen, sie zu bändigen, um aus ihr eine sanftmütige und unterwürfige Ehefrau zu machen.
Könnte sie ihr Wesen jemals so sehr ändern, um so zu werden? Nein, für niemanden auf der Welt. Spätestens nach sechs Monaten würden sie sich das Leben gegenseitig zur Hölle gemacht haben!
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Offensichtlich war Caldbeck nicht klar, auf welchen Handel er sich da eingelassen hatte. Welchen Schrecken bekäme er, wenn sie seinen Antrag tatsächlich annähme? Das wäre beileibe keine Vernunftehe, sondern eine sehr unvernünftige Ehe. Es geschah ihm recht, wenn er so unverschämt war und meinte, sie kaufen zu können.
Gerade in diesem Moment ließ ein kraftvolles Klopfen die Tür erbeben. Verärgert warf sie einen Blick dorthin.
„Habe ich nicht gesagt, dass ich nicht gestört werden möchte.“
„Ich bin es, Caldbeck. Ich möchte mit Ihnen reden.“
Das war wirklich eine Überraschung. Catherine saß einen Moment reglos da. Gütiger Himmel, der Mann stand vor ihrer Tür. Wie konnte er es wagen? Was, um alles in der Welt, sollte sie ihm nur sagen? Sie konnte jetzt kein Gespräch mit ihm führen. Sie brauchte mehr Zeit. Zeit zum Überlegen …
„Ich möchte jetzt nicht mit Ihnen sprechen. Kommen Sie morgen wieder.“ Sobald die Worte heraus waren, fiel Catherine ein, dass sie morgen vielleicht nicht mehr
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