Historical Exklusiv Band 36
auf meine Gefühle zu nehmen! Wenn ich nun jemand anders hätte heiraten wollen?“
„Dann hätten Sie es mir gesagt.“
„Sie hätten zumindest mit mir reden können.“
„Ich habe mit Ihnen gesprochen – heute Morgen. Eigentlich war es ja gestern.“ Höflich interessiert sah er sie an.
„Ja … gut … Dennoch, wenn Sie wussten, wie es um Onkel Ambrose stand, warum haben Sie so lange gewartet und mich erst in letzter Minute vor vollendete Tatsachen gestellt?“
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der richtige Zeitpunkt entscheidend ist, um ein Ziel zu erreichen.“
Catherine seufzte und gab sich geschlagen. Anscheinend war Seine Lordschaft ein eiskalter Spieler. Und zum Teufel mit ihm, er blieb einfach keine Antwort schuldig, einmal ganz abgesehen davon, dass er mit der Effizienz und dem Zartgefühl einer Maschine operierte!
Mit einem Mal fühlte Catherine sich müde. Sie hatte äußerst strapaziöse vierundzwanzig Stunden hinter sich. Auf einen Schlag hatte sie das Selbstbestimmungsrecht über ihr gesamtes Leben verloren – ihr Heim, ihr Geld, ihren Traum von finanzieller Unabhängigkeit. Und sie musste der beunruhigenden Wahrheit ins Auge sehen, dass ihr das Schwerste noch bevorstand. Bald würde sie auch die Kontrolle über ihren Körper verlieren. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
Caldbeck strich mit dem Handrücken leicht über ihre Wange. „Haben Sie keine Angst, Catherine. Sie sind erschöpft. Vorher konnte ich Ihnen keine Gelegenheit geben, sich an den Gedanken zu gewöhnen, meine Frau zu werden, aber jetzt will ich es. Ich werde heute Nacht nicht darauf drängen, dass Sie Ihren Teil des Vertrages erfüllen. Morgen gibt es für uns viel zu tun, und übermorgen möchte ich mich mit Ihnen auf den Weg nach Yorkshire machen. Ich werde Sie in Wulfdale als meine Braut willkommen heißen.“
Catherine war zwischen Erleichterung und Enttäuschung hin- und hergerissen. Anscheinend würde sie noch einige Tage im Ungewissen bleiben. Dennoch war sie dankbar für die Atempause. Vielleicht würde sie besser darauf vorbereitet sein, in diesem Mann ihren Ehemann zu sehen, wenn sie in seiner Gesellschaft nach Yorkshire gereist war.
Lächelnd schaute sie zu ihm auf. „Sie sind sehr rücksichtsvoll, Mylord. Ich bin tatsächlich sehr erschöpft. Trotzdem halte ich mein Wort. Wenn Sie wollen …“
„Nein, Catherine. Obwohl es mir schwerfällt, werde ich warten.“
Es fiel ihm schwer? Caldbeck wirkte so ruhig und gelassen, als ginge es um die Wetterlage.
Am nächsten Morgen überraschte Catherine, die eine Frühaufsteherin war, Seine Lordschaft beim Frühstück. Er erhob sich, rückte einen Stuhl am gegenüberliegenden Ende des Tisches für sie zurecht und half ihr, Platz zu nehmen.
„Sie sind früh auf. Ich habe mit den Damen die Erfahrung gemacht, dass sie selten vormittags erscheinen.“
Seine Erfahrungen mit den Damen? Welche Erfahrungen? Catherine zermarterte sich den Kopf und versuchte, sich zu erinnern, was ihr an Gerüchten über Lord Caldbecks Geliebte zu Ohren gekommen war. Es gab nichts. War es denn möglich, dass er in seinem Alter gar keine Geliebte hatte? Und da sie gerade daran dachte …
„Entschuldigen Sie bitte, Mylord. Ich habe eine Frage. Würden Sie mir sagen, wie alt Sie sind?“
Es wäre wohl übertrieben gewesen, hätte man behauptet, Caldbeck sehe bestürzt aus, aber zumindest schaute er von seinem Frühstück auf und blickte sie an. „Ich bin fünfunddreißig. Warum interessiert Sie das?“
Catherine errötete. „Es gibt keinen besonderen Grund. Mir ist nur gerade klar geworden, wie wenig ich von Ihnen weiß. Ihr Haar …“ Sie zögerte, weil sie ihn nicht kränken wollte. Natürlich zeigte er keinerlei Anzeichen einer Kränkung oder irgendeiner anderen Gefühlsregung.
„Ja. Die Männer in meiner Familie werden früh grau.“ Damit wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Rührei mit Schinken zu.
Catherine betrachtete ihren Ehemann eingehend. Fünfunddreißig war er also. Es stimmte, trotz seiner silbrigen Strähnen sah er wirklich nicht alt aus. Ansonsten gab es nur wenige Anzeichen, die verrieten, dass er nicht mehr jung war. Lediglich an den Schläfen schien das Haar etwas spärlicher zu sein, aber das fiel nur auf, weil er es streng zurückgekämmt trug. Wie schaffte er es, sein Haar so glatt nach hinten zu bürsten, ohne Pomade zu verwenden, die viele andere Männer benutzten?
Er hatte kaum Falten im Gesicht – es war markant mit
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