Historical Exklusiv Band 36
darauf geachtet hatte, das Tier versteckt zu halten, während er seine Bluttat beging.
Er hatte sein Opfer regelrecht abgeschlachtet. Das Blut war überallhin gespritzt. Die Sachen des Täters mussten blutverschmiert gewesen sein. Sicherlich wäre das jemand aufgefallen. Es hatte sich aber niemand gemeldet und davon berichtet. Was also hatte die Bestie getan?
Vielleicht hatte der Mörder seine Kleidung vollständig abgelegt, ehe er die Frau vergewaltigte, und dann wild auf sie eingestochen, als sie hilflos gefesselt am Boden lag? War ein Mensch dazu fähig, sich danach in aller Seelenruhe wieder anzukleiden? Charles spürte, wie die Wut ihn packte. Er wollte Vergeltung. Wenn ihm dieses Ungeheuer nur erst in die Hände fiele!
Schweigend, gedankenverloren und angespannt kehrte Charles nach Hause zurück. Es blieb nur wenig Zeit für ein kurzes gemeinsames Mittagessen mit Catherine, ehe die anderen Landbesitzer eintreffen würden.
Sie kamen einzeln oder in Grüppchen, je nachdem, wen sie unterwegs getroffen hatten, und wurden in einen der größeren Speiseräume auf Wulfdale gebeten, wo sie an dem langen Tisch Platz nahmen und sich lebhaft mit ihren Nachbarn unterhielten. Hawes und die Lakaien servierten Tee und Wein.
Gerade wollte Charles um Ruhe bitten, da brach das Stimmengewirr plötzlich ab, und alle drehten die Köpfe zur Tür. Catherine trat ein, ging an den erwartungsvoll wartenden Herren vorbei zu einem Ende des Tisches, ließ sich auf einem Stuhl nieder, senkte den Blick und faltete die Hände in ihrem Schoß. Alle Herren wandten sich zu Charles und blickten ihn fragend an.
Er zögerte. Sein erster Impuls war, sie hinauszuschicken, was die am Tisch sitzenden Männer zweifellos von ihm erwarteten. Wie immer war es sein Bestreben, Catherine zu beschützen, ihr diese Besprechung und die grausige Beschreibung von Dorrie Ribbles schrecklichem Tod, die unweigerlich vorgetragen werden würde, zu ersparen.
Ehe er jedoch dazu kam, etwas zu sagen, erhob sich der Geistliche und wandte sich an Catherine. Alle Blicke waren wieder auf sie gerichtet.
„Lady Caldbeck, es ist Ihnen hoch anzurechnen, dass Sie solchen Anteil an dieser furchtbaren Tragödie nehmen“, ergriff der Kirchenmann das Wort, „aber lassen Sie mich Ihnen versichern, dass diese Besprechung nicht für die Ohren einer Dame bestimmt ist. Da Seine Lordschaft den Vorsitz führt, bitte ich Sie, mir zu erlauben, Sie in Ihren Salon zu geleiten.“
Catherine sah den Geistlichen lächelnd an und schüttelte den Kopf.
„Ich danke Ihnen, Reverend Middleton, aber ich ziehe es vor zu bleiben.“
Wieder schauten alle auf Charles. Er zog kaum wahrnehmbar die Brauen hoch. Lächelnd begegnete Catherine seinem Blick. Schließlich nickte er ihr zu. Nachdem sie gestern so tapfer bei der verstümmelten Leiche Wache gehalten hatte, erschien es ihm wenig wahrscheinlich, dass ein Bericht über die Gräueltaten sie nun aus der Fassung bringen würde. Er atmete tief durch.
„Lady Caldbeck war gestern anwesend, als der Mord entdeckt wurde. Ihre Beobachtungen werden uns sicher eine Hilfe sein.“ Nachdem er das gesagt hatte, konnte Charles es dennoch nicht ertragen, sie so weit entfernt in einem Raum voller missbilligender Männer sitzen zu sehen.
Er deutete auf Richard, der sich neben ihm niedergelassen hatte, um Protokoll zu führen. Eilig sammelte der Sekretär seine Schreibutensilien zusammen und räumte den Platz. Charles wandte sich zu Catherine und wies mit einer einladenden Handbewegung auf den Stuhl neben sich. „Mylady.“
Catherine nickte den versammelten Gentlemen im Vorübergehen freundlich zu und tauschte den Platz mit Richard. Charles entgingen die tadelnden Blicke nicht, die ihm zugeworfen wurden. Mit eisiger Miene schaute er in die Runde, und einer nach dem anderen senkte den Kopf.
„Nun gut. Lassen Sie uns beginnen.“ Charles nickte dem Friedensrichter zu. „Lord Arncliff, darf ich Sie bitten, diesen Gentlemen zu erläutern, was gestern geschehen ist.“
Charles nahm wieder Platz und lauschte aufmerksam, während Arncliff berichtete, was er gesehen hatte, und mit der Ankündigung schloss, dass die gerichtliche Untersuchung der Todesursache in Kürze stattfinden müsse. Anschließend teilte Dr. Dalton das Ergebnis seiner Untersuchungen mit.
Der Arzt blickte nur einmal in Catherines Richtung und ließ kein Detail aus. Charles hingegen musterte sie mehrmals von der Seite, aber abgesehen davon, dass sie ein wenig bleicher wurde und auf ihre
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