Historical Exklusiv Band 36
die Nacht hinausblickte. Er streckte die Arme nach ihr aus, zog sie auf seinen Schoß, und sie schmiegte sich an ihn.
„Du frierst ja.“ Charles umschlang sie fester.
„Ein wenig.“ Catherine zog die Beine an, sodass er einen Arm darum legen konnte. „Ich habe dich vermisst. Wie geht es dir?“
„Nun ja. Ich bin wütend.“
„Wütend? Davon merkt man nichts.“
Charles zuckte die Schultern. „Ich weiß, trotzdem ist es so. Ich musste an Dorrie Ribble denken und habe versucht, mir vorzustellen, wer zu so etwas fähig ist. Und vor allem, wie ich ihn seiner Strafe zuführen kann.“
„Das habe ich mir auch überlegt. Und mir ist gerade etwas sehr Beunruhigendes eingefallen. Der Hund – das Hundegeheul. Wir haben es letzte Nacht wieder gehört.“
„Und …?“
„Es war auch in der Nacht zu hören, als Mrs Askrigg umkam.“
Charles blieb einen Moment still sitzen und zog Catherine dann enger an sich. „Sehr seltsam. Hast du Angst?“
„Nein“, entgegnete sie schließlich. „Wenn auch … eigentlich fürchte ich mich nicht. Es kann doch nichts anderes gewesen sein als ein Zufall, nicht wahr? Es ist nur … merkwürdig.“
„Die ganze Angelegenheit ist äußerst beunruhigend. Wir haben es möglicherweise mit mehr als einem Mord zu tun.“ Charles’ Gelassenheit hatte eine beruhigende Wirkung auf Catherine gehabt, bis er diesen Satz aussprach. Sie richtete sich auf seinem Schoß auf und blickte ihn fragend an.
„Mehr als einen … Du meinst …? Nimmst du etwa an, dass Jills und Jesses Mutter ebenfalls ermordet worden ist, ehe sie …? Um Himmels willen! Das ist grauenhaft! Es bedeutet, dass jemand …“ Mitten im Satz verstummte sie, denn sie wollte ihre schrecklichen Befürchtungen nicht aussprechen.
„Es ist in der Tat entsetzlich. Irgendjemand aus der Nachbarschaft ist womöglich von grässlichen Wahnvorstellungen besessen, verstümmelt Frauen und ermordet sie, um sie dann zu verbrennen. Dr. Dalton ist der Meinung, dass Mrs Ribble außerdem Gewalt angetan wurde, aber bei den vielen Verletzungen kann man nicht ganz sicher sein. Die Spuren wiesen darauf hin, dass sie mit einem Seil gefesselt war.“
„O nein! Welche Qualen sie ausgehalten hat. Wer könnte denn dazu fähig sein?“ Catherine presste das Gesicht an Charles’ Schulter und klammerte sich an seinen Kragen. „Wer würde etwas so Grauenhaftes tun?“
Charles strich ihr übers Haar. „Darüber und ebenso über den Grund zerbreche ich mir seit Stunden den Kopf. Die Antwort auf diese Frage gibt uns vielleicht einen Hinweis auf den Mörder – falls überhaupt jemand von uns sich solche krankhaften Motive vorstellen kann. Ich habe Boten ausgeschickt, um die Grundbesitzer aus der Nachbarschaft für morgen zu einer Besprechung einzuladen. Vielleicht hat einer von ihnen eine Idee oder kann uns Hinweise geben.
„Aber jetzt“, er ließ sie vorsichtig von seinem Schoß gleiten und erhob sich, „sollten wir zu Bett gehen, ehe du völlig erfrierst.“ Er ging durchs Zimmer, blieb unvermittelt noch einmal stehen und wandte sich zu Catherine um. „Noch etwas Wichtiges, Catherine.“
„Ja?“
„Geh nicht allein aus dem Haus.“
Der Teufel sollte sie holen. Sie wussten Bescheid. Jetzt würden sie Jagd auf ihn machen, ihn zur Strecke bringen wie ein wildes Tier. Ein Knurren drang aus seiner Kehle, und er trat brutal nach dem Hund, der seine Füße umschlich. Aber wenigstens verstanden sie jetzt, was vor sich ging.
Eine Gottesgeißel, ein Todesengel wandelte unter ihnen. Führte sie zur Erlösung, reinigte sie mit Feuer und Schwert, verbreitete Angst und Schrecken.
Ah, die Angst. Ihre Augen vor Entsetzten aufgerissen, ihr Körper zitternd und sich windend. Jetzt hatten sie alle Angst, und sie würde wachsen und sie lähmen – er konnte es schon spüren und würde sich daran weiden. Mit der Zunge fuhr er sich über die Lippen, mit den Händen streichelte er sich voller Gier.
Bald ist es so weit. Dann kommt sie an die Reihe. Wie sie vor Entsetzen vor mir zurückweichen wird. Vor mir! Von Angst gepackt zu meinen Füßen kauernd, um Gnade winselnd. Bald. Bald.
11. KAPITEL
C harles verbrachte den Morgen inmitten der Überreste von Ribbles Cottage. Der Boden war am vergangenen Nachmittag so zertrampelt worden, dass keine Spuren mehr zu finden waren. Allerdings fand er Pferdeäpfel im Kuhstall. Charles wusste genau, dass sein Pächter kein Pferd besaß. Deshalb vermutete er, dass der Mörder beritten gewesen war und sorgfältig
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