Historical Exklusiv Band 36
einsetzen. Sie könnte ihnen Schreiben und Lesen beibringen, die Mädchen Handarbeiten lehren, während er die Knaben in der Kunst des Rittertums und im Gebrauch der Waffen unterwies.
Am nächsten Tag sollte sie mit den anderen Frauen ihre Kleidung und Aussteuer ordnen, und er begleitete den Earl auf die Jagd. So konnten sie sich vor den Hochzeitsfeierlichkeiten am darauffolgenden Tag nur bei den Mahlzeiten sehen.
Seine zukünftige Frau konnte nicht schon vor der Hochzeit, wie es der allgemeine Brauch war, einige Zeit unter seinem Dach leben und sich mit den Aufgaben in seinem Haushalt vertraut machen. Das war auch seine Absicht gewesen. Er hatte guten Grund, dies zu vermeiden, und hatte Gilbert Heskith überredet, einer sofortigen Vereinigung zuzustimmen.
Sonntag. Er sah dieser Heirat mit einem guten Maß an Hoffnung und Erwartung entgegen. Zeigte sie sich als Frau, der man vertrauen konnte, dann gab es keinen Grund, warum sie nicht in Freundschaft und gutem Einvernehmen miteinander leben könnten. Er bot ihr den gefüllten Becher und sah zufrieden zu, während sie trank.
4. KAPITEL
G enevra trug ein wundervolles, kostbares, reich besticktes Gewand, ihre langen braunen Haare hingen offen über ihren Rücken, und wie es einer jungfräulichen Braut geziemte, schmückte ein glatter goldener Reif ihre Stirn. Ihr Onkel und ihre Tante geleiteten sie zur Kapelle, ihre Dienerin Meg folgte dem Zug.
Unter ihren Kleidern trug sie ein Hemd aus feinem Batist. Ein leinener Kittel verstärkte den weichen Seidensarsenet ihres pfirsichfarbenen Rockes. Darüber trug sie einen ärmellosen Überwurf aus schwerem dunkelgrünem, golddurchwirktem Seidenstoff, der am Ausschnitt und um die Ärmel mit Goldfäden verziert war.
Cotte und Überwurf endeten in einer langen Schleppe, die sie aufraffte und über den Arm legte, als sie über die holprigen Steine des Innenhofes zur Kapelle schritt, die sich gegenüber dem Festsaal befand. Ihre ganze Aufmerksamkeit wurde davon in Anspruch genommen, denn sie wollte um keinen Preis ihre neuen Ziegenlederschuhe oder die Kleidung beschmutzen. Allein die Goldstickerei ihrer Schleppe musste ein Vermögen gekostet haben.
Erst als sie über die Schwelle schritt, sah sie St. Aubin, der im Dunkel der Kapelle wartete. Das dunkle Rotbraun seines reich verzierten Brokatwamses, das seine breiten Schultern und die schmale Taille eng umspannte, passte wundervoll zur Farbe seines Teints und seiner Haare. Er gehörte zu jenen hellhäutigen Männern, deren Gesichtsfarbe weder durch Wetter noch durch Sonne gerötet wurde, sondern eine goldbraune Färbung behielt.
Seine Hüften umschlang ein juwelenbesetzter Gürtel, eine silbergraue Seidenhose betonte seine maskulinen Schenkel. Seine Füße steckten in Schnabelschuhen aus feinstem Leder, die mit Juwelen verziert waren und in langen, aufgebogenen Spitzen endeten. Auf dem Kopf trug er ein Barett aus gefälteltem Samt, mit kostbaren Steinen und Federn geschmückt. Die goldenen Knöpfe seines Wamses und die Edelsteine blitzten auf, als er vortrat, um sie zu grüßen.
Bei seinem Anblick begann Genevras Herz, aufgeregt zu schlagen, und sie wagte kaum, den Blick zu ihm zu heben. Seine Kleidung zeigte seinen ungeheuren Reichtum. Kaum konnte sie glauben, dass sie diesem Mann, der sich nun tief verbeugte, bald unwiderruflich in ehelicher Gemeinschaft angehören sollte.
Sein Ausdruck war ruhig und leidenschaftslos, als kenne er keine Aufregung. Wie immer waren seine Züge ernst, der Blick seiner schmalen Augen wirkte entschlossen und schien keinen Widerspruch zu dulden. Nicht einmal ihre prachtvolle Kleidung schien ihn zu beeindrucken.
Sein Knappe stand zu seiner Aufwartung hinter ihm, an seiner Seite war der Earl of Northempston, der Zeuge und Begründer dieser Verbindung. An der Kapellentür wartete der kleine, fidele, korpulente Priester von Northempston, dem sie früher am Tage ihre kleinen Sünden in der Beichte anvertraut hatte.
All die anderen Leute – Gäste, die noch anwesend waren, Wachoffiziere, Dienerschaft, Leibwächter und Küchenmägde – hatten sich im Burghof versammelt. Der Priester, dem man an seiner roten Gesichtsfarbe anmerken konnte, dass er schon einige Becher Wein getrunken hatte, blickte auf die versammelten Gäste, räusperte sich und begann mit der Hochzeitszeremonie.
Nach einigen einleitenden Worten wandte er sich an St. Aubin.
„Ist es dein fester Wille, dieses Mädchen zu deinem angetrauten Weibe zu nehmen?“
Genevra stockte der
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