Historical Exklusiv Band 36
leichter zu ertragen als seine gleichgültige Höflichkeit.
„Nein, Mylord“, sagte sie aufrichtig. „Wie ich schon sagte, halte ich die Wahl, die andere für mich trafen, für mein Glück.“
Ein kurzes Nicken, St. Aubin ließ ihre Zügel los und gab seinem Pferd die Sporen. Genevra sagte nichts, bemühte sich jedoch, Chloe an seiner Seite zu halten.
Bald erreichten sie das Weideland, wo Schweine, Schafe und Rinder, die nicht zur Arbeit auf den Feldern benötigt wurden, grasten. Kleine Lämmer spielten neben den Mutterschafen, und die Hunde, die auf die Namen Cain und Abel hörten, mussten zur Ordnung gerufen werden.
Sobald sie die Felder und Äcker, die die Burg umgaben, hinter sich gelassen und das offene Land erreicht hatten, ritten sie schneller voran. Auf ein Wort von St. Aubin fiel die Gruppe in leichten Galopp, und die Hunde sprangen vergnügt nebenher. Genevras Chamarre bauschte sich im Wind, und die Kapuze fiel von ihrem Kopf. Sie zog den Zopf unter dem Cape hervor und ließ den frischen Wind über ihre Haare streichen.
Auch St. Aubins kurzer Mantel flog auf und ab, und die Federn seines Hutes tanzten im Wind. Doch seine Züge blieben unbewegt. Er schien sich weniger über diesen Ritt zu freuen, als seine schwelende Unmut damit abzureagieren.
Im Gegensatz zu ihm genoss Genevra diesen Ritt. Seit Jahren schon war es ihr nicht vergönnt gewesen, solch ein gutes Pferd wie Chloe zu reiten. Sie saß auf der kleinen Stute bequem wie in einem Lehnstuhl, so sanft und ruhig war ihr Tritt. Als St. Aubin der Eskorte zurief, Platz zu machen, und sein Tier zu einem raschen Galopp über das kahle Land, auf dem nur einige Büsche und Sträucher wuchsen, anspornte, zögerte Genevra nicht, ihm zu folgen.
Chloe streckte ihren Hals vor, beschleunigte den Galopp und schien schon bald St. Aubins Prince zu überholen. Sie war zu allem bereit, und Genevra ließ ihr freien Lauf. Aber Prince war wahrhaft ein Prinz unter den Pferden; schon bald fiel der kleine Zelter zurück, und auch die Begleitung konnte nicht mehr Schritt halten. Einige Male blickte St. Aubin über seine Schulter nach ihr, verlangsamte aber nicht sein Tempo.
Schließlich zügelte St. Aubin seinen Hengst und fiel in einen leichten Schritt, um sein Pferd abzukühlen und Genevra Zeit zu geben, ihn einzuholen. Dampf stieg aus den Mähnen und von den Flanken der Tiere und verbreitete einen strengen Geruch. Genevra sog diesen lang entbehrten Duft ein, der sie den Zwist vergessen ließ. Ein breites Lächeln erschien in ihrem strahlenden Gesicht.
„Seit meiner Kindheit in Bloxley habe ich keinen Ritt so genossen wie heute“, sagte sie fröhlich, ohne auf St. Aubins Laune zu achten. „Die Pferde im Kloster waren lahme Kreaturen.“
Wenigstens war inzwischen der blanke Groll aus St. Aubins Zügen gewichen. Genevra vermutete, dass er nur selten lächelte. „Chloe gefällt Euch also?“, fragte er.
„O ja!“ Genevra streichelte den dampfenden Nacken ihres Pferdes. Nun hatte auch die Eskorte aufgeholt und fiel in langsamen Schritt. „Sie ist das beste Pferd, das ich je reiten durfte!“
St. Aubin neigte sich aus seinem reich geschmückten Sattel zu einer kurzen Verbeugung. „Dann werde ich sie für Euch erwerben, und Seine Lordschaft muss sich von ihr trennen. Mein Geschenk zur Verlobung, meine Braut.“
„Oh!“ Genevra stockte der Atem vor Freude, und leichte Röte färbte ihre Wangen. „Ich danke Euch, Mylord. Kein anderes Geschenk könnte mir so große Freude bereiten!“
„Nicht einmal Juwelen?“
Genevra entdeckte ein schwaches Lächeln in seinen Mundwinkeln, und fröhliches Lachen erklang aus ihrem Mund. „Nicht die kostbarsten Juwelen in der ganzen Welt, Mylord!“
Ein zögerndes Lächeln umspielte seine Lippen. Die blauen Augen blickten sie zärtlich an. „Es freut mich, dass Ihr eine gute Reiterin seid. Ich habe eine Schwäche für gute Pferde. Vielleicht wollt Ihr mit mir Eure Ländereien in Merlinscrag zu Pferde entdecken.“
„Gerne, Mylord. Soweit ich mich erinnere, ist das Land groß, und die Einkünfte sind von einigem Wert.“
„So berichtete Seine Lordschaft.“
Also hatte St. Aubin ihres Landbesitzes wegen in die Verbindung eingewilligt. Ihre freudige Erregung schwand. Welch anderen Grund für eine Heirat hatte ein Mann wie St. Aubin, wenn es nicht darum ging, seinen Reichtum zu vergrößern?
Sie dachte an ihr vorangegangenes Gespräch und bemerkte: „Landbau im West Country ist anders als hier. Die Bauern bleiben auf
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