Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Historical Exklusiv Band 36

Historical Exklusiv Band 36

Titel: Historical Exklusiv Band 36 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westleigh
Vom Netzwerk:
gebären.“
    Genevra lächelte traurig, als sie an diese Gefahren dachte, die ihr noch bevorstanden. „Die meisten Frauen, ja. Und doch wagen sie alles, um ein Kind zu bekommen. Wie sollte sonst die Menschheit überleben?“
    Am Tag zuvor hatte Genevra zu ihrem großen Kummer feststellen müssen, dass die erste Nacht mit ihrem Gatten keine Frucht getragen hatte. Sie hatte St. Aubin noch nichts davon gesagt, sie war zu schüchtern, um das Gespräch darauf zu bringen, vor allem, da sie so wenig Zeit gemeinsam hatten.
    Sobald sie Merlinscrag erreicht hatten, musste sie ihn in Kenntnis setzen. Sonst käme er zu ihr, nur um zu entdecken, dass sie nicht in der Lage war, ihn zu empfangen. Da ihre Hochzeitsnacht noch kein Ergebnis gebracht hatte, hoffte sie, er würde bald wieder mit ihr schlafen.
    Je näher sie Merlinscrag kamen, um so sturmumbrauster wurde die Landschaft. Die Bäume hatten dem Wind nachgegeben, ihre Äste waren gebeugt, und die Kronen schienen wie mit einer riesigen Schere abgeschnitten. Ein seltsam vertrauter Anblick, der Erinnerungen an ihre Mutter hervorrief. Diese hatte ihr erzählt, dass der Wind, der vom Meer kam, den Bäumen die Form gab.
    Derselbe Wind, der sich jetzt in ihrem Umhang fing, der ihre Finger und Zehen frieren ließ. Sie freute sich schon auf die Ankunft. Man hatte Boten vorausgeschickt, und der Burgvogt hatte sicher schon alles bereitet, um seinen neuen Herrn und seine Herrin zu empfangen: ein warmes Feuer, Licht und ein reiches Mahl …
    Sie hoffte, ihre Zeit nun öfter gemeinsam mit ihrem Gatten zu verbringen. So würden sie sich aneinander gewöhnen wie jedes glücklich verheiratete Paar.
    Ihre Erinnerungen an Merlinscrag waren nur schwach, bruchstückhaft. Die Wehrmauer zur Landseite hin, mit dem Vorwerk, dem Graben und dem Torhaus, war nun schon deutlich zu sehen. Sie befand sich so weit unterhalb der Burg, dass man einen guten Blick darauf werfen konnte, wenn man sich ihr von Osten näherte.
    Der mit Zinnen gekrönte Turm sah für sie aus wie jeder andere. Die wuchtigen Gebäude zu seinen Füßen, die vom langen hohen Dach des Palas beherrscht wurden, mit einem Taubenschlag an jedem Ende und einem Schornstein in der Mitte, durch den der Rauch des Kamins abziehen konnte, hatten früher keinen Eindruck in ihrem Gedächtnis hinterlassen. Nur das dunkle Grau der dicken Granitmauern hatte so manchen kindlichen Traum verdüstert. Jetzt waren die Mauern, der Turm und der Palas weiß gekalkt.
    Als sie sich nun, kurz nach Mittag, der Burg näherten, tauchte die Sonne die weißen Mauern in gleißendes Licht und verbannte alle düsteren Gedanken. Das Meer lag im Norden, und der Schatten des Turmes wies wie ein ausgestreckter Finger zur steil abfallenden Klippe. Ein wenig weiter südlich öffnete sich die Felsenküste zu einer Bucht nach Westen.
    Merlinscrag war nicht unmittelbar am Felsabhang erbaut worden, sondern einige Hundert Fuß davon entfernt auf einer Erhebung. Der Standort war klug gewählt; auf der einen Seite konnte man feindliche Schiffe abwehren, die den Severnfluss nach Bristol hinauffahren wollten, und ebenso jeden Versuch vereiteln, die Burg von der Bucht aus erobern zu wollen.
    Trompetenstöße drangen laut über die Wiesen und Felder. Dazwischen lagen verstreut einige Hütten, jeder Pächter hatte sein eigenes kleines Stück Grund und Boden. Überall sah man unzählige Schafe. Manche Felder waren bereits bestellt, und hinter jeder Hütte waren eine Koppel für das Vieh und ein Hof, in dem Schweine quiekten, Gänse im Misthaufen scharrten und Hühner ihre Körner pickten.
    Nicht weit davon entfernt bahnte sich ein Bach durch eine tiefe Spalte in den Klippen seinen Weg ins Meer. An seinem Ufer stand eine Mühle mit einem riesigen Mühlrad.
    Ein Friedhof und mittendrin eine kleine Kirche, die man nur an der Pforte und dem Kreuz auf dem Giebel erkannte, befanden sich außerhalb der Wehrmauern.
    Zwischen der Mühle und der Kirche lag das Dorf, einige strohgedeckte Häuser, in denen der Priester, der Müller, der Fuhrmann, der Wagner, die Händler und der Amtmann lebten.
    „Sie haben uns gesehen“, bemerkte St. Aubin, der sein Pferd gezügelt und am Wegesrand auf sie gewartet hatte.
    Er trug ein gepolstertes Wams unter einem rostbraunen Samtumhang, der mit Biberfell gefüttert war, aber keinen Harnisch und keine Rüstung. So weit im Westen des Landes mussten sie nicht mehr befürchten, von herumziehenden Räuberbanden oder anderem Gesindel überfallen zu werden. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher