Historical Exklusiv Band 36
jedoch sein Schwert umgeschnallt, und auch das Wams bot einigen Schutz im Falle eines Angriffs. Die Federn auf seinem Barett waren braunrot und grün, in den Farben seines Wappens, und passten zu dem Federbusch, der auf dem Kopf seines Pferdes wippte.
Genevra hatte ihr neues Reitkostüm angelegt, ein Geschenk von Northempston, das aus hellblauem Scharlach geschnitten war und einen Überrock aus dunkelgrauem Samt hatte. Soweit hatte ihre Kleidung die Reise gut überstanden, nur der Rock war staubig und verströmte einen intensiven Pferdegeruch. Um die Schultern hatte sie den pelzgefütterten Mantel ihrer Tante gelegt, und unter den Röcken ihrer Reitkleidung trug sie ihre alten ledernen Beinkleider.
Die Kolonne, die St. Aubins Gefolge bildete, war lang. Soldaten, Diener in Livree, Stallknechte, die Pferde am Zügel führten, der Hufschmied, der Falkner, der Waffenmeister. Gefolgt von einem langen Zug Packtiere, der hauptsächlich aus Maultieren bestand, die das Hab und Gut trugen und von Männern mit langen Stöcken und Peitschen getrieben wurden, sowie zwei Knappen und zwei Pagen auf kleinen Ponys. St. Aubin ritt an der Spitze, Genevra zur Sicherheit zwischen den beiden Abteilungen der Eskorte.
Ihr Trompeter antwortete auf das Trompetensignal von der Burg mit einer Fanfare, die vom Wind über das ganze Land getragen wurde. Sie nickte. „Ihr habt einen Boten gesandt. Sie erwarten uns.“
„Reitet Ihr an meiner Seite? Es ist Eure Burg, und es sind Eure Leute.“
Genevra scherte aus der Kolonne aus und spornte ihr Pferd zu einer schnelleren Gangart an. Chloe trug nun gleichfalls ein Zaumzeug in den Farben ihres Gatten. „Alles, was mein ist, ist nun Euer, Mylord. Es ist eine Ehre, an Eurer Seite nach Merlinscrag einzureiten.“
Sie reihten sich gleich hinter dem Herold in den Zug ein. Alan war an der Seite seines Herrn, an seiner Lanze wehte das Banner von St. Aubin. Auch die Bewaffneten hatten ihre Lanzen aufgerichtet. Von den Spitzen flatterten die Wimpel im Wind. Der Anblick der Goldenen Adler auf rot-grünem Grund war beeindruckend.
Genevra streckte ihren müden Rücken, dankbar, dass sie den morgigen Tag nicht mehr auf dem Pferd verbringen musste. Chloe hatte sie brav getragen, trotz ihres zarten, aristokratischen Aussehens war sie ein ausdauerndes Tier. Man hatte öfter Pausen eingelegt, hatte Jagden veranstaltet, am Wegesrand gelagert und gegessen und vor Sonnenuntergang eine Unterkunft für die Nacht gesucht. St. Aubin wusste, wie man die Kräfte von Mensch und Tier schonte.
Von Neuem tönten die Trompeten, Rufe wurden gewechselt. Seite an Seite ritten sie durch das Vorwerk, polterten über die Klapperbrücke aus Granitsteinen, die den Graben überspannte, und unter dem Fallgatter hindurch.
Eine Gruppe von Männern, vermutlich die Ministerialen und Burgmannen, warteten mit etwa fünfzehn gut ausgerüsteten Bewaffneten am Burgtor, um sie gebührend zu empfangen und zu den Gebäuden hinaufzugeleiten. Genevra erinnerte sich, dass die meisten dieser Gebäude um einen viereckigen Burghof gruppiert waren, dessen eine Seite gänzlich vom Palas eingenommen wurde.
Die Soldaten standen aufrecht, die übrigen Männer beugten vor ihnen mit ausdruckslosen Gesichtern das Knie.
„Willkommen in Merlinscrag, Mylord“, begrüßte sie ein Mann, etwa im gleichen Alter wie St. Aubin, bekleidet mit einem langen braunen Mantel und einer flachen Mütze, die seine dunkelbraunen Haare bedeckte. „Es ist uns eine Ehre, Mylady, Euch in diesem Hause willkommen zu heißen. Ich hoffe, Ihr findet alles zu Eurer Zufriedenheit vor.“
Er war groß gewachsen, hatte braune, gütig blickende Augen in einem sonst nichtssagenden Gesicht. Trotzdem entdeckte Genevra darin etwas Vertrautes. „Ihr müsst Martin sein“, rief sie freudig aus. „Ich erinnere mich, wie Ihr mich als Kind auf dem Arm herumgetragen habt. Ihr wart noch ein Knappe, der Sohn eines Ritters. Lord Heskith erzählte mir, dass Ihr es vorgezogen habt, hier als Verwalter zu bleiben, anstatt in der Fremde Abenteuer zu suchen.“
Ein Lächeln huschte über Martins Züge. „Ja, Mylady, ich erinnere mich wohl an Euch. Ich war sehr dankbar für die Gelegenheit, hier zu bleiben und Eure Anliegen zu vertreten. Ich hatte Eure Mutter, Mistress Margaret, hochgeehrt und mein Bestes getan, um den Haushalt so zu führen, wie sie es gewünscht hätte.“
Er erhob sich auf ein Zeichen St. Aubins, wie auch die anderen. „Mylord, Mylady, gestattet mir, Euch Geoffrey, den Amtmann,
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