Historical Exklusiv Band 36
vorzustellen, der mir in den vergangenen fünf Jahren beistand, Euer Land zu verwalten?“
Der kräftige, rotbackige Mann, der in einen Überrock aus Barchent, eine wollene Hose und schwere Lederstiefel gekleidet war und sein stoppeliges, gekräuseltes Haar, das eine rötlich gelbe Farbe hatte, unter der Kapuze seines zipfeligen Überrocks versteckte, beugte den Kopf.
Dann wurde der Priester vorgestellt, eine ernst blickende, düstere Gestalt in einer langen Kutte, Father John. Martin sagte, er sei eher ein Mann Gottes als ein Mann der Kirche, zusätzlich verstand er sich auf die Kunst des Heilens. Merlinscrag konnte sich glücklich nennen, ihn in seinen Diensten zu haben.
Zum Schluss wurden die Soldaten vorgestellt.
„Captain Piero Nori“, sagte Martin. „Er und seine Söldnertruppe haben die Aufgabe, Merlinscrag zu verteidigen.“
Nori salutierte und sagte mit einem starken Akzent: „Zu Euren Diensten, signore.“ Er war klein und dunkelhaarig und trug einen kunstvollen, federgeschmückten Helm und ein großes Schwert mit kostbarem Griff, um die Bedeutung seiner Stellung hervorzuheben.
„Woher stammt Ihr, Captain?“, wollte St. Aubin wissen.
„Aus dem Staate Florenz, in Italien, signore.“
„Und die Männer, sie alle gehören zu Euch?“
„Sì, signore.“ Stolz schwang in seiner Stimme mit. „Sie sind meine Kompanie, und sie kommen aus allen Teilen der Welt. Tapfere Männer, signore.“
St. Aubin nickte. „Sie sehen gut diszipliniert aus. Gibt es genügend Platz in Euren Quartieren, um die Männer meines Gefolges mit den Euren unterzubringen?“
„Ebenso für Eure Pferde in den Ställen, signore. Il castello, es wurde gebaut, um viele Verteidiger in seinen Mauern unterzubringen.“
Wiederum nickte St. Aubin zustimmend. „Nun gut. Lasst uns gehen.“
Angeführt von Captain Nori und seinen Söldnern und begleitet von den Ministerialen zu Fuß, ritten Genevra und ihr Gemahl den Hügel hinauf zu den Gebäuden, die sich rund um den Bergfried befanden. Die schweren Holztore, die den inneren Burghof abschlossen, standen nun weit offen.
Eine kunterbunte Menge von Leuten hatte sich hier versammelt, die meisten von ihnen einfach, aber ordentlich gekleidet. Niemand war in Lumpen gehüllt. Genevra beobachtete sie verstohlen, als sie vom Pferd stieg. Selbst im Kloster und auch in Ardingstone hatte sie Knechte und Mägde gesehen, die Lumpen trugen, und doch glaubte sie nicht, dieser sichtbare Wohlstand der Dienerschaft wäre das gute Werk ihres Onkels. Martin musste es auf andere Art und Weise zustande gebracht haben.
„Es würde zu viel Zeit erfordern, Euch jeden Einzelnen vorzustellen, Mylord und Mylady“, sagte er, „doch es ist mir eine Ehre, Euch mit meiner Frau bekannt zu machen, Annys. Sie ist die Tochter eines Kaufmannes in Barnstaple.“
Die junge Frau, vielleicht ein oder zwei Jahre älter als Genevra, hielt ein Kind in den Armen, und ein Zweites hing an ihrem Rockzipfel. Und dass sie erneut ein Kind erwartete, sah man ihr an.
Genevra, die von einer Welle rührseligen Verlangens übermannt wurde, ergriff das Wort. „Wir freuen uns, Euch kennenzulernen, Mistress Annys. Was für hübsche Kinder Ihr habt. Wie heißen sie?“
Annys errötete verlegen und versuchte einen ungeschickten Knicks. Sie hatte ein frisches, offenes Gesicht, und ihr Haar war ordentlich unter einer sauberen weißen Haube verborgen. Martin hatte sie voll Stolz vorgestellt.
Annys legte die Hand auf das Haupt des Knaben, der an ihrem Rock hing. Es war ein Kind von etwa vier oder fünf Jahren, stämmig und den Kopf voller Locken. „Das ist Harry, Mylady, er hat den Namen von meinem Vater. Und dieses hier“, sie wies auf das hellhaarigere der beiden Kinder, das jetzt den Daumen in den Mund gesteckt hatte und sein Gesicht unter ihrer Schürze verbarg, „das ist Catherine, so benannt nach der Heiligen, an deren Tag sie vor zwei Jahren auf die Welt kam.“
Noch viele andere Kinder befanden sich auf dem Hof, die meisten hatten sich beim Brunnen zusammengedrängt, doch Genevra hatte keine Zeit, sich ihrer anzunehmen, da St. Aubin sich nun zu Martin wandte. „Meine Gemahlin ist müde von der Reise. Captain Nori soll sich um meine Männer kümmern und sehen, dass die Pferde versorgt werden. Zeigt Ihr uns unsere Gemächer?“
Bevor Martin antworten konnte, begann Genevra eifrig zu sprechen. „Die Kemenate befindet sich über der Kleiderkammer, hinter der Großen Halle, Mylord. Und die Küche ist dort drüben, wenn ich
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