Historical Exklusiv Band 36
gebildet hatten. Das Stampfen der Hufe, das Klirren des Zaumzeugs, ein gelegentliches befehlendes Wort, Gewieher, das schnell unterdrückt wurde, all das verstärkte die Spannung. Genevra schloss ihre Augen und betete. Sie hörte die Herausforderung Roberts, die von Drogo mit einem höhnischen Lachen beantwortet wurde. Dann, beim ersten Klirren der Schwerter, zwang sie sich, die Augen zu öffnen.
Meg stand an ihrer Seite. Sie spürte den Arm, der sich stützend um sie gelegt hatte, und lehnte sich dankbar an ihre Gefährtin.
„Robert ist erschöpft“, flüsterte sie.
„Sein Bruder ist ungeübt.“
„Er ist stark.“ Genevra dachte an die Muskeln, die sich unter Drogos Schlaffheit versteckten, die Kraft eines Kämpfers, die sie in seinen Händen, mit denen er sie gepackt hatte, so überrascht hatte.
Eine Weile sah es aus, als verhöhnte Drogo seinen Bruder weiter, denn er tanzte um ihn herum, täuschte einen Angriff vor und fiel dann plötzlich wirklich aus, nur um gegen Roberts Klinge zu prallen. Denn Robert hatte den längeren Arm und ein längeres, schweres Schwert, das wohlerprobt im Kampfe war, wie Genevra erkennen konnte, nicht eines, das nur zur Schau getragen wurde und zur Selbstverteidigung, sondern ein Schwert aus feinem Damaszenerstahl.
Drogos Schwert blitzte auf, wenn er es schwang, und diese Blitze konnten seinen Gegner leicht blenden. Langsam, unaufhaltsam drängte Robert Drogo in den Schatten der Burgmauern. Er hatte die Gefahr erkannt.
Genevra entspannte sich, denn sie erkannte, dass Drogo zwar in den Ritterkünsten geübt war, sie allerdings im Gegensatz zu seinem blitzenden Schwert hatte rosten lassen.
Dann wich Robert vor einer plötzlichen, scharfen Attacke seines Gegners weiter in den Schatten zurück. Genevra stockte der Atem, und sie kreuzte die Hände über ihrer Brust, wie um sich selbst zu beschützen vor dem, was sie erblickte.
Alan stand hinter ihrem Rücken. „Habt keine Angst“, hörte sie seine ruhige Stimme in ihrem Ohr. „Mein Herr lässt nur zu, dass Sir Drogo sich verausgabt. Seht nur, er ist schon atemlos. Lord Robert hat keine Mühe, sich zu verteidigen. Wenn er bereit ist, greift er an und gewinnt. Das ist seine Art zu kämpfen.“
Es schien, als hätte er recht. Robert, ruhig und ohne Hast, bot eine undurchdringliche Verteidigung, während Drogos Angriffe immer verzweifelter wurden. Das Lächeln war aus seinem Gesicht gewichen, sein prahlerisches Benehmen verschwunden. Seine Lippen waren geöffnet, und grimmig zeigte er seine Zähne. Der Stachel der Bosheit, der ihn dazu getrieben hatte, diesen Kampf zu suchen, war ihm jetzt deutlich anzusehen, da ihm klar geworden war, dass er nicht gewinnen konnte.
Doch noch war er nicht bereit, die Niederlage hinzunehmen.
„Ihr werdet mich niemals töten“, höhnte er seinen Bruder.
„Nein?“, entgegnete Robert kalt. „Denkt Ihr, ich werde Euch noch einmal verschonen?“
Sein Ärger hatte sich in kalte, berechnende Überlegung verwandelt. Der Schweiß rann in Strömen über sein Gesicht, seit er in wildem Sturm sich der Festung genähert hatte. Sein Atem indes ging gleichmäßig, sein Arm schien nicht zu ermüden.
„Muss Drogo sterben?“, fragte Genevra. Sie konnte nicht glauben, dass Robert seinen eigenen Bruder töten könnte.
Alan bestärkte diesen Glauben. „Nein, Mylady. Das könnte der Lady, der beiden Mutter, zu großen Schmerz bereiten. Sir Drogo weiß das. Deswegen konnte er es auch wagen, Lord Robert herauszufordern. Ohne Zweifel glaubte er auch, ihn besiegen zu können, da mein Herr so sichtbar erschöpft wirkte.“
„Er muss wahnsinnig sein“, flüsterte Genevra. „Hätte er Robert getötet, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte?“
„O ja“, sprach Alan voll tiefer Verachtung. „Er kennt keine Skrupel.“
Während dieser Worte ging der Kampf zu Ende. Niemand, am wenigsten Drogo, sah den letzten Stoß kommen. Drogo schrie auf, und das Schwert entfiel seiner kraftlosen Hand. Blut spritzte aus einer tiefen Wunde am Oberarm und färbte seinen Ärmel rot.
Robert stützte sich auf sein Schwert, die Spitze im Boden zu seinen Füßen. Er atmete schwer, der mörderische Ausdruck seiner Augen jedoch war gewichen, hatte einer müden Genugtuung Platz gemacht.
„Ihr seid eine Schande für die gesamte Ritterschaft, Drogo. Ihr habt den Tod verdient“, sagte er ermattet. Drogo stand vor ihm, hielt seinen Arm fest, um die Blutung zu stillen, doch das Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor und
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