Historical Exklusiv Band 36
Verletzungen nichts mehr zu spüren schien, riss sein Pferd herum und schlug das Zaumzeug aus den Händen der Wache. Dann gab er seinem Pferd die Sporen, dass es blutete, und das ermattete Tier – Drogos Diener, der die Aufgabe gehabt hatte, seine Person vorzutäuschen, war scharf geritten – sprang vorwärts.
Robert St. Aubin, der in wildem Aufruhr herangesprengt kam, hatte die Lage schnell erfasst. Wie ein Fels versperrte er seinem Bruder den Weg. Sein Pferd war schaumbedeckt vor Schweiß. Seine Leute bildeten hinter ihm eine undurchdringliche Phalanx.
Drogos Eskorte, die von Bogenschützen bewacht wurde, stand mit ihren Pferden am Rand des Weges und wartete unruhig auf ihren Herrn. Das einzige Geräusch, das in der plötzlich eingetretenen Stille zu hören war, war das Trommeln von Hufen, da Drogo sich in vollem Galopp seinem Bruder näherte.
Genevra war noch immer einige Hundert Fuß entfernt, als sich die beiden gegenüberstanden. Drogo brachte sein Pferd zum Stillstand. Mühelos hielt er sich im Sattel, als sein Pferd sich im Protest aufbäumte.
Dann begann Drogo zu lachen. Es klang nicht freundlich, nicht einmal aus der Ferne. Genevra lief schneller, achtete nicht auf die Stiche in ihrer Seite, ihr Blick war starr auf ihren Ehemann gerichtet. Sie bewunderte Drogos verwegenen Mut, den er Roberts wildem, entschlossenem Ausdruck entgegenbrachte.
„Was macht Ihr hier, Sir?“, fragte Robert mit angestrengter Zurückhaltung.
Drogo zog seinen Hut und machte eine spöttische Verbeugung. „Was sonst, Mylord, als Eure liebreizende Gemahlin zu unterhalten? Es ist leicht, einem Mann Hörner aufzusetzen, der die Gewohnheit hat, seine Frauen allein zu lassen.“
Genevra war noch immer ein gutes Stück Weg entfernt, Drogos Worte indes durchdrangen die Entfernung wie Pfeile. Keuchend blieb sie stehen und schrie „Nein!“, doch kaum ein Ton drang aus ihrer Brust.
Drogo wollte seinen Bruder verhöhnen, das war offensichtlich. Er wirkte völlig ruhig, nur ein höhnisches Lächeln verzog seine weibischen Lippen. „Ich dachte, ich könnte vor Eurer Rückkehr die Burg verlassen, Bruder“, fuhr er fort, da Robert diesen Unverschämtheiten gegenüber sprachlos schien. „Habt Ihr unsere Mutter bei guter Gesundheit angetroffen?“
Robert atmete tief durch. Er warf einen kurzen Blick in Genevras Richtung, doch in seinen eiskalten blauen Augen leuchtete kein Erkennen auf. Während der Reise hatte er seinen Bart wachsen lassen. Ebenso wie seine Augenbrauen ist er heller als seine Haare, dachte sie plötzlich ohne jeden Zusammenhang. Der Bart hatte St. Aubins Aussehen verändert. Er war als Fremder zurückgekommen.
Er ergriff das Wort. „Das wisst Ihr nur zu gut, Drogo, da die falsche Nachricht, die mich an ihre Seite rief, aus Eurer Feder stammte. Ich habe Euch hier erwartet.“
„Und Alida?“, fragte Drogo leichthin. „Sie wird nie wieder sein, wie sie war, aber ich hoffe, es geht ihr gut bis auf den Verlust des Augenlichtes?“
„Ihr habt ihre Blindheit ausgenutzt“, beschuldigte Robert ihn grimmig. „Sie wusste nicht, was sie unterzeichnete. Noch ein Betrug, den ich niemals vergeben kann, Bruder. “
Keiner der beiden Männer trug einen Harnisch, und Drogos Degenscheide war leer. Roberts Schwert klirrte laut, als er es zog. Sein mörderischer Blick heftete sich auf Drogo. „Gebt ihm sein Schwert“, befahl er Alan, der angstvoll in der Nähe gewartet hatte, um das Schwert seinem Eigentümer zurückzugeben, sobald dieser Merlinscrag verlassen hätte.
„Ihr wollt also kämpfen? Gut. Zu Pferde oder zu Fuß?“, sprach Drogo und begutachtete Roberts ermattetes Pferd mit gespieltem Ergötzen.
Rasch glitt Robert aus dem Sattel, warf seinen kurzen Mantel von den Schultern und stand breitbeinig da, das Schwert in der Hand. „Zu Fuß“, rief er.
Drogo stieg von seinem Pferd, übergab seinen reich verzierten Umhang seinem Diener, der ihm langsam den Hügel hinab gefolgt war, und tauschte das Pferd gegen das Schwert.
Glaubt er wirklich, Robert im Kampf besiegen zu können? dachte Genevra. Er schien von sich völlig überzeugt zu sein. Sie hatte ihn niemals mit dem Schwert in der Hand gesehen, hatte keine Ahnung von seinen Fähigkeiten. Dann erkannte sie die Gehässigkeit, die ihn dazu getrieben hatte, einen Mann zu verhöhnen und herauszufordern, den er als einen Meister des Schwertkampfes kennen musste.
Die Männer versuchten, ihre Pferde ruhig zu halten, die unruhig am Rande der Arena stampften, die sie
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