Historical Exklusiv Band 42
Oxford Street einbogen.
„Ja“, stimmte Talitha zu. Wegen der Kälte in seinem Tonfall kroch ihr die Röte wieder die Wangen hinauf. „Glauben Sie, dass das keine gute Idee ist?“
„Ich bin sicher, dass es für Sie sehr vorteilhaft sein wird.“
Bildete sie sich da etwas ein, oder hatte er das „Sie“ ein wenig zu sehr betont?
„Sie glauben, dass ich es nicht wert bin, von Ihrer Tante unterstützt zu werden?“, fragte sie daher und unterdrückte mit Mühe den Anflug von Ärger in ihrer Stimme. „Glauben Sie vielleicht, dass ich nicht die bin, für die ich mich ausgebe? Oder haben Sie vielleicht etwas gegen meine Beschäftigung bei Madame d’Aunay?“
Nick warf ihr einen kühlen Blick zu. „Ich weiß, dass Sie genau die sind, für die Sie sich ausgeben“, erwiderte er. „Ich habe es mir nämlich zur Aufgabe gemacht, das herauszufinden. Ich bin sicher, dass Ihre Anstellung als Hutmacherin als durchweg ehrenhaft zu bezeichnen ist.“
Die wütende Antwort, die Talitha auf den Lippen lag, blieb ungesagt. Natürlich musste er wissen, mit wem er es zu tun hatte, er war schließlich Treuhänder seiner Tante. Es war seine Pflicht, seine verwitwete Verwandte zu schützen. Wie sollte Lord Arndale sonst sicher sein, dass sie keine Abenteurerin war, die nur darauf wartete, Lady Parrys Güte auszunutzen, oder gar jemand, der den Haushalt in Verruf bringen würde?
Doch dann, als sie gerade über die Weymouth Street hinweg in die Upper Wimpole Street einbogen, blieb ihr vor Schreck fast das Herz stehen. Sie war genau so jemand! Ihr verwerfliches Geheimnis über Mr Harlands Atelier hatte sie für sich behalten, weil sie fürchtete, in Ungnade zu fallen und als amoralisch gebrandmarkt zu werden. Aber ein Geheimnis, das einer jungen Hutmacherin lediglich persönlich zur Schande gereichte, würde sich, wenn es unter dem Dach einer Dame der Gesellschaft ans Licht käme, zu einem regelrechten Skandal auswachsen.
Talitha wurde sich bewusst, dass Nick ihr eine Frage gestellt hatte. „Verzeihung, was haben Sie gesagt?“ Zitterte ihre Stimme?
„Ich habe gefragt, ob ich richtig gehe in der Annahme, dass es das Haus hier auf der linken Seite ist, das mit der grünen Vordertür?“
„Ja.“ Selbstverständlich kannte er die Adresse. Schließlich musste er sich mit ihren gesamten Lebensumständen und Kontakten befasst haben und wusste sicherlich alles über das bescheidene Logierhaus und seine Bewohner. Wusste er also auch über Mr Harland Bescheid? Sicher nicht, über solch skandalöses Treiben hätte er bestimmt ein Wort verloren.
Der Earl zügelte die Pferde, drehte sich halb in seinem Sitz und sah sie an. „Geht es Ihnen gut, Miss Grey?“
„Ja, ja, sicher, Mylord.“ Eine lange Minute ließ er seinen Blick auf ihr ruhen. Herausfordernd blickte Talitha zurück, halb in der Erwartung, einen kalten, inquisitorischen Blick in seinen Augen zu entdecken, doch alles, was sie dort sah, war Besorgnis und eine Wärme, die sie vollkommen durcheinanderbrachte. Die Ereignisse des Tages hatten ihre Sinne und Wahrnehmungen verwirrt: Jetzt erst nahm sie ihn wieder als Mann wahr, seine verstörende physische Präsenz, gepaart mit einer undurchschaubaren Intelligenz.
Nur vage war sie sich bewusst, dass sich die Tür hinter ihr öffnete, ihr Blick schien mit Nicks verschmolzen.
„Tallie! Gott sei Dank … ich meine, Miss Grey, Sie sind zu Hause.“ Zenobia klang ungewöhnlich nervös. Talitha drehte sich in ihrem Sitz herum. Zwei Gefühle beherrschten sie: Erleichterung und Ärger.
„Zenna! Sei so gut und hilf mir bitte herunter. Ich bin sicher, Seine Lordschaft möchte die Zügel in der Hand behalten.“ Mit ausgestreckter Hand eilte Zenobia die Stufen hinab, und Talitha sprang von ihrem Sitz. „Mylord, darf ich Ihnen meine Freundin vorstellen? Zenobia, dies ist Lord Arndale. Er hat mich freundlicherweise von Lady Parry nach Hause gefahren. Mylord, dies ist Miss Scott.“
Lord Arndale lüftete seinen Hut. „Miss Scott, guten Tag. Miss Grey, ich werde Ihnen die Adresse einer Bank zukommen lassen, die ich empfehlen kann. Sollten Sie wünschen, dass ich Sie in deren Büros begleite, stehe ich selbstverständlich gerne zu Ihrer Verfügung.“
Talitha bemühte sich, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen und sich wie eine junge Dame zu benehmen, für die Bankangestellte zum Alltag gehörten. Neben ihr wartete Zenobia schweigend, Talitha spürte die Antipathie, die wie zornige Hitzewellen von ihr ausging.
Verblüfft starrte
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