Historical Exklusiv Band 42
ausreichend.“
Er wollte nicht auf sie hören, und offenbar verstand er auch nicht, dass es zwar aufregend war, Kutschen und Geschäfte zu sehen. Es ängstigte sie aber im gleichen Maß, da sie immer damit konfrontiert wurde, was sie war.
Andererseits konnte sie sich nicht für alle Zeit verstecken. Wie sollte sie Linette großziehen? Ihre Tochter würde sich auch in diese Welt hinauswagen müssen. Sie war entschlossen, Linette ein ehrbares Leben führen zu lassen, so wenig das auch daran ändern würde, was Madeleine tief in ihrem Inneren war.
Wenn Devlin Steele entschlossen war, ihr Kleider zu kaufen, dann ließ sie sich nicht davon abbringen, dass es sich um etwas Schickliches handeln musste.
„Bringst du mich zur Bond Street?“, fragte sie und hätte gern neugierig geklungen, doch ihre Stimme zitterte.
Er lächelte sie an. „Nein, nicht zur Bond Street. Wir sind auf dem Weg zu einer Modellschneiderin, die die Töchter unserer Bankiers und unserer Kaufleute einkleidet.“
„Na gut“, willigte sie ein. Sie fuhren damit nicht in den Teil der Stadt, in dem sie jemandem aus der feinen Gesellschaft hätte begegnen können.
Das Geschäft entpuppte sich als wahre Goldmine. Die wohlhabende Tochter eines Kaufmanns der Ostindischen Gesellschaft hatte dort gerade ihre Aussteuer zurückgehen lassen und sich stattdessen für die moderne Auswahl bei einer anderen Adresse interessiert. Diese junge Frau war von Madeleines Größe und Statur, und die Kleider waren ausgesprochen geschmackvolle Versuche der Schneiderin, eine breitere Klientel für sich zu gewinnen.
Madeleine stritt mit Devlin über die Zahl der Gewänder, die er zu kaufen beabsichtigte. Sie selber wollte höchstens zwei oder drei haben und weigerte sich beharrlich, auch ein Abendkleid zu nehmen, und über die Reitkleidung ließ sie nicht einmal mit sich reden. Sein Einlenken in diesen beiden Punkten weckte einen Moment lang ihr Misstrauen, doch kaum hatten sie das Geschäft verlassen, nahm er sie mit zur Putzmacherin, die nebenan ihren Hutladen hatte. Hier entbrannte die Diskussion von Neuem.
Während er alles Notwendige veranlasste, damit die Hutkreationen für Madeleine und das sehr schlichte Exemplar für Sophie geliefert wurden, betrachtete Madeleine sich im Spiegel.
Sie trug ein blasslila Straßenkleid aus Musselin, das nur mit ein paar senkrechten Biesen an der Taille verziert war, gesäumt von einem schlichten purpurfarbenen Band. Ein blauer Spenzer, lila Handschuhe und ein einfacher Strohhut, den nichts weiter als eine blaue Schleife schmückte, vervollständigten das Ensemble. Sie hielt sogar ein Retikül in einer Hand.
Beim Blick in den Spiegel kam es ihr vor, als würde sie in die ferne Vergangenheit schauen.
Plötzlich tauchte Devlin hinter ihr auf. „Du siehst sehr gut aus, Maddy.“
Sie musste schlucken, da ihre Gefühle ihr die Kehle zuzuschnüren drohten. „Es erscheint mit einfach zu viel …“
„Nein, hör auf damit“, widersprach er und hob eine Hand. „Viel wichtiger ist: Wir müssen auch noch dem Schuhmacher einen Besuch abstatten.“
Madeleine wollte protestieren, doch er nahm ihren Arm und hakte sie bei sich unter. „Glaubst du, wir könnten Sophie dazu überreden, ihre Füße messen zu lassen, damit sie ein Paar neue Schuhe bekommt?“
Bei all seiner Großzügigkeit, die er ihr bereits zukommen ließ, rührte sie es noch mehr, dass er auch noch an Sophie dachte. „Vielleicht sollte Bart diese Aufgabe übernehmen“, schlug sie lächelnd vor.
„Eine kluge Idee“, stimmte er ihr zu, als sie die Straße betraten.
Es kam Madeleine so vor, als sei sie zurückgekehrt in die Stadt ihrer Kindheit. Auf dem Fußweg waren zwar deutlich mehr Menschen unterwegs als in ihrer Erinnerung, und es gab hier mehr Geschäfte und ein breiteres Angebot, doch es handelte sich auch um eine höchst angesehene Straße. Durch das Kleid, das sie trug, unterschied sich Madeleine in keiner Weise von den anderen jungen Damen, die hier zum Einkaufen unterwegs waren. Zumindest fand sie das, dennoch schauten viele sie neugierig an.
„Devlin, bist du dir sicher, dass mein Erscheinungsbild angemessen ist?“
Ihm waren die bewundernden Blicke der Männer und die taxierenden Mienen der Frauen nicht entgangen. Diese Aufmerksamkeit bewirkte bei ihm, dass er stolz darauf war, Madeleines Begleiter zu sein. Sie war bereits in ihrem viel zu engen Kleid eine Schönheit gewesen, doch ihr neues Straßenkleid verschlug ihm einfach den Atem.
„Du siehst
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