Historical Exklusiv Band 42
Fingerspitzen gegen seine Schläfen.
„Fühlst du dich nicht wohl?“ Neds Tonfall verriet dessen ehrliche Sorge um ihn.
Schweiß trat ihm auf die Stirn, als sei es ein warmer Tag. Das Donnern der französischen Kanonen dröhnte in seinem Kopf, vor seinen Augen zog ein rauchverhangenes Chaos auf. Er konnte die Männer sehen, ihre vergilbten Zähne, den überraschten Ausdruck auf ihrem Gesicht, wenn sein Säbel ihnen die Kehle aufschlitzte.
„Dev, du bist weiß wie der Tod. Lass mich einen Arzt rufen.“
Als die Stimme seines Bruders zu ihm durchdrang, lösten sich die Bilder so schnell auf, wie sie gekommen waren, und ließen ihn aufgewühlt zurück. Devlin kämpfte gegen den Wunsch an, lauthals zu lachen. So wie in der Kindheit hatte sein Bruder ihn gerettet – diesmal vor seiner eigenen Erinnerung.
„Kein Arzt“, widersprach Devlin. „Ich war für einen Moment woanders.“ Er stand auf, jeder Gedanke, um eine Anstellung zu betteln, war verflogen. „Würdest du mich entschuldigen, Ned? Ich muss gehen.“
„Bist du dir sicher, dass dir nichts fehlt?“ Der Marquess runzelte die Stirn, jedoch musste man sehr genau hinsehen, um es zu bemerken.
Devlin verzog den Mund. „Ich bin vielleicht arm, aber nicht krank. Du musst dir keine Sorgen machen.“
„Ich bin mit meinem Landauer hier. Ich werde dich nach Hause bringen.“
„Das ist nicht nötig. Der Spaziergang wird mir guttun.“ Sein Herz raste noch immer, die Hände zitterten. Devlin wollte nur fort von hier. Flüchtig berührte er Ned an der Schulter, dann eilte er davon.
Ein leichter Regen hatte eingesetzt, Devlin blieb stehen und schloss kurz die Augen, um die kühlen Tropfen auf seinem Gesicht zu genießen.
„Guten Tag, Steele. Sie waren im White’s, wie ich sehe.“
Devlin drehte sich zur Seite und sah in Lord Farleys freundlich grinsendes Gesicht. Er nickte nur kurz, dann ging er weiter, doch der andere Mann legte eine Hand auf seinen Arm, um ihn zu stoppen.
„Warum haben Sie es so eilig? Kommen Sie doch mit in mein Etablissement, dann gebe ich Ihnen eine Runde aus.“
„Ich glaube nicht, dass ich das möchte.“ Wieder versuchte er weiterzugehen.
„Kommen Sie, dann können Sie mir berichten, wie es Madeleine geht“, beharrte er.
Devlin schob Farleys Hand fort. „Das, glaube ich, möchte ich auch nicht.“
Für einen Moment blitzte Wut in seinen Augen auf, doch sofort kehrte der umgängliche Ausdruck zurück. „Wie geht es ihr? Ich hoffe, sie bereitet Ihnen immer noch Vergnügen, aber vielleicht langweilt sie Sie ja schon.“
So aufgewühlt, wie er war, stand Devlin kurz davor, seinem Gegenüber die Faust ins Gesicht zu schlagen. Er schob Farley aus dem Weg und wollte nur fort.
„Wissen Sie, Steele“, redete der weiter auf ihn ein und ging neben ihm her. „Ich höre, Sie suchen Arbeit. Sie können bei mir welche finden. Einen geschickten Spieler kann ich immer gebrauchen, und ich verspreche Ihnen eine großzügige Entlohnung. Ich bin wieder flüssig, sollten Sie wissen.“
Devlin blieb stehen, die Fäuste noch immer geballt. Er hatte davon gehört, dass Farley wieder eine Glückssträhne hatte. „Sagen Sie, würde zu meinen Aufgaben auch gehören, Grünschnäbel auszunehmen? So wie beispielsweise den jungen Boscomb? Es stimmt doch, dass er sich nach einem Besuch an Ihren Spieltischen eine Pistole an den Kopf setzte, oder?“
Zwar kniff Farley ein wenig die Augen zusammen, dennoch grinste er ihn unverändert an. „Ein unerfreulicher Zwischenfall.“
Abermals ging Devlin mit schnellen Schritten weiter, doch Farley hielt beharrlich mit ihm mit. „Wenn Sie Geld benötigen, könnten Sie mir Madeleine zurückgeben. Selbstverständlich erhalten Sie dann im Gegenzug den Betrag, den ich an Sie verloren hatte.“
Hätte er seinen Säbel griffbereit gehabt, wäre es ihm ein Vergnügen gewesen, ihn in Farleys Eingeweide zu jagen. „Kommen Sie nicht auf sie zu sprechen.“
„So?“, meinte der Lord lässig. „Sie ist für Sie zu einer Belastung geworden, nicht wahr? Das ist eine ihrer Angewohnheiten. Ich versichere Ihnen, ich weiß genau, wie ich mit ihr umgehen muss.“
Abrupt drehte Devlin sich um und versetzte Farley mit beiden Händen einen Stoß, woraufhin dieser nach hinten fiel und in einer Pfütze landete.
Farley hatte Mühe, gleich wieder aufzustehen. „Sie haben meinen Mantel ruiniert!“
Devlin beugte sich über ihn. „Ich werde noch mehr ruinieren als Ihren Mantel, wenn Sie mich noch einmal ansprechen,
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