Historical Exklusiv Band 42
wusste, dass Duprey die Baronwürde erben sollte, also keinen besonders wichtigen Titel, doch darüber hinaus war ihm über die Familie nicht viel bekannt. Wenn sie die eine Tochter gut verheiratet hatten, war es vielleicht nicht unbedingt nötig, dass auch die zweite einen Titel bekommen musste.
Der weitere Abend zog sich recht schleppend dahin. Überrascht bemerkte Devlin, dass das Juwel oder besser gesagt Miss Reynolds ihn mit unverhohlener Neugier beobachtete. Vielleicht wusste sie bloß nicht, dass er der jüngere Sohn der Familie war. Alle anderen schienen genau darüber informiert zu sein, wie es um seine Situation und sein Vermögen bestellt war. Devlin traf einige Bekannte wieder, darunter einen Offizier, den er in Spanien kennengelernt hatte. Vermutlich waren alle überlebenden Offiziere auf der Suche nach einer Frau, immerhin gab es für ehemalige Soldaten sonst kaum etwas zu tun.
Als Serena später am Abend andeutete, sie könnten nun aufbrechen, ohne das Gesicht zu verlieren, war Devlin ihr sehr dankbar. Während sie auf ihre Kutsche warteten, stand auf einmal das Juwel neben ihnen. Serena kannte die Person, eine Tante, die als Anstandsdame für Miss Reynolds mitgekommen war, und stellte die junge Frau Devlin vor.
„Sie haben mich nicht um einen Tanz gebeten, Lord Devlin“, sagte Miss Reynolds, deren Tante sich angeregt mit Serena unterhielt.
„Ich wurde gewarnt, dass die Konkurrenz hart sein würde“, erwiderte er.
Sie lachte auf, dann grinste sie ihn verschwörerisch an. „Ein Tanz mit einem Gentleman dient dazu, diejenigen zu beunruhigen, die wirklich im Rennen sind.“
Ihre Kutsche fuhr vor, und er wünschte Miss Reynolds eine gute Nacht.
Als er und Serena endlich auf dem Heimweg waren, atmete er erleichtert auf.
Nach kurzem Zögern meinte sie: „Ich hoffe, der Abend hat dir gefallen.“
„Er entsprach ganz meinen Erwartungen“, gab er zynisch zurück.
„Du hast dich gut geschlagen, und du hast viel getanzt.“
„Ja, das ist wahr.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und versank in seine Gedanken über diesen Abend, die er mit Serena nicht teilen wollte. Zum Beispiel, dass ihn diese Debütantinnen zu Tode gelangweilt hatten. Dass er es hasste, im Ballsaal seine Rolle zu spielen, obwohl er lieber bei Madeleine gewesen wäre.
Serena beobachtete ihn, wie er schweigend und mürrisch neben ihr in der Kutsche saß. Sie hatte diesen Abend verabscheut. Nur weil ihr Mann sie darum gebeten hatte, war sie zusammen mit ihrem Schwager hingegangen. Dabei kreisten ihre Gedanken immer wieder um die junge Frau, von der Devlin begleitet worden war, als er zu ihnen zum Essen gekommen war. Sie dachte an die Art, wie er diese Miss England den Abend über angesehen hatte. Aus Serenas Sicht passte sie bestens zu ihm. Sie war höflich und gebildet, und ganz offensichtlich besaß sie gute Manieren. Wen kümmerte es, wenn ihre Herkunft das Gewerbe oder etwas anderes, gleichermaßen Beschämendes war?
Sosehr Serena diese Angelegenheit gern mit ihrem Mann besprochen hätte, fehlte ihr doch der Mut dazu. Er war so wütend auf Devlin gewesen, dass sie fürchtete, durch eine Einmischung alles nur noch schlimmer zu machen. Außerdem hatte sie sich noch nie in die Angelegenheiten von Ned eingemischt, zumal sie ja nicht einmal wusste, was das überhaupt für welche waren.
Ned würde es nicht verstehen, sollte sie ihm zu erklären versuchen, dass Devlin diese junge Frau liebte. Aber im Grunde sollte ihr Mann Devlin dazu bringen, diese Miss England zu heiraten. Es konnte doch für die Familie kein so gewaltiger Skandal sein, wenn der jüngere Sohn seine Geliebte ehelichte, mit der er bereits ein Kind hatte. Warum sah Ned es nicht als Devlins Pflicht, Miss England zur Frau zu nehmen?
Doch sie fürchtete, dass sie die Antwort auf diese Frage längst kannte. Ned wollte das Kind nach wie vor adoptieren, und er hoffte, Miss England trotz allem überreden zu können, weil seine Frau ihm kein leibliches Kind schenken konnte.
Tränen stiegen Serena in die Augen, sie schniefte und suchte in ihrem Retikül nach einem Taschentuch.
Besorgt sah Devlin sie an. „Was ist los, Schwägerin?“
„Nichts“, murmelte sie.
„Unsinn“, gab er nun zurück. „Sag mir, was dir zu schaffen macht.“
Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich, damit sie sich an seine Schulter lehnen konnte. Diese tröstende Geste hätte sie beinahe ungehemmt weinen lassen, doch Serena riss sich zusammen.
„Ich …“ Sie überlegte,
Weitere Kostenlose Bücher