historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
hochherzige Gabe so lange in Ehren halten werde, bis mir, jämmerlicher Sünder, der ich bin, meine Großzügigkeit durch die Summe von fünfzigtausend Goldnobel vergolten wurde. Sollte es dir nicht belieben, diesen unbedeutenden Betrag für ein einzigartiges Juwel aufzubringen, wäre ich zu meinem Schmerze gezwungen, es Stück für Stück seiner Schönheit zu berauben.
Ferner sei dir kundgetan, dass ich meine Ungeduld, den Nektar dieses verführerischen Mundes zu kosten, nur mehr mit allergrößter Mühe bezähmen kann. Ich erwarte daher, dass du meinen Qualen baldigst ein Ende setzt und mir bis zum fünften Anbruch der Morgenröte, vom heutigen Tage an gerechnet, die Forderung erfüllst.
Als Zeugen der Niederschrift ich selbst und Vincent, Sieur de Gembloux.
Gegeben am achten Tage des Heumondes im Jahre des Herrn elfhundertundachtundvierzig."
Guy de Burgoigne saß beim Morgenbrot, als das gerollte Pergament ihm überreicht wurde. Er brach das Siegel und hielt das Schreiben dem Marschall hin. „Lies vor, Vincent!" befahl er, lehnte sich auf der Bank zurück und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. „Es wird von deinem Vetter Damien sein. Wann trifft er mit den Truppen ein?"
Gembloux legte das Messer beiseite, wusch die Finger in einer wassergefüllten Zinnschale und trocknete sie am Tuch, das die Tischplatte bedeckte. Neugierig nahm er die Botschaft an sich, entfaltete sie und trug sie, sich hin und wieder das Kinn kratzend, bedächtig vor:
„In großer Eile an Guy de Bourgoine, Earl of Shropshire Mit der Bitte um Verständnis teile ich dir, edler Herr, mit, dass die von dir erwarteten Söldner nicht kommen werden. Ein bei weitem einträglicheres Angebot des Baron of Warfield hat mich veranlasst, die von mir geworbenen Kämpen nicht gen England zu senden. Zudem hat Geoffroir d'Anjou mich um meine Unterstützung ersucht, und ich habe eingewilligt, ihm mit meinen Mannen Beistand zu leisten. Die mir überbrachten Gelder betrachte ich als Vergütung für die mir entstandenen Unkosten.
Ich versichere dich meiner ungebrochenen Wert schätzung.
Damien de Brevands, Comte de Carentan."
„Feuer und Schwert!" brüllte Guy de Burgoigne und schlug mit der Faust auf die Tafel.
„Wie kann Warfield es wagen, meine Pläne so zu durchkreuzen?" Zornbebend sprang er auf und riss wütend das linnene Tischtuch hoch. Kannen, Pokale, Schüsseln und Becher stürzten um und kullerten scheppernd auf die Fliesen.
Cecily erstarrte und schlug verstört die Augen nieder.
Erschrocken verharrten Pagen und Gesinde mitten in der Bewegung und schauten angstvoll den Zwingherren an.
Nur die Hunde störte der Wutausbruch nicht. Gierig machten sie sich über den kalten Braten, die Semmelschnitten, das Kalbshirn und den Schinken her und zank ten sich knurrend um die besten Bissen.
Guy de Burgoigne schleuderte einen schweren Silberpokal nach einem der Tiere und traf ihn an den Rippen. Es jaulte auf, zog winselnd die Rute ein und duckte sich. Doch schon einen Moment später hatte es wieder ein Stück Fleisch im Fang und rannte aus der Halle.
Belustigt sah Vincent de Gembloux dem grauen Wolfshund nach, wandte sich dann gelassen an den Seigneur und sagte achselzuckend: „Wozu brauchst du Damiens Söldner? Sei froh, dass dir die Kosten, einen Feldzug zu führen, erspart bleiben. Du hast doch Warfields Weib! Jetzt bekommst du von ihm, was du willst."
„Das wird dieser Hurensohn mir büßen!" tobte Guy de Burgoigne. „Der verweichlichte Betbruder hält sich wohl für sehr gerissen, weil er mir ein Schnippchen geschlagen zu haben meint! Beim Blute Christi! Das wird ihm noch leid tun! Wache! Holt mir seine Buhle und bringt sie in meine Kammer!"
Ein Spalt klaffte in der Mauer, zu hoch, um ihn erreichen zu können. Sehnsüchtig starrte Meriel auf die enge Scharte, durch die ein schmaler Streifen grauen Lichtes drang. Die Welt blieb ihr verborgen, aber ersticken würde sie nicht, auch wenn auf dem kalten, feuchten Boden des Kerkers von der frischen Luft nichts zu spüren war.
Plötzlich wurde die Falltür hochgeklappt und ein Korb heruntergelassen. „Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht, Mylady!" sagte in spöttischem Ton der Mann, der ihr zuvor das Essen gebracht hatte. „Nimm die Speisen heraus und stell den Krug von gestern hinein!"
Meriel stand auf und musste sich einen Moment an der Mauer abstützen, um nicht hinzufallen. Sie hatte kaum Gefühl in den Beinen, und alles tat ihr weh. Steif ging sie zu dem
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