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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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eigenen Landwehr, ein hübscher Weiler, der Shepreth hieß, wie Meriels Begleiter auf dem Weg in die Veste erklärte. Aus der Nähe betrachtet, wirkte das hoch auf dem Felsen thronende Bollwerk noch uneinnehmbarer, und Meriel konnte sich nicht vorstellen, dass es je zu erstürmen war.
    Die Hufschläge der Pferde hallten hohl auf der Fallbrücke wider, und unwillkürlich rann Meriel de Vere ein Frösteln über die Haut, als sie durch das Gewölbe des ersten Torhauses ritt. In der Höhe war ein eisenstarrendes Gitter zu erkennen, das jeden daran hindern würde, Warfield Castle gegen den Willen des Zwingherren zu betreten oder zu verlassen. Die Wälle und Wehrgänge sahen recht neu aus und waren aus gewaltigen Quadern gefügt. Die tiefer gelegenen Versorgungsbauten, an denen zum Teil noch gearbeitet wurde, trugen Dächer aus grauem Schiefer und nicht mehr, wie bisher üblich, aus leicht entflammbarem Strohgeflecht.
    Kühle umfing Meriel beim Durchqueren des gleichfalls mit einem Fallgitter versehenen Haupttores, und ihr Unbehagen wuchs. Allerorten strebten abweisende Mauern auf. Der Landseite zugewandt und den linken Flügel der Kurtinen beherrschend, überragte der gewaltige Keep die übrigen Gebäude.
    Meriel hatte stets geglaubt, in Mylord Moretons Stammsitz und sogar in Avonleigh sei das Leben von reger Geschäftigkeit, doch hier im Hof herrschte ein weitaus emsigeres Treiben.
    Überall waren Handwerker, Dienstboten und Knechte zu sehen, die ihren Aufgaben nachgingen, und inmitten des Gewimmels rannten kläffende Hunde umher, flüchtete aufgescheuchtes Federvieh und wieherten stattliche Rosse auf dem Wege in die Stallungen.
    Ralph ritt auf den Earl of Shropshire zu, der im Gespräch mit Richard de Lancey und dem Hauptmann vor dem Palas stand, nahm den Braunen an die Kandare und saß ab.
    Ehe er die Gefangene vom Pferd heben konnte, kam Adrian de Lancey ihm zuvor, umfasste mit starken Händen ihre Taille und setzte Meriel auf dem Pflaster ab.
    Auf dem Ritt war das verstauchte Fußgelenk steif geworden, und unwillkürlich knickte sie um. Sofort stützte sie der Earl, bis sie sich gefangen hatte. Argwöhnisch schaute sie ihm in die Augen, doch das schwelende Feuer der Be gierde, das sie im Walde so verunsichert hatte, war erlo schen und einem Ausdruck kühler Gleichgültigkeit gewichen. Bang fragte sie sich, ob Adrian de Lancey sie nicht erkannte. Wenn ja, konnte er sich denken, dass sie von edler Geburt war, denn im allgemeinen wurden nur Töchter von Standesherren in einem Orden aufgenommen. An jenem Abend war es jedoch sehr düster und Meriels Gesicht vom Gebende und Wimpel umschlossen gewesen. Damals hatte Mylord Warfield die unbedeutenden Novizin bestimmt schon vergessen, noch ehe er Lambourn Priory verließ.
    „Bist du verletzt?" fragte er besorgt.
    „Nicht ernstlich, Herr", antwortete sie. „Ich habe mir nur den Fuß verrenkt."
    „Kannst du Treppen steigen?"
    „Gewiss!" erwiderte sie stolz, merkte jedoch sogleich, dass es nicht möglich war. Schon beim ersten Schritt wäre sie fast gestürzt.
    Adrian fluchte verhalten, fing sie rechtzeitig auf und hob sie auf die Arme. Den linken unter ihre Kniekehlen gelegt, den rechten um ihren Rücken geschlungen, trug er sie mühelos durch das runde Portal und die enge Stiege hinauf.
    Trotz aller Erschöpfung wunderte sie sich doch, dass er sich die Mühe machte, einer verschmutzten, der Wilderei bezichtigten und seiner Ansicht nach Niedriggeborenen behilflich zu sein. Seit ihren Kindertagen, als der Vater sie zu Bett gebracht hatte, war sie nicht mehr von einem Manne an die Brust gedrückt worden. Diese Zeiten waren jedoch lange vorbei, und auch wenn sie die Nähe des Earl als wohltuend empfand, fühlte sie sich doch etwas unbehaglich. Wie leicht hätte er sie küssen oder ihre Brust streicheln können!
    Der Gedanke machte sie erröten, denn Adrian de Lanceys Berührung hatte nichts Lüsternes. Nur die Müdigkeit war schuld, dass sie auf so abwegige Einfälle kam. In Wirklichkeit trug der Earl sie schweigend, vollkommen unbeteiligt, die Stufen hoch, und dafür war sie ihm dankbar.
    Seine Miene war reglos, unter den Umständen viel zu starr, zu beherrscht. Auf der Lichtung war Meriel die Sehnsuc ht in seinem Blick nicht entgangen, und nun stellte sie sich bang die Frage, warum er jetzt sein Begehren derart verbarg. Die möglichen Gründe beunruhigten sie noch mehr, und matt lehnte sie den schmerzenden Kopf an seine breite Schulter.
    Im zweiten Stockwerk bog der Earl in

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