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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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Winkelzüge waren es, die ihn für Guy so unersetzlich machten. Schweigend trat sie zu einer Truhe, schenkte Maulbeerwein in zwei Zinnpokale und brachte sie den Männern. Still und unauffällig nahm sie dann wieder Platz und die unterbrochene Stickerei zur Hand. Am liebsten hätte sie sich in ihre Kemenate zurückgezogen, konnte es jedoch nicht, da sie die Herren zu bedienen hatte.
    Vincent de Gembloux trank einen Schluck, nickte dann und sagte ruhig: „Es ist richtig, dass die Juden früher meist in London ansässig waren. Schon William hatte sie ins Land gelassen, und Henry förderte sie besonders. An Stephens Hof habe ich zu Ostern jedoch etwas sehr Interessantes vernommen. In den letzten Jahren haben sie sich über das ganze Reich ausgebreitet, und nun gibt es sie in allen größeren Städten. Vielleicht kann der eine oder andere Jude überredet werden, mitsamt seinen unermesslichen Schätzen nach Shrewsbury umzusiedeln."
    „Und was hätte ich davon? Die Stadt liegt auf Warfields Boden, nicht dem meinen", entgegnete Guy de Burgoigne und furchte die Stirn. Es ärgerte ihn stets aufs neue, dass sein Widerpart die bedeutsamste Ortschaft der Grafschaft beherrschte.
    „Die Straße von London nach Shrewsbury führt über Gebiete, die von dir kontrolliert werden", gab der Marschall ihm zu bedenken. „Du kannst jeden durchziehenden Juden überfallen und ihn um die Goldmünzen, die Nobel und Denare erleichtern, die er guten Christen aus der Tasche gezogen hat."
    Der Burgherr grinste hässlich. „Du meinst, dass du einen oder zwei dieser Geldsäcke überzeugen könntest, sich bei uns niederzulassen?"
    „Ja", antwortete der Hauptmann mit Nachdruck. „Sollte dir mein Vorschlag zusagen, reise ich umgehend nach London und suche uns ein passendes Opfer, das wir ausnehmen können.
    Ich werde behaupten, ein Abgesandter Warfields zu sein, und erklären, der Earl of Shropshire persönlich versichere den Betreffenden seines Schutzes. Dann wird man ihm den Raub anlasten, und sein lilienweißer Ruf trägt einen argen Makel davon."
    Der von Stephen zum Earl of Shropshire Erhobene, lachte dröhnend und klopfte sich begeistert auf die Oberschenkel. „Ein teuflisches Vorhaben, doch mir gefällt es auszeichnet!"
    sagte er und rieb sich die Hände. „Gewiss, der König würde sehr ungehalten sein, falls er wüsste, dass ich eine seiner Geldquellen angezapft habe, aber er muss es ja nicht erfahren!
    Selbstverständlich werden wir alle umbringen, damit es keine Zeugen gibt. Wohlan, begib dich nach London und sprich mit Engelszungen auf den reichsten Händ ler ein, sich mitsamt seinen prall gefüllten Geldtruhen auf den Weg nach Shrewsbury zu machen!"
    Cecily de Chastain presste die Lippen zusammen. Juden waren auch Menschen, und ihr tat jeder leid, der ihrem Gatten ins Garn ging.
    Im Trubel des geschäftigen Haushaltes von Avonleigh hatte Meriel sich oft gewünscht, einen Augenblick der Muße zu haben; in der auferzwungenen Einsamkeit dieser Kammer merkte sie jedoch bald, wie ermüdend und eintönig Untätigkeit sein konnte.
    Der erste Tag der Gefangenschaft auf Burg Warfield brachte noch einige Abwechslungen.
    Meriel hatte lange ge schlafen und sich erfrischt vom Lager erhoben. Die Schmerzen im Fuß waren geschwunden, und nur gelegentlich spürte sie ein leichtes Ziehen. Vor dem Frühmahl betete sie zur Himmelskönigin, sie zu schützen und vor allem Schaden zu bewahren. Sie gedachte auch der Menschen in Avonleigh, die bestimmt nach ihr forschen würden. Da es jedoch in der Nacht geregnet hatte, musste sie davon ausge hen, dass selbst die besten Jagdhunde ihre Spur nicht aufnehmen konnten. Zudem war sie niemandem begegnet, der Hinweise auf ihren Verbleib geben konnte, und somit wür de die Suche gewiss irgendwann abgebrochen.
    Margery brachte ihr das Morgenbrot und erklärte hastig, sie dürfe nicht verweilen, da es niemandem gestattet sei, mit der Mistress zu sprechen. Dennoch hatte Meriel erfahren, dass es an der Grenze der vom Earl of Shropshire gehaltenen Ländereien zu Gefechten gekommen und Adrian of Warfield an der Spitze seiner Lanzenreiter Gerüsteter aus gezogen war, um seinen Widersacher Guy de Burgoigne in die Schranken zu weisen.
    Am zweiten Tage überfiel Meriel die Rastlosigkeit. Beklommen grübelte sie darüber nach, wie Menschen sich fühlen mussten, die jahrelang in einem Verlies festgehalten wurden.
    Immer wieder ging sie fahrig im Raum auf und ab, betrachtete die Schnitzereien des Kastenbettes und der Truhen,

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