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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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überrumpeln sein.
    Nach einigen Meilen lichtete sich das Gehölz, und der Pfad verlief durch ausgedehnte, brach liegende Flächen. An dem noch jungen Bewuchs war zu erkennen, dass diese Gegend einst urbar, seit geraumer Zeit jedoch aufgegeben war. Und dann sah Meriel die geborstenen Trümmer einer Burg, die auf einer von Gestrüpp überwucherten kleinen Anhöhe zum Himmel ragten. Durch hohes Gras gelangte man zu dem Graben, der ehedem die normannische Burg geschützt hatte.
    Am Rande des Erdwalles hielt Meriel an und ließ den Blick über die Ruinen schweifen.
    Die verbrannten Palisaden waren schwarz und vermodert; in den Mauerspalten des verkohlten Vorwerkes fristeten vom Wind versamte kleine Birken ein karges Dasein, und Schlingpflanzen kletterten an den bemoosten Überresten des Keep empor. Über dem Hügel lag eine unnatürliche Stille, ganz so, als würden selbst die Vögel den Ort des Grauens meiden.
    „Vormals war das Warfield", erklärte Adrian de Lancey, den Rappen zügelnd.
    „Hast du die Veste zerstören lassen, Herr, damit streunendes Gesindel sich nicht hier einnisten kann?" fragte Meriel in der Annahme, er habe das Bollwerk von sich aus aufgegeben.
    „Nein, Guy de Burgoigne", antwortete Mylord Warfield tonlos. „Der andere Earl of Shropshire hat die Burg niedergebrannt und ihre Bewohner gemeuchelt. Wusstest du, dass zwei Zwingherren sich um die Grafschaft streiten?"
    „Ich habe davon gehört", bekannte Meriel vorsichtig. „Du sollst von Henrys Tochter, Maud of England, und dein Widerpart von König Stephen ernannt worden sein."
    „Ja", sagte Adrian und lächelte spöttisch. „Ähnliches ist auch in anderen Teilen des Reiches geschehen, eine für Maud und Stephen sehr einfache und gar nicht kostspielige Art, sich ihre Anhänger gewogen zu halten."
    „Nun zankst du dich mit Burgoigne um die Einkünfte aus den Besitzungen, und die Bauern und Dörfler müssen darunter leiden", erwiderte Meriel verächtlich. „Zweifellos werden die Auseinandersetzungen so lange andauern, bis einer von euch im Kampfe unterliegt. Wie schade, dass niemand die Bevölkerung fragt, wen sie zum Herrn haben möchte!"
    Den aufsteigenden Ärger bezwingend, äußerte Adrian ruhig: „Wie ich höre, hofft wohl jeder in der gesamten Grafschaft, dass ich der Sieger sein werde, und zwar bald. Bis zum Beginn der Feindseligkeiten zwischen dem König und seiner Cousine Maud war Burgoigne nur der Anführer einer Rotte von Kriegsgesindel. Dann hat er erkannt, welchen Vorteil es ihm bringen würde, einer der wenigen Parteigänger Stephens im Westen zu sein, und der König hat ihm die Unterstützung natürlich reich belohnt. Nicht genug damit, nötigte er Cecily de Chastain, ein aus angevinischem Geschlecht stammendes Edelfräulein, gewaltsam zur Ehe und kam durch die Morgengabe in den Besitz großer, in der Maine gelegener Ländereien und weiter Teile von Shropshire. Nun ist er einer der mächtigsten Adligen des Reiches, im Herzen jedoch der verderbte Mordbrenner geblieben, der er immer war."
    „Bist du so viel besser?"

    „Ich bemühe mich, für Ruhe und Ordnung zu sorgen", antwortete Mylord Warfield achselzuckend. „Heimtücke ist keine meiner Eigenschaften, und die Lust, Unschuldige zu töten, auch nicht."
    Meriel begriff, was er damit zum Ausdruck bringen wollte. „Das hier ist also Burgoignes Werk." sagte sie betroffen und sah ihn mitfühlend an.
    Adrian atmete tief durch und bestätigte ernst, doch unverkennbar bewegt: „Ja. In der Dämmerung der Christnacht wurde die Burg überrannt. Bis auf meinen Halbbruder Ric hard befanden sich sämtliche Mitglieder meiner Familie im Keep. Burgoigne ließ alle niedermetzeln, ganz gleich, ob Mann, Frau oder Kind, Edler oder Höriger."
    „Wie ist es dir gelungen, dem Blutbad zu entrinnen?" erkundigte Meriel sich leise und voll des Mitleids für die Toten, auch für Adrian of Warfield.
    „Ich war in Fontevaile Abbey und stand da vor, die Ewigen Gelübde abzulegen."
    Meriel meinte, sich verhört zu haben. „Du wolltest Mönch werden, Herr?" fragte sie überrascht.
    „Nun, auf dich wirkt das sicher befremdlich", räumte Ad rian ein und lenkte den Rappen von der Anhöhe fort.
    Meriel war nicht seiner Ansicht. Unwillkürlich fühlte sie sich ihm seelisch verbunden, und vieles, das sie bislang irritiert hatte, fand nun eine Erklärung — die Bildung des Lords of Warfield, die Schlichtheit seiner Kleidung, die seltsame Gespaltenheit des Charakters. „Warst du froh, das Kloster zu

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