historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
kann stur und unbeugsam sein. Ich werde so lange warten, wie es nötig ist. Gewiss wirst du mit der Zeit zur Vernunft kommen."
Unbeirrt hielt Meriel seinem Blick stand. „Lass dir eines sagen, Herr!" zischte sie ihn mit mühsam verhaltener Wut an. „Du kanns t mich entehren, der grausamsten Folter aus setzen und mich töten lassen, aber ich gelobe bei allem, das mir heilig ist, meinen Willen wirst du niemals brechen!"
„Dann bleibt mir keine Wahl!" stellte Adrian, innerlich vor Zorn tobend, in eisigem Tone fest. Jede gute Absicht vergessend, sah er in Meriel nicht mehr die Frau, die für sich zu gewinnen er gehofft hatte, nur noch einen Gegner, den es zu besiegen galt. Mit drei langen Schritten war er bei ihr, hob sie brüsk auf die Arme und trug sie zum Bett. Unsanft ließ er sie fallen, warf sich auf sie und drückte sie hart, eine Hand auf ihre Brust, die andere gegen ihre Schulter pressend auf das Lager.
Verbissen wehrte sie sich gegen ihn, wand und bäumte sich auf und stieß ihm, als er sich zur Seite drehen musste, mit aller Kraft das Knie zwischen die Schenkel.
Der Stoß traf das Bein, und im Nu hatte Adrian sich erneut auf Meriel gewälzt, bog ihr die Arme über den Kopf und umklammerte mit der Rechten ihre Handgelenke. „Hör auf, dich gegen mich zu sträuben!" murmelte er keuchend.
„Nie und nimmer!" erwiderte sie, nach Atem ringend, und starrte ihn feindselig an.
Er sah die Abneigung, den Trotz und die Verzweiflung in ihren blauen Augen, konnte sich jedoch nicht mehr Einhalt gebieten. Erregt zerrte er ihr die Gewänder bis zur Hüfte hoch und begann, ihre weiche, samtene Haut zu streicheln.
Ein inneres Frösteln erfasste Meriel, und das Grauen vor dem Kommenden. „Heilige Jungfrau Maria", flüsterte sie tonlos, „bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes! Amen!"
Die flehenden Worte trafen Adrian wie ein unvermuteter Schlag, und seine Begierde erstarb. Wie fortgewischt waren Lust und verzehrendes Begehren und machten kalter Leere Raum. Er kam sich schmutzig vor, haltlos und willens schwach, und Schloss gequält die Augen. Unversehens überkam ihn Ekel vor sich selbst und betroffenes Entsetzen. In seiner Hemmungslosigkeit hätte er fast einen unverzeihlichen Fehler begangen, der nicht nur Meriels Ehre befleckt, sondern auch seine Selbstachtung zerstört hätte.
Mühsam zu sich findend, öffnete er die Lider, ließ Meriel los und schwang sich von der Bettstatt. Die Hände ballend, ging er zum Fenster, stützte sich einen Moment auf den Sims und atmete, den Kopf gesenkt, tief und beruhigend durch. Dann drehte er sich langsam um und sagte, nur schwer den Aufruhr der Gefühle meisternd: „Es tut mir leid, Meriel! Vergib mir, kleine Sahin!" Brüsk wandte er sich ab, verließ rasch den Raum und verschloss die Tür.
Erfüllt von dem Drang, der inneren Unrast durch äußere Ablenk ung Herr zu werden, strebte Adrian de Lancey zu den Stallungen, befahl barsch, ihm den Rappen aufzuzäumen, und schwang sich dann in den Sattel. Die Ungeduld zähmend, lenkte er Fougueux bedächtig durch das geschäftige Treiben im Hof und ließ ihm, sobald das Vorwerk hinter ihnen lag, freien Lauf. Mit kraftvollen, weit ausholenden Sprüngen galoppierte der Hengst durch die karstige Land schaft, und Adrian zügelte ihn nicht.
Er achtete nicht auf die Gegend, verdrängte alle Gedanken an Meriel und stürmte, tief über den Hals des Pferdes gebeugt, am Severn entlang, bis es in gemächlicheren Trab verfiel. Erst dann straffte er sich, tätschelte dem schweiß nassen Tier den Hals und dachte voll Abscheu daran, wie nichtswürdig er sich benommen hatte. Noch immer brannte er vor Verlangen nach Meriel, so sehr, dass es schmerzte.
Erneut wurde ihm klar, dass sie sich durch sein Verhalten mehr und mehr von ihm entfernte und nach diesem Erlebnis gewiss nie Vertrauen zu ihm haben würde. Wieder einmal musste er erkennen, dass er sich selbst nicht trauen konnte und das Böse in ihm oft viel zu leicht die Oberhand gewann.
Suchend schaute er sich um und sah, dass er, einem unbewussten Trieb folgend, den Weg zur Hütte der früheren Geliebten eingeschlagen hatte. Wenn er sich in Warfield aufhielt, pflegte er sie zu besuchen, ohne ihr jedoch beizuliegen. Es machte ihm indes Freude, sie wiederzusehen, da sie Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlte und es stets vermochte, ihm das Gefühl der Ausgeglichenheit zu vermitteln. Mit ihr konnte er über Dinge sprechen, die er keinem Manne offenbaren würde, und ganz
Weitere Kostenlose Bücher