historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
ungebührlicher Form. Es ist nicht ihre Schuld, dass ich verrückt nach ihr bin. Sie ist wie sengendes Feuer in meinem Blut, und ich habe das Gefühl, innerlich zu verbrennen."
Voll Anteilnahme hatte Olwen zugehört. Adrian de Lanceys vielschichtiges Wesen hatte sich ihr zwar nie voll und ganz erschlossen, aber sie wusste, wie viel er sich abverlangte. Bei allem, was er tat, zwang er sich, bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit zu gehen und sah anderen die Schwächen viel eher nach als sich selbst. Nun schien eine junge Waliserin die Mauer, die er um sich errichtet hatte, durchbrochen und sich in sein Herz eingeschlichen zu haben.
„Treibt dich nur die Lust, dieser Maid beizuliegen?" fragte Olwen ruhig. „Könnte auch eine andere ihren Platz einnehmen?"
„Ach, wenn es doch nur ein Strohfeuer wäre!" antwortete Adrian und seufzte. „Das ließe sich schnell löschen. Nein, von Meriel erwarte ich mir viel mehr."
„Mit anderen Worten, du bist in sie verliebt."
„Verliebt?" wiederholte er grüblerisch. „Nun, nicht in dem Sinne, dass ich ihr schmachtende Blicke zuwerfe oder des Nachts überschwängliche Reime schmiede. Nein, seit ich sie zum ersten Male sah, hatte ich das Empfinden, sie gehöre zu mir wie ein bislang fehlender Teil meines Lebens. Ich meinte, nie mehr inneren Frieden zu haben, wenn sie nicht bei mir sei." Adrian lachte bitter auf und sagte trocken: „Das Gegenteil ist nun der Fall. Ich habe den Seelenfrieden verloren."
„Mich dünkt, du liebst Meriel", erwiderte Olwen, ein wenig neidisch, dass ihm so viel an diesem Mädchen gelegen war. „Du hast dich immer gehetzt und dir nie die Zeit ge nommen, jemandem von Herzen verbunden zu sein. Deshalb fällt es dir auch jetzt so schwer. Aber es gibt einen sehr einfachen Ausweg. Nimm Meriel zur Frau!"
„Ich soll mich mit ihr vermählen?" fragte Adrian verblüfft.
„Ja. Es gibt kein Gesetz, das dir die Ehe mit einer Niedriggeborenen verbieten würde. Du bist gewiss nicht auf eine Gattin angewiesen, die dir einträgliche Pfründe und größeren Einfluss bringt. Du selbst bist mächtig und reich."
Adrian ließ Olwens Rat auf sich wirken, in sich gekehrt und mit regloser Miene.
Schließlich murmelte er gedankenvoll: „Du musst mich für recht einfältig halten, weil ich nicht auf die naheliegendste Lösung gekommen bin."
„Du bist nicht dümmer als andere Männer", widersprach Olwen, leerte ihren Becher und stellte ihn neben sich ab. „Bei der Wahl einer Gemahlin spielen die unterschiedlichsten Erwägungen eine Rolle. Selbst der ärmste Bauer trachtet danach, sein Hab und Gut mittels einer geschickten Verbindung zu bereichern. Du bist im Bewusstsein deines Standes erzogen worden und der Notwendigkeiten, die du deinem Namen und deiner Familie schuldig bist.
Mich wundert es also nicht, dass du bisher keine Rücksicht auf deine Gefühle genommen hast. Wenn du überzeugt bist, dass du in Meriel dein Glück gefunden hast, dann schenkt sie dir etwas, das kostbarer ist denn jede noch so bedeutsame Brautgabe."
„Ich bin nicht sicher, dass sie mich erhören wird, selbst wenn ich ihr verspreche, sie zu meiner Gemahlin zu ma chen", wandte Adrian stirnrunzelnd ein.
„Finde es heraus", sagte Olwen gelassen und entsann sich behaglich der Zeiten, da er das Lager mit ihr geteilt hatte. Er war ein vorzüglicher Liebhaber, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass eine Frau, die den Verstand beisammen hatte, einen so attraktiven, begehrenswerten und hochgestellten Mann wie ihn ausschlagen würde. „Selbstverständlich hat ein gottesfürchtiges Mädchen Hemmungen, sich auf eine Buhlschaft einzulassen", fuhr sie lächelnd fort, „aber ich lege die Hand dafür ins Feuer, dass Meriel die Sache mit anderen Augen sieht, wenn du ihr die Ehe anträgst. Ein solches Angebot hat doch weitaus mehr Gewicht denn die Einladung, dir lediglich beizuwohnen."
„Ich fürchte, Meriel hasst mich, und das aus gutem Grund", gestand Adrian in bedauerndem Ton.
„Hat sie sich denn stets abweisend benommen?"
„Nein. Manchmal fühlt sie sich in me iner Gesellschaft sichtlich wohl, lacht und scherzt und ist sehr gelöst."
„Wohlan! Das ist doch eine gute Voraussetzung!" meinte Olwen schmunzelnd und fügte ernster hinzu: „Bist du dir darüber im klaren, dass die Edlen des Reiches dich für verrückt halten werden, wenn du eine hergelaufene Waliserin zur Gemahlin nimmst?"
„Ja, gewiss! Aber niemand hat das Recht, mir Vorschriften zu machen. Höchstens Königin Maud
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