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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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hinreißender ausgesehen. Das mit silbernen Bändern in der Taille zusammengezogene, das lichtblaue Bliaut aus schillernder Seide unterstrich die Farbe ihrer vor Glück glänzenden Augen; ein zobelgefütterter Surkot aus nachtblauem Damast war durch eine kostbare Schmuckspange vor der Brust befestigt, und ein mit Edelsteinen besetzter Reif bekränzte die das Haar verbergende, mit Perlenschnüren umwundenen Haube. Meriel war wunderschön, so bezaubernd und strahlend wie das azurne Firma ment eines sonnigen Sommertages. Aber Alan begriff nicht, warum sie ihn nicht erkannte, und fragte verwirrt:
    „Meriel, was ist mit dir?"
    „Nichts", antwortete sie und hob leicht die Brauen. „Ich bin nie glücklicher gewesen!"
    Die Erkenntnis, dass sie nicht wusste, wer er war, traf ihn wie ein Schlag. „Meriel!" sagte er erschüttert. „Erkennst du mich denn nicht?"
    Ihr Lächeln schwand, und ein Schatten schien über ihre Züge zu gleiten. „Nein", flüsterte sie scheu. „Nein, es tut mir leid."
    „Kennst du meine Gemahlin?"
    „Du Unmensch! Was hast du ihr angetan?" herrschte Alan zornbebend den Earl an und wunderte sich flüchtig, warum der Graf ihn mit einem Ausdruck eigenartig verärgerter Überraschung, ja sogar eine Spur furchtsam anschaute. Hastig griff er zum Schwert, doch eine harte Hand hielt ihn am Arm fest. Wütend wirbelte er herum und starrte einem hochgewachsenen blondhaarigen Mann in die Augen.
    „Ich bin Richard de Lancey", sagte Adrians Bruder kühl. „Wenn du etwas über Myladys Herkunft weißt, dann solltest du es uns erzählen, aber nicht hier. Komm und folge mir!"
    Der Earl of Shropshire hatte sich erhoben, half Meriel beim Aufstehen und geleitete sie um die Tafel. Unter den neugierigen Blicken und dem Getuschel der Anwesenden verließ er die Halle, gefolgt von seiner Gattin und den beiden Männern, und begab sich in sein Gemach.
    Kaum war die Tür zugefallen, riss Alan sich aus Richard de Lanceys Griff los. „Bei allen Heiligen, Meriel!" wandte er sich, alle Gebote der Höflichkeit mißachtend, an seine Schwester. „Was ist geschehen? Wenn du dich freiwillig hier aufhältst, warum weiß dann niemand in Avonleigh Be scheid? Dort hat man mir berichtet, du seist tot!"
    Bleichen Gesichtes ließ sie sich in einem Faltsessel nieder und erwiderte bekümmert: „Ich bedauere es sehr, aber ich hatte einen Unfall. Mein Gedächtnis hat gelitten."
    Schützend legte der Earl einen Arm um ihre Schultern, sah den Fremden an und fragte ernst: „Bist du sicher, dass du dich nicht täuscht? Ist sie wirklich die Frau, die du zu kennen meinst?"
    Mit wenigen Schritten war Alan de Vere bei ihr und wies auf eine winzige Narbe über der linken Braue. „Als Kind ist Meriel einmal gestürzt und hat sich hier den Kopf aufge schlagen.
    Und am Arm hat sie ebenfalls eine noch sichtbare Verletzung!"
    Langsam hob Adrian de Lancey die Hand seiner Gemahlin an, schob den engen Ärmel der weißen Seidentunika zurück und starrte auf den kleinen Fleck, der sich schwach auf der Haut abzeichnete. Jäh erfüllte ihn eisige Kälte, und er hatte den Eindruck, der Boden schwanke unter ihm. „Wer bist du?" murmelte er betroffen. „Ein Freund meiner Gattin? Ihr Anverlobter oder ihr Mann?"
    „Ihr Bruder!" entgegnete Alan de Vere aufgebracht. „Siehst du das nicht?"
    Ein ungeheures Gefühl der Erleichterung erfasste Adrian, und nach kurzem, prüfenden Blick stellte er ruhig fest: „Du hast recht. Die Ähnlichkeit ist unverkennbar."
    „Ihr sprecht, als sei ich gar nicht vorhanden", warf Meriel zaghaft ein. „Du behauptest, mein Bruder zu sein. Wie lautet dein Name, und wer bin ich?"
    Mitleid bewog Alan, in leisem, warmherzigen Ton zu erwidern: „Du bist Meriel de Vere, und ich bin dein Bruder Alan. Beaulaine, das einstige Gut unseres Vaters, liegt in Wiltshire.
    Unsere Mutter stammt aus Wales, und du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Wir beide sind die jüngsten von fünf Geschwistern. Ich zog mit Mylord Moreton in die Normandie, und überließ Avonleigh deiner Obhut. Seit zwei Sommern lebst du dort bei mir. Kannst du dich denn an nichts erinnern?"
    „Nein", flüsterte Meriel traurig.
    Alan hatte nie damit gerechnet, dass sie ihn nicht erkennen würde, falls er sie eines Tages fand, und der Schmerz, sie leiden zu sehen, überdeckte die anfängliche Freude, dass sie noch lebte. Spontan griff er in die Gürteltasche, holte den Spiegel heraus, den er in Evreux erworben hatte, und schlug das schützende Tuch zurück. Seit der

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