Historical Gold Band 251
laut. „Denn wenn du das vorhast, wäre es mir lieber, wir brächten es hinter uns.“
Richard legte den Kopf schräg und machte schmale Augen. Margaret hielt sich kerzengerade und begegnete seinem Blick. Sie würde sich von ihm nicht einschüchtern lassen. Wenn sie etwas falsch gemacht hatte, dann nur deswegen, weil es bei dieser Sache keine richtige Wahl gab. Sie brauchte ein paar Momente, bis sie bemerkte, dass er die Augen nicht deswegen verengt hatte, weil er sie einschüchtern wollte, sondern weil ihn der Widerschein der Sonne auf dem See draußen geblendet hatte.
„Bin ich in deinen Augen denn ein solches Ungeheuer?“, fragte er schließlich.
Darauf wusste sie keine Antwort. Ihr Bruder Edmund hätte sie mit Anschuldigungen überhäuft. Doch Richard war ruhiger als sein jüngerer Bruder – ruhiger und, wie sie immer gefunden hatte, freundlicher. Verständnisvoller.
Er seufzte. „Nein, Margaret, ich werde dir keine Vorwürfe machen. Ich könnte mir vorstellen, dass du schon genug zu hören bekommen hast.“ Er schüttelte den Kopf. „Sag mir – war Vater die ganze Zeit, die ich weg war, so ekelhaft wie heute Morgen?“
„Wenigstens redet er jetzt wieder“, entgegnete Margaret. Es war beinahe eine Erleichterung gewesen, als ihr Vater Richard zur Begrüßung als weibischen Dummkopf beschimpft hatte. „Er ist schon schlimmer gewesen, viel schlimmer.“
„Lieber Himmel.“ Richard klang müde. „Nun, Edmund und ich haben uns so weit von ihm entfernt, wie wir uns getraut haben. Und wir haben uns keine großen Gedanken darüber gemacht, was es für dich bedeuten würde, wenn wir dich allein zurücklassen. Ich sage das nicht gern, aber dieser Turner hatte recht. Wir haben uns dir gegenüber nicht richtig verhalten.“ Nachdenklich sah er sie an.
Dieser Turner hatte auch noch einen anderen Namen – Ash –, an den Margaret gar nicht denken konnte, ohne sein Bild heraufzubeschwören. Das Kinngrübchen, diese festen Wangenknochen. Und vor allem dieses träge Lächeln, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, als er sie angesehen und ein herrliches Geschöpf genannt hatte …
Ihr Bruder deutete ihr Schweigen falsch. „Hat er dir denn sehr wehgetan?“
Margaret schüttelte den Kopf. „Er hat mir nicht wehgetan. Ganz und gar nicht.“
„Nun, er ist ein großer, unzivilisierter Klotz. Und du hast die letzten Stunden so bleich und fahl ausgesehen. Du bist eine Dame, Margaret. Und Turner kommt mir immer sehr ungehobelt und … derb vor.“
„Derb?“
Richard winkte unangenehm berührt ab. „Er ist den Umgang mit Damen eben nicht gewohnt und nimmt keine Rücksicht auf ihr edleres Wesen.“
„Aha. Ja, mir ist er anfangs wohl auch ein wenig flegelhaft vorgekommen.“ Wie flegelhaft, das brauchte ihr Bruder nicht zu erfahren. Hatte Ash ihr wirklich gleich bei der ersten Begegnung unsittliche Avancen gemacht? Damals war sie empört gewesen. Jetzt allerdings klang es einfach nach … Ash. Sobald er wusste, was er wollte, war es seine Sache nicht, mit seinen Wünschen hinter dem Berg zu halten.
„Du bist nicht glücklich, das steht einmal fest. Ich wundere mich eben.“
„Richard …“ Sie hielt inne und sah ihren Bruder an. Er war immer noch der Mann, der sie vor all den Jahren aus dem Springbrunnen gezogen hatte. Ein wenig abgehoben vielleicht, aber freundlich. Ruhig. Er hörte ihr zu. Er wollte nicht, dass sie verletzt wurde. Und wenn ihr Wohlergehen für ihn nicht immer ganz oben rangierte, so lag das eben an seiner angeborenen Zerstreutheit.
„Richard“, gestand sie schließlich, „er hat mir gesagt, dass ich etwas bedeute.“
„Dass du was ?“
„Dass ich etwas bedeute. Dass ich wichtig bin. Nachdem ich für unehelich erklärt wurde, hat mich keiner mehr beachtet. Aber Ash Turner hat mir gesagt, dass ich wichtig bin.“
Verwirrt zog Richard die Augenbrauen zusammen. „Verstehe“, erklärte er, was in direktem Widerspruch zu seiner verdatterten Miene stand. „Die letzten Monate müssen schwierig für dich gewesen sein. Aber, Margaret, wenn das Oberhaus unserem Gesuch auf Legitimation stattgibt, ist seine Meinung unerheblich. Deswegen ist es so wichtig – lebenswichtig –, dass du, Edmund und ich Einigkeit demonstrieren. Ich habe keine Bedenken, dass das Unterhaus die Legitimation nicht durchwinkt, wenn ihnen das Gesuch präsentiert wird. Was jedoch das Oberhaus angeht …“ Er verstummte und tippte sich an die Lippen. „Es steht völlig in den Sternen, wie sie sich
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