Historical Gold Band 251
die sie entdecken konnte, war das Flattern ihres Morgenmantels. Die zarte, kunstvoll bestickte Seide fühlte sich auf ihrer Haut fast zu glatt an, nachdem sie wochenlang nur Wolle und Leinen getragen hatte. Keine besonders züchtige Garderobe, doch die Etikette schwieg sich darüber aus, was eine wohlerzogene junge Dame tragen sollte, wenn sie zu mitternächtlicher Stunde einen Mann empfing.
Nachdem sie einmal rundum gegangen war, trat er aus den Schatten. Seine Schritte waren kaum zu hören. Margaret begegnete seinem Blick. Sie wusste nicht recht, was sie sagen, wie sie anfangen sollte, und war außerstande, die Worte auszusprechen, die er hören musste. Stattdessen deutete sie auf den Setzling, den sie vor einigen Wochen gepflanzt hatte, in der Nacht, in der sie mit Erde nach ihm geworfen hatte. „Ich glaube, er schlägt Wurzeln.“
Er trat zu ihr, immer noch schweigend, und legte den Daumen auf den braunen Stock. Noch war nicht viel zu sehen – nur zwei kleine Triebe, die im Lampenlicht grün schimmerten.
„Es wird wohl ein wenig dauern. Vielleicht wäre es am besten, die Rose drinnen überwintern zu lassen. Unser Gärtner hat eine spezielle Rezeptur, die er verwendet, um das Wachstum anzuregen …“
Ash legte ihr die Finger auf die Lippen. „Du klingst, als würdest du Anweisungen erteilen.“
„Wenn der Winter kommt, wird nur noch einer von uns hier sein. Möglicherweise bin das nicht ich.“
Beim Sprechen streiften ihre Lippen seinen Daumen, ein geflüsterter Kuss.
Er umfasste ihren Kopf mit den Händen, hob sanft ihr Kinn an. „Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich, du hättest etwas … beinahe Trauriges an dir. Du hast es gut überspielt, denn du bist stark. Doch der Tod deiner Mutter liegt noch nicht so lange zurück. Mrs Benedict hat mir einmal erzählt, dass die alte Duchess Rosen sehr geliebt hat.“
Diese Wunde schmerzte noch zu sehr, als dass man daran hätte rühren dürfen. Margaret wandte sich ab.
Doch er sprach weiter. „Dein Vater scheint sich aus nichts mehr etwas zu machen. Deine Brüder waren zu sehr damit beschäftigt, ihre eigene Haut zu retten. Wann hattest du eigentlich Zeit, um deine Mutter zu trauern, Margaret?“
Sie trat ans Fenster, zu den Töpfen, die dort auf einem Brett standen. „Sie ist immer noch hier “, sagte Margaret. „Sie hat dieses Haus geliebt. Die Gärten. Vor allem die Rosen. Manchmal glaube ich fast, ihre Schritte zu hören. Ich sehe, wie sie wohlwollend nickt, wenn im Haus alles wie am Schnürchen läuft. Solange …“
Sie hielt den Atem an, als ihr bewusst wurde, was sie hatte sagen wollen.
Such dir ein Haus aus, hatte ihre Mutter ihr einmal geraten, als sie über die Liebe gesprochen hatten, nicht einen Mann. Ein Ehemann verliert mit der Zeit das Interesse an dir. Ein Haus gehört dir für immer – du bestimmst die Einrichtung, den Haushalt, das Personal, und wenn die Zeit gekommen ist, kannst du es deinem Sohn übergeben, wärmer und heimeliger, als du es vorgefunden hast. Ein Haus nimmt all deine Zuneigung in sich auf und erwidert es dir mit Liebe.
Bei ihrer Mutter hatte diese Lebenseinstellung nicht so gut funktioniert. Am Ende hatte ihr nicht einmal das Haus mehr gehört. Und egal welche Geschichten Margaret dem Haus andichtete, wenn Ash erst einmal die Zügel in der Hand hatte …
„Solange wie was?“, fragte Ash leise.
„Solange sie noch hier ist“, sagte Margaret mit zugeschnürter Kehle, „und solange hier nichts verändert wird.“
Doch im Moment veränderte sich alles. In den nächsten Monaten würden die Brüder ihren Fall vor dem Oberhaus ausbreiten. Der Zustand ihres Vaters konnte sich dramatisch verschlechtern. Sie könnte es nicht ertragen, hierzubleiben und mit anzusehen, wie die letzten Spuren ihrer Mutter ausgelöscht wurden. Und das bedeutete, dass dies der Abschied war.
Von diesem Haus. Von ihrer Mutter. Und auch von Ash.
Sie hatte es von dem Moment an gewusst, als Richard ihr auseinandergesetzt hatte, was genau eine Hochzeit mit Ash bedeuten würde. Von Anfang an war ihr klar gewesen, dass ihre gemeinsame Zeit einmal zu Ende gehen musste. Allerdings hatte sie angenommen, dass er derjenige sein würde, der den Schlussstrich zog.
Sie ging zu ihm zurück und legte ihm die Hände auf die Schultern. Er ließ es geschehen, als sie ihn rückwärts auf die Bank drückte. Doch als sie sich über ihn beugte, entzog er sich ihrem Kuss.
„Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss“, begann er.
Margaret
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