Historical Gold Band 251
zu küssen. Stattdessen hatte er sich entschieden, sie zu umwerben. Und so unlauter seine Motive auch sein mochten, spürte sie doch die Macht dieses Kompliments. Es stieg ihr nicht zu Kopfe, sondern prickelte wie Sekt auf ihrer Haut.
Wieder zerrte sie an den Bändern ihrer Schute. „Sehen Sie mich etwa so? Als wildes Tier?“
„Als kämpferisch. Fürsorglich. Nicht leicht zu besänftigen, wenn etwas Ihren Zorn erregt hat, aber ich glaube, man kann sich Ihre Zuneigung verdienen. Und Sie haben sich in einem regelrechten Dickicht an Vorschriften versteckt, welche die Gesellschaft für Sie ersonnen hat. Die Ansprüche Ihrer vornehmen Herkunft engen Sie ein, obwohl die gute Gesellschaft nie etwas für Sie getan hat. Warum setzen Sie einen Hut auf, wenn Ihnen das so unangenehm ist?“
Margaret rümpfte die Nase. Ihre Haarnadeln drückten unerträglich. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, log sie. Woher wusste er das?
„Im Laufe unseres Gesprächs haben Sie fünf Mal an Ihren Hutbändern gezogen. Warum sollten Sie einen aufsetzen, wenn er so unbequem ist? Gibt es dafür irgendeinen anderen Grund als den, dass es eben alle machen?“
„Ich werde in der Sonne schrecklich braun. Und ich bekomme Sommersprossen.“
„Nein, das klingt ja schrecklich!“ Er sprach mit übertriebener Anteilnahme und beugte sich von seinem Pferd herunter, bis seine Nase kaum einen Fuß von der ihren entfernt war. „Sommersprossen. Und welche Schrecken ziehen diese schurkischen Sprossen nach sich? Werden Leute mit Sommersprossen ins Gefängnis geworfen? An den Pranger gestellt? Geteert und mit winzigen Daunenfedern gefedert?“
„Seien Sie nicht albern.“
Er beschrieb mit der Hand einen Kreis und streckte ihr dann die Handfläche entgegen, als wollte er sie auffordern, sich näher zu erklären.
„Helle Haut – ein weißer Teint – ist zu bevorzugen“, sagte Margaret. „Ich weiß gar nicht, warum ich hier eine Tatsache verteidige, über die sich doch alle einig sind.“
„Weil ich dem nicht zustimme.“ Turner legte den Finger unter ihr Kinn. „Noch ein Grund, warum ich froh bin, kein Gentleman zu sein. Wissen Sie, warum meine Standesgenossen wollen, dass ihre Frauen blass sind?“
Margaret war sich seiner golden leuchtenden Lebendigkeit nur allzu deutlich bewusst und spürte die Wärme in seinem Finger. Sie sollte ihn nicht ermutigen. Dennoch entschlüpfte ihr das Wort. „Warum?“
„Sie wollen ein unbeschriebenes Blatt zur Frau, eine Frau, die einer leeren Leinwand gleicht. Die nur zu dem Zweck lebt, ihrem Mann als stummes Objekt zu dienen, auf das er seine eigenen Hoffnungen und Sehnsüchte malen kann. Sie wollen eine Braut, die verschleiert im Verborgenen lebt. Sie wollen eine leere Fläche, die sie mit allem füllen können, was sie sich wünschen.“
Er hob ihr Kinn an, und die Nachmittagssonne fiel auf ihr Gesicht und liebkoste es mit ihrer Wärme.
„Nein.“ Margaret wünschte, sie könnte das Wort zurücknehmen, doch was er gesagt hatte, entsprach so sehr der Wahrheit, dass es nicht zu ertragen war, und das wusste niemand besser als sie selbst. Ihre eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte hatten nichts gegolten. Bevor ihre zweite Saison vorüber war, hatte sie sich mit einem Freund ihres Bruders verlobt. Sie war ein bleiches, fades Nichts gewesen, ein bloßes Konstrukt von Anstand, Sitte und Zurückhaltung, in eine weibliche Form gepresst und mit einer ordentlichen Mitgift versehen.
Seine Stimme klang leise. „Zur Hölle mit ihren Hüten. Zur Hölle mit ihren Regeln.“
„Was wollen Sie?“ Ihre Hände zitterten. „Warum tun Sie mir das an?“
„Miss Lowell, Sie herrliches Geschöpf, ich will, dass Sie die Leinwand selbst bemalen. Ich will, dass Sie den Schleier ablegen.“ Er hob die Hand und strich ihr über die sonnenwarme Wange. Die sanfte Zärtlichkeit fühlte sich viel heißer und schwindelerregender an als die Sonne am Himmel. Sie richtete sich gerade auf, verbot sich jede Reaktion und hoffte, dass sie nicht errötete.
Sie bedeuten etwas. Sie sind wichtig. Er tat es wieder, diesmal jedoch bei ihr. Und damit bekam er einen verborgenen Teil von ihr mit derselben Leichtigkeit zu fassen, mit der er Mrs Benedict für sich gewonnen hatte. Seine geflüsterten Worte schienen intimer als die Berührung. Es war nicht gerecht, dass dieser Mann, der ihr Leben vollkommen vernichtet hatte, derjenige war, der aus dem Strudel ihrer Bedürfnisse ihre tiefste Sehnsucht herauspickte.
„Verlange ich denn zu
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