Historical Gold Band 251
der Eingangshalle zu legen. Doch sie hatte die Sache nicht zu Ende gedacht. Wäre Mr Turner derart auf Sport oder feuchtfröhliche Vergnügungen erpicht gewesen wie ihre Brüder, hätte dieser einfache Plan genügt. Doch an diesem Morgen war anscheinend sein halbes Kontor angereist – ein ganzer Trupp nüchterner Kaufleute, die eines der Torhäuser bezogen hatten. Die Männer waren Mr Turner allesamt treu ergeben und eilten geschäftig zwischen Tor- und Haupthaus hin und her. Jeder von ihnen hätte sie dabei beobachten können, wie sie einen Brief in der Eingangshalle ablegte. Sie würden sich fragen, wieso ein einfaches Dienstmädchen den Dalrymples schrieb. Ihr blieb demnach nichts anderes übrig, als den Brief in den Ort zu tragen, wo die Pfarrersfrau ihr dann helfen würde.
Durch die flirrende Mittagshitze zu gehen, hatte sich schon als ziemlich unangenehm erwiesen.
Doch auf halbem Weg wurde die brütende sommerliche Stille von Hufschlag durchbrochen. Das war kein gutes Zeichen. Margaret band den Schutenhut unter dem Kinn fester. Nachdem ihre Brüder abgereist waren, konnte es nur ein Turner sein, der da über Parford-Land trabte. Und irgendwie vermochte sie sich nicht vorzustellen, dass Mark Turner – der sanfte, freundliche Mark, der über Keuschheit schrieb – sich auf ihre Spur gemacht hatte. Das wäre zu einfach gewesen.
Das Pferd kam näher und bog um die Hecke.
Natürlich war es der ältere Turner. Der größere. Der breitere. Der gefährliche . Selbstverständlich musste ihr ausgerechnet der Mann nachsetzen, der ihr Leben zerstört hatte. Und das auch noch in dem Moment, als der letzte Rest Wäschestärke ihren Kragen im Stich ließ. Mr Turner sah aus, als hätte er gar nicht bemerkt, wie sehr die Sonne herabbrannte. Kein Schweißtropfen perlte auf seiner Stirn, und sein Gesicht zeigte keinerlei Anzeichen von Erhitzung, als er sein Pferd neben ihr zum Schritttempo zügelte. Er brachte keine Entschuldigung für seine Anwesenheit vor. Stattdessen musterte er sie von oben bis unten, von ihren staubigen Stiefelchen bis zu dem schlaff herabhängenden Schutenhut auf ihrem Kopf. Und dann lächelte er.
„Störe ich?“, erkundigte er sich.
„Sie stören immer.“ Was nichts als die Wahrheit war.
„Aha.“ Er klang ein wenig ratlos, als könnte ihn nichts mehr erstaunen als eine Frau, die nicht wusste, dass sie beim geringsten Interesse seinerseits niederknien und ihm die Füße küssen musste. Zweifellos hatte er allen Grund, verwirrt zu reagieren. Wenn sie die gewesen wäre, die sie zu sein vorgab – eine unehelich geborene Dienstbotin –, hätte er ihr zweifellos sehr gut gefallen. Einer niedrig geborenen Pflegerin wäre es egal gewesen, dass er sein Vermögen als Kaufmann erworben hatte, dass der Titel, den zu erben er im Begriff stand, durch juristische Machenschaften erlangt worden war.
Zudem musste sie einräumen, dass er ihr eigentlich nicht wie der typische Neureiche vorkam, der zwar die Taschen voller Geld, aber keinerlei Benehmen hatte. Sein Reichtum war für ihn so selbstverständlich, dass man gar nicht bemerkte, dass er erst kürzlich erworben war. Margaret rückte ihren Hut noch einmal zurecht. Doch als sie ihn hochzog, pieksten sie wieder die Haarnadeln im Nacken.
„Ihnen ist doch bewusst“, sagte er, „dass Sie mit mir reden dürfen.“
„Das ist unmöglich. Sie wirbeln so viel Staub auf, dass ich kaum Luft bekomme, geschweige denn ein Gespräch führen kann.“
Das entsprach nicht der Wahrheit. Letzte Nacht hatte es geregnet; der Boden war zwar nicht mehr feucht, aber auch noch nicht so ausgetrocknet, dass er staubig gewesen wäre.
Er widersprach dieser offensichtlichen Lüge jedoch nicht. Stattdessen wurde sein Lächeln noch breiter. „Wenn ich Sie vor mir aufs Pferd setzte, könnten Sie bestimmt wieder freier atmen.“
Allein die Vorstellung, er könnte sie auf sein Pferd nehmen, raubte ihr den Atem. Er würde sie vor sich setzen. Sie würde seine Schenkel hinter sich spüren, seine Hände, die sich an ihre Hüften schmiegten … Nein. Vom Anbiedern hatte sie noch nie viel gehalten. Und sie würde gewiss nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen.
„Warum hören Sie nicht endlich mit diesen Bemerkungen auf?“, fragte sie. „Ich habe Ihnen doch unmissverständlich klargemacht, was ich davon halte. Ein wahrer Gentleman würde es nicht auf eine zweite Zurückweisung ankommen lassen.“
„Nein.“ In seiner Stimme lag verhängnisvolle Erheiterung. „Ein Gentleman
Weitere Kostenlose Bücher