Historical Gold Band 251
war die letzte Spitze, und Ash hatte nichts darauf zu sagen. Mark ließ den Blick über seine Bücher im Raum wandern, die sauber auf dem Tisch am Fenster aufgestapelt waren. Schließlich nahm er die obersten beiden vom Stapel und verließ das Zimmer.
Im Hinausgehen stampfte er nicht einmal mit dem Fuß auf.
5. KAPITEL
M argaret betrat das Zimmer ihres Vaters. Sein Atem war zu hören, flach und pfeifend. Er lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett, seine Haut war durchscheinend wie feinstes Porzellan, und er wirkte auch ebenso zerbrechlich. Es verstörte sie, ihn so verletzlich zu sehen. Vorsichtig schloss sie die Tür hinter sich, und die Vorhänge vor den Fenstern flatterten leicht.
In ihrem Umhang hatte sie den Brief stecken, den ihr an diesem Morgen die Pfarrersfrau gebracht hatte. Richard hatte endlich geschrieben, und bis zu diesem Moment war sie noch nicht dazu gekommen, sich seine Nachricht in Ruhe durchzulesen. Nicht dass er sich beeilt hätte, mit ihr in Kontakt zu treten: Ganze anderthalb Wochen hatte er gebraucht, um seine erste Botschaft zu schicken.
In der marmornen Eingangshalle hätte sie das Wachssiegel schlecht erbrechen können. Vielleicht wäre sie dort Ash Turner begegnet. Gut möglich, dass er ihr den Brief einfach aus der Hand genommen hätte. Dann hätte er gewusst, dass sie eine jener Dalrymples war, die er so hasste.
Und dann …
Und dann ging ihre Fantasie gründlich mit ihr durch. Neun Tage war es nun her, dass sie ihm so energisch befohlen hatte, er solle sie in Ruhe lassen. Und in dieser Zeit hatte er sie einer glühenden, seelenquälerischen, willenszerstörerischen Kampagne ausgesetzt, deren Ziel … in nichts bestand. Einfach nichts. Keine Versuche, sie zu küssen. Keine Gespräche. Keine liebenswerten kleinen Komplimente, die darauf abzielten, ihre Standhaftigkeit zu untergraben und sie ihm gefügig zu machen. Beinah hätte sie dem Mann widerwillig Respekt gezollt.
Sie sah ihn Tag für Tag; dagegen konnte sie nichts tun, da er Räumlichkeiten nahe der Galerie im ersten Stock belegt hatte, die auf dem Weg zum Krankenzimmer ihres Vaters lagen. Mehrmals täglich kam sie daran vorbei. Aber meist war Mr Turner von den Männern umgeben, die er von London hatte anreisen lassen. Das Anwesen wimmelte förmlich von ihnen; vermutlich war es für einen Kaufmann unabdingbar, fleißig zu sein.
Sie fand es, gelinde gesagt, beunruhigend, dass er seinen Pflichten mit einer solchen Sorgfalt nachging.
Margaret schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verscheuchen, und öffnete den Brief ihres Bruders. Es handelte sich um zwei zusammengefaltete Blätter. Das eine Blatt, auf beiden Seiten dicht beschrieben, war für ihren Vater bestimmt. Sie legte es beiseite.
Das andere war an sie adressiert, und sie verspürte leise Freude darüber, dass er an sie gedacht hatte. Richard war ein paar Jahre älter als sie und immer freundlich gewesen. Zweifellos wusste er, wie schwierig es für sie war, sich in einem Anwesen, das sie einst geführt hatte, als Dienstbotin auszugeben. Er wusste, wie hochfahrend ihr Vater geworden war. Und vielleicht hatte er mit seinem Brief deswegen so lange gewartet, weil er sich daran erinnert hatte, dass am nächsten Tag ihr Geburtstag war.
Allein der Gedanke löste ein Gefühl tiefer Einsamkeit in ihr aus. Dieses Jahr hatte sie nämlich keine Glückwünsche von Freunden erhalten. Es wäre schön zu wissen, dass es außer Ash Turner noch einen Menschen gab, der sie nicht für selbstverständlich erachtete.
Sie faltete das Blatt auseinander. Es stand deprimierend wenig darauf, nur ein paar kurze Zeilen.
M,
hab Deinen Brief bekommen . A. Turners Anwesenheit ist schlimm genug, aber es beunruhigt mich, dass er in Begleitung von M. Turner ist. Sieh Dich vor. Er ist ein gefährlicher Bursche. Pass auf, dass Du nicht mit ihm allein bist.
Danach kam seine schwungvolle Unterschrift. Bestürzt sah sie auf die Worte.
Das war alles, was er zu sagen hatte? Kein Wort der Ermutigung, kein Wort des Dankes? Nicht einmal eine Antwort auf die anderen Briefe, die sie an ihn geschickt hatte? Am liebsten hätte sie ihm eine Gardinenpredigt gehalten, doch es hatte keinen Sinn, einen Mann zu tadeln, der weit weg war. Richard hatte viel zu tun und machte sich bestimmt genauso viele Sorgen wie sie. Er hatte sich auf das konzentriert, was er am wichtigsten fand: ihr Wohlergehen. Dagegen gab es eigentlich nichts einzuwenden.
Und doch … Mark Turner gefährlich? Die Vorstellung schien
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