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Historical Gold Band 251

Historical Gold Band 251

Titel: Historical Gold Band 251 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Willingham , Courtney Milan
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lachhaft. Richard konnte unmöglich denselben Mann meinen, den sie kannte, den Mann, der Abhandlungen über die Keuschheit schrieb. Der ruhig und gebildet sprach, was ihr Bruder natürlich nicht wissen konnte. Mark hatte ihr ein paar Handgriffe gezeigt, wie sie sich gegen unerwünschte Annäherungen zur Wehr setzen konnte. Ein Mann wie er war doch unmöglich gefährlich!
    Oder doch?
    Wenn sie es sich recht überlegte, waren da diese Lektionen. Sie hatte ihre Brüder hin und wieder beim Boxkampf beobachtet. Die Schläge waren streng reglementiert: nur mit den Fäusten, und gezielt wurde nur auf den Oberkörper, bestimmt nicht tiefer. Sie bezweifelte sehr, dass Gentlemen sich darüber austauschten, in welchem Winkel man am besten zuschlug, um einem Mann die Nase zu brechen.
    Wo, um alles in der Welt, hatte der ruhige, sanfte Mark solche ungalanten Tricks gelernt?
    Unzufrieden lehnte sie sich zurück. In diesem Augenblick schnaubte ihr Vater, der Rhythmus, in dem er atmete, war nicht mehr gleichmäßig wie im Schlaf, sondern wurde härter, unregelmäßiger. Er war aufgewacht und hustete keuchend.
    Margaret erhob sich und ging zu ihm. Es dauerte ein paar Augenblicke, sich um seine körperlichen Bedürfnisse zu kümmern – ein wenig Suppe, etwas Gerstenwasser, mehr wollte er nicht. Beim Essen schloss er ein Auge und sah sie mit dem anderen an. Seine Miene verriet leichte Verwirrung.
    Blinzelnd schüttelte er den Kopf und blinzelte noch einmal.
    „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“
    „Nein, mir geht es einfach prächtig, als wäre ich nicht älter als zehn. Ich liege nur deswegen im Bett, weil ich es so sehr genieße, faul zu sein, was denn sonst?“ Er stieß die Luft aus. „Ja, es ist etwas nicht in Ordnung, du dumme Göre. Ich sterbe, und das ist unangenehm und nicht besonders unterhaltsam.“
    Auf diese unhöfliche Ansprache gab es keine Antwort. Er war immer noch ihr Vater, doch seit dem Tag, an dem er aufgewacht war und feststellen musste, dass er nicht mehr ohne Hilfe aufstehen konnte, war er aggressiver geworden. Grausamer, härter. Derselbe Mann und doch ganz anders. Er war immer so beherrscht gewesen; vermutlich bekam ihm die Bettlägerigkeit nicht.
    „Aber denk dir nichts“, brummte er, „es geht in ein paar Minuten vorbei. So ist es immer.“
    „Willst du damit sagen, dass etwas nicht in Ordnung ist, was über das normale Maß hinausgeht? Soll ich einen Arzt rufen lassen?“
    „Warum solltest du dir diese Mühe machen? Der Arzt kann auch nur eines von zwei Dingen sagen: Entweder sieche ich im gewohnten Tempo dahin, oder es geht ab jetzt schneller mit mir zu Ende. Beides hilft mir im Moment nicht recht weiter. Mir wäre es lieber, man würde nicht an mir herumzerren, wenn ich mich zur ewigen Ruhe bette.“ Er fuhr fort zu blinzeln, und dann begann er mit dem linken Auge zu zwinkern.
    Sein Benehmen wurde zunehmend merkwürdig, doch daran konnte Margaret nichts ändern.
    Sie seufzte. „Also schön. Ich habe einen Brief für dich von Richard. Soll ich ihn vorlesen, oder möchtest du ihn lieber selbst lesen?“
    „Von wem?“
    „Von Richard.“
    Ausdruckslos starrte er sie an.
    „Du erinnerst dich doch an deinen ältesten Sohn Richard.“
    „Unsinn.“ Er schnaubte und winkte ab. „Ich habe keine Söhne.“
    Margarets Hand krampfte sich um das Blatt Papier. Das ganze letzte Jahr war bitter gewesen, aber dies war das erste Anzeichen von Vergesslichkeit, wie sie manche ältere Leute quälte.
    „Söhne“, fuhr ihr Vater fort, „können einen beerben. Da Richard das nicht kann, muss ich annehmen, dass er als meine Tochter geführt wird.“ Er begegnete ihrem Blick. „Und das heißt, dass er im Wesentlichen wertlos ist.“
    Oh. Dann war er an diesem Tag also nur ganz besonders verletzend. Nicht vergesslich. Margaret biss die Zähne zusammen. Er war krank. Obendrein unglücklich. Er war außerdem besonders grausam. Aber wenn sie jetzt aufstand und ging, würde sich niemand um ihn kümmern.
    „Nun“, sagte sie schließlich, „dann schütte ich dir noch etwas wertlose Suppe in den Rachen. Und dann schreibe ich wohl eine Antwort an Richard und tue so, als käme sie von dir. Ich werde ihm deine Liebe und Zuneigung schicken. Vielleicht füge ich noch hinzu – mir zuliebe –, dass dir eine Träne der Reue die Wange hinab rann, als du von ihm gesprochen hast.“
    „Reue?“, wiederholte er. „Etwas Besseres bringst du für mich nicht zustande? Eine schwächliche, mädchenhafte Regung wie Reue?

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