Historical Gold Band 251
Universität besucht. Für kleine Rangeleien hatten sie nie Zeit gehabt. Er war so damit beschäftigt gewesen, seinen kleinen Bruder zu beschützen, dass er möglicherweise versäumt hatte, sich mit ihm anzufreunden. Sie hatten weder miteinander gerauft noch gerungen noch geboxt. Auch keine Fechtübungen. Keine der üblichen Möglichkeiten, die ein älterer Bruder normalerweise hatte, seinen Bruder wohlwollend auf Linie zu halten.
Geschriebene Worte würden sie nie zusammenbringen, ganz egal, was Mark darüber dachte. Aber das hier … vielleicht schon.
„Na komm, Mark“, sagte Ash. „Warum zeigen wir den Damen nicht, wie man es macht?“
Vielleicht konnte Ash Miss Lowell auch ein paar Dinge von sich zeigen.
Mark lächelte rätselhaft und schüttelte den Kopf. „Was meinen Sie, Miss Lowell? Stellen Sie sich vor, ein großer, kräftiger Mann – so wie Ash – verfolgt Sie? Was würden Sie tun?“
Das war es nicht, was er beabsichtigt hatte. So angenehm es auch sein mochte, sich mit ihr in den Clinch zu begeben, er hätte dabei doch lieber auf Publikum verzichtet. Außerdem wollte er bei derartigen Spielchen auf keinen Fall eine unwillige Partnerin.
„Mark, ich kann doch keine Dame schlagen.“
„Natürlich nicht. Du könntest einfach nach ihrem Handgelenk greifen. Ganz sanft, wenn du möchtest.“ Mark senkte ein Augenlid zu einem geheimnisvollen Zwinkern, und plötzlich verstand Ash, was sein Bruder bezweckte. Es war ganz einfach. Er musste sich gegen das Unvermeidliche wappnen – einen Backenstreich, vielleicht sogar einen kraftlosen Schlag in die Eingeweide. Verletzen würde sie ihn kaum, nicht wenn er gefasst war auf den schwächlichen Stoß, den sie ihm beizubringen versuchte. Aber er könnte so tun, als hätte sie ihn verletzt. Das würde ihr Selbstvertrauen stärken. Ihr Vertrauen in ihn. Und er würde ihr so nahe kommen, dass er ihr Handgelenk berühren konnte.
Soweit er sehen konnte, hatte die Sache nicht einmal einen Pferdefuß. Man kam nicht daran vorbei: Sein kleiner Bruder war ein Genie.
„Ich weiß nicht, Mark“, sagte Miss Lowell gerade. „Ich möchte Ihrem Bruder wirklich nicht wehtun. Ich bin eigentlich kein gewalttätiger Mensch.“ Unsicher sah sie in Ashs Richtung, als wäre sie sich vollauf bewusst, dass er aufgrund der Ereignisse der letzten Nacht durchaus in der Lage gewesen wäre, ihr zu widersprechen. „Für gewöhnlich jedenfalls nicht“, schränkte sie ein.
Ash verkniff sich ein Lächeln. Wenn sie ihm wehtun könnte, dann sicher nicht dadurch, indem sie Hand an ihn legte. „Im Namen einer guten Sache erkläre ich mich einverstanden“, sagte er ernst. „Ich kann ein paar Schläge vertragen.“ Und weil er es sich nicht verkneifen konnte, fügte er hinzu: „Außerdem habe ich gegen den einen oder anderen Gewaltausbruch nichts einzuwenden.“
Sie errötete.
Mark nickte begeistert. „Wie wahr. Er ist ein Mann. Männer mögen Schmerzen. So schließen wir Freundschaften, wissen Sie.“
Es war, als hätte Mark die Gedanken seines Bruders gelesen. Ash grinste. „Männliche Vertraulichkeit wird normalerweise gemessen an dem Maß an Rohheit, auf das man in Abwesenheit der holden Weiblichkeit verfällt. Ein Mann weiß, dass er unter Freunden ist, wenn er sich keinen Zwang antun muss, wenn er brüllen kann wie ein Affe und Köpfe zusammenschlagen, dass es kracht.“ Vielleicht übertrieb er da ein wenig.
„Außerdem, wie viele Pflegerinnen können wohl von sich behaupten, sie hätten den Duke of Parford in die Knie gezwungen?“, fügte Mark mit glitzernden Augen hinzu.
Zweifellos war dies als subtiler Hinweis an Ash gedacht. Also schön. Er würde sich von ihr schlagen lassen, ein wenig torkeln und dann zu Boden fallen. Ein leichter Sieg für sie, und sein Stolz würde den Schlag verwinden können. Vor allem, da er ja wusste, wie viel dieser Sieg ihr bedeuten würde.
„Davon können Sie eines Tages noch Ihren Enkeln erzählen“, erklärte Mark.
„Dann wollen wir mal ganz entspannt loslegen.“ Ash streckte die Hand aus und griff nach ihrem Handgelenk, um sie an sich zu ziehen – nicht grob, sondern ganz sanft. Sie sah zu ihm auf, mit großen Augen, den Mund leicht geöffnet. Er war sich ihres ganzen Körpers bewusst, der dem seinen so nahe war. Er spürte ihre Wärme. Wenn sein Bruder nicht zugesehen hätte, wäre Ash versucht gewesen, sich herabzubeugen und ihren Mund mit dem seinen zu bedecken. Auch jetzt konnte er sie fast schon schmecken, so nah war sie.
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