Historical Gold Band 251
fühlte sich keineswegs gewürdigt. „Nun, wenn Sie wieder zurück in London sind, sollte Ihre erste Amtshandlung darin bestehen, ihm zu sagen, er soll zur Hölle gehen. Nein – schreiben Sie es auf. Ich will nicht, dass Sie das vergessen. Hier, ich habe Papier …“
Er hielt inne und sah auf den behelfsmäßigen Schreibtisch, den er sich im Salon eingerichtet hatte. Am Vorabend hatte er ihn leer geräumt, hatte alles Papier an seinen Platz sortiert – auch wenn er nicht viel damit hätte anfangen können.
Doch nun lag auf der eichenen Tischplatte ein einzelnes Blatt Papier, in der Mitte gefaltet. Es war von einem Keramikbecher beschwert. Einem wohlbekannten Keramikbecher, wie er nun entdeckte. Er roch noch leicht nach Honig und Muskat. In diesem Moment machte seine Müdigkeit gespannter Vorfreude Platz.
„Einen Augenblick“, sagte Ash leise. In seinen Fingerspitzen kribbelte es vor Aufregung – ein Nachhall der Überraschung, die er letzte Nacht verspürt hatte, als er Margaret nur in einem Nachthemd und einem dünnen Morgenmantel angetroffen hatte. Ihr Haar war nicht frisiert gewesen. Es lockte sich, wenn sie es offen trug, und er hatte sich danach gesehnt, mit der Hand in die seidige Fülle zu tauchen. Sie hatte ausgesehen wie eine Erscheinung aus einem seiner sinnlicheren Träume. Selbst jetzt wäre er am liebsten wieder im Wintergarten, um die Unterhaltung noch einmal zu führen, diesmal aber mit dem Zusatz, seinen lustvollen Vorstellungen nachzugeben. Allein die Erinnerung daran, welches Muster das Mondlicht auf ihre nackte Haut gemalt hatte, erregte ihn.
Aber er hatte letzte Nacht etwas Besseres gefunden als die bloße Befriedigung animalischer Triebe. Die Nacht hatte ihm nicht nur die natürlichen Kurven ihres Körpers offenbart, sondern auch bewirkt, dass sie die steife Verachtung ihm gegenüber abgelegt hatte. Ihre nächtliche Begegnung hatte etwas Ursprüngliches, Ehrliches gehabt – etwas, was die Standesgrenzen zwischen ihnen überwand, auf die sie immer so gepocht hatte. Nachdem diese Mauern gefallen waren, konnte nun alles geschehen. Alles war möglich geworden. Ash fühlte sich, als stünde er vor einem tiefen Abgrund und machte sich bereit zum Sprung. In ein paar Augenblicken würde er wissen, ob der Wind, den er ringsum spürte, ihn tragen, oder ob er in die Tiefe stürzen würde.
Er nahm das Papier. Dabei hatte er doch schon einen Bericht zurückgewiesen. Aber das hier war keine trockene Geschäftsangelegenheit. Er konnte Strong kaum bitten, ihm die Nachricht laut vorzulesen.
Ash stellte sich vor, wie sie sich in der Morgendämmerung in den Raum geschlichen und über das Tintenfass auf seinem Schreibtisch gebeugt hatte. Eine willkommene Vorstellung, auch wenn sie ihn ziemlich ablenkte – ihr glattes Kleid schmiegte sich an ihr Hinterteil, umschloss Kurven, die dazu geschaffen schienen, in seinen Händen zu ruhen. Wie war sie eigentlich in das verschlossene Zimmer gelangt? Ah ja. Der Hauptschlüssel. Damit hätte sie sich auch in sein Schlafzimmer stehlen, auf leisen Sohlen zu ihm schleichen können, ihre verlockenden Rundungen an seine Brust, seine Lenden … zum Teufel. Wenn er das letzte Nacht in Erwägung gezogen hätte, hätte er kein Auge zugetan.
Aber jetzt war nicht der rechte Zeitpunkt, sich in Fantasien zu ergehen – nicht in Strongs Beisein. Überdies hielt er ein greifbareres – wenn auch nicht so verlockendes – Stück Realität in der Hand. Vorsichtig faltete er den Zettel auseinander. Nur vier kurze Worte und die Unterschrift. Ehe er las, atmete Ash tief durch, denn es wäre ziemlich albern gewesen, nervös zu sein. Und er bemühte sich stets, Albernheiten zu vermeiden.
Vier kleine Worte. Er las sie, eines nach dem anderen: Es – tut – mir – leid. Er las sie noch einmal, um ganz sicherzugehen, doch es stand immer noch dasselbe da: Es tut mir leid, so deutlich ausformuliert, dass jeder es erkennen konnte. Auf die Entschuldigung folgte ein M und dann ein fahriger Schnörkel.
Margaret? Oder Miss Lowell ? Er konnte es nicht erkennen, und einen Augenblick überlegte er beinahe, Strong um seine Meinung zu bitten. Aber es spielte keine Rolle, wie sie sich genannt hatte. Dieser Augenblick, als sie den Klumpen Erde nach ihm geworfen hatte – nun, er hatte sich ja gewünscht, sie voll Leidenschaft zu erleben. Sein Wunsch hatte sich erfüllt. Es war zwar nicht die Leidenschaft, die er sich erhofft hatte, aber es war eine freimütige, ungekünstelte Reaktion
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