HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
und besonders schüchtern. Vor Ihnen, Mylord, scheint sie geradezu panische Furcht zu haben.“
Während des Redens arrangierte Bethany die Rosen in den Vasen. Schließlich war sie zufrieden mit dem Ergebnis. „Na bitte, sind sie nicht wundervoll?“ Sie wandte sich Kane zu, der die ganze Zeit kein einziges Wort gesprochen, sie vielmehr unverwandt angeschaut hatte, mit einem teils belustigten, teils erstaunten Ausdruck in den Augen.
„Mistress Dove hat mir erlaubt, einige Vasen zu benutzen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?“
Ihm kam in den Sinn, dass Bethany erst seit wenigen Stunden im Haus war und bereits die Namen des Zimmermädchens und des Gärtners kannte – dazu wahrscheinlich die ganze Lebensgeschichte der beiden.
„Wohin gedenken Sie die Blumen zu stellen, Miss Lambert?“
„Diese Vase hier …“, sie hob das größte der Gefäße, das sie mit weißen Rosen gefüllt hatte, hoch, „… würde sehr gut auf Ihren Schreibtisch passen. Schauen Sie nur.“ Sie rückte die Vase ein paarmal hin und her und nickte dann. „Ja, so behalten Sie freien Blick auf die Tür, und Sie können den Duft einatmen, der Ihnen die Arbeit gewiss versüßen wird.“
„Und die anderen?“ Kane atmete tief den betörenden Duft ein und hätte beinahe gelächelt. Gerade noch rechtzeitig hielt er sich zurück. Bethany sollte nicht merken, wie sehr er von der Geste angetan war.
„Ich dachte mir, dass ich die rosafarbenen Blumen Mistress Dove zur Dekoration eines der unteren Räume gebe, und die roten Rosen passen am besten auf Ihren Esstisch, finden Sie nicht auch?“
„Das wäre in der Tat eine gute Verteilung.“
„Gut, dann kümmere ich mich darum.“ Bethany hob zwei der Vasen hoch und verließ beschwingten Schrittes die Bibliothek. Kurz darauf hörte Kane sie auf der Treppe hinuntergehen, und er hörte ihre weiche, immer ein wenig atemlos klingende Stimme, als sie nach der Haushälterin rief.
Er machte sich daran, weitere Zahlenreihen in die vor ihm liegenden Listen einzutragen, hielt dann aber inne, um den Rosenduft einzuatmen. Dabei stiegen längst verloren geglaubte Erinnerungen an seine Mutter in ihm auf. Er sah sie in Gedanken vor sich, wie sie im Garten auf der Erde kniete und sich um ihre geliebten Rosen kümmerte. Bethany hatte zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Blumen nicht nur überlebt hatten, sondern vielmehr dank hingebungsvoller Pflege zu wunderschönen Gewächsen gediehen waren.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedankengänge. Der Butler trat ein.
„Mistress Dove lässt ausrichten, dass das Mittagessen angerichtet ist, Mylord.“
„Danke, Huntley. Suche bitte Miss Lambert, und bring sie in den Speisesaal.“
„Sehr wohl, Mylord.“ Huntley verneigte sich, bevor er hinausging.
Kane stand auf. Er war dankbar für die Unterbrechung, denn in seinem Leben gab es keinen Platz für derartige Tagträume. Als Nächstes würde er wohl noch anfangen, an ewige Liebe und lebenslanges eheliches Glück zu glauben.
Stirnrunzelnd begab sich Kane hinunter zum Speisesaal. Der Hund blieb ohne besondere Aufforderung dicht an seiner Seite.
„Bitte sehr, Miss Lambert, hier herein.“ Huntley ließ Bethany den Vortritt in einen Saal, der mindestens zweihundert Menschen Platz bieten konnte. In offenen Kaminen an den Längsseiten loderten Feuer. In der Mitte stand ein langer Tisch, der für zwei Personen gedeckt war.
Kane saß bereits am Kopfende der Tafel. Storm, der Hund, lag zu seinen Füßen.
„Sind wir die Einzigen, die hier essen?“ Bethany schaute sich um, und an ihrem verwirrten Gesichtsausdruck erkannte Kane, dass die hier üblichen Umgangsformen für sie ungewohnt waren.
Auf ein Zeichen des Butlers hin bewegten sich mehrere Bedienstete durch den Raum. Jeder trug ein beladenes Speisenbrett und trat vor den Hausherrn hin, damit dieser seine Einwilligung zum Auftragen gab.
„Gerösteter Entenbraten, Mylord.“ Die Haushälterin nannte mit leicht zittriger Stimme jedes Gericht beim Namen. Auf Kanes Kopfnicken hin legte ihm Huntley ein Stück auf den Teller, dann trug er Bethany von dem Fleisch auf.
„Lachs, Mylord, und hier haben wir Lammbraten. Dazu Sommergemüse aus den hiesigen Gärten sowie Fruchtmus für Ihre Biskuits. Ein Becher Ale gefällig, Sir, und Tee für die Dame?“
Bethany sah schweigend zu, wie ihr Teller immer voller wurde.
„Wünschen Eure Lordschaft sonst noch etwas?“, erkundigte sich die Haushälterin schließlich.
Kane warf Bethany einen fragenden Blick
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