HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
gesenkter Stimme ein.
„Wie sollte er das herausfinden?“
Bethany zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Glaubst du, er könnte eine Gefahr für uns darstellen?“
Der alte Lambert dachte eine Weile nach, bevor er antwortete: „Wenn wir auf der Hut sind und unsere Waffen vor ihm verborgen halten, würde er unser Schiff wohl als einfachen Frachtsegler ansehen. Wir könnten ihn auf einen Tagesausflug entlang der Küste mitnehmen und abends vor Einbruch der Dunkelheit schon wieder vor Anker gehen.“
„Er ist mit Sicherheit kein Dummkopf, aber …“ Bethany fielen keine Argumente mehr ein. „Aber ich sehe nicht, dass wir eine Wahl haben.“
„Dann bleibt nur noch die Frage, ob du damit einverstanden bist, ihm Gesellschaft zu leisten, während die Bäume geschlagen werden. Es kann mehrere Tage dauern, bevor die Männer damit fertig sind.“
Bethany dachte an die eigenartigen Gefühle, die Kane Preston in ihr ausgelöst hatte. Er übte eine gefährliche Faszination auf sie aus, die gewiss auch mit den Dingen zu tun hatte, die Edwina Cannon über ihn verbreitet hatte. Und dann fiel Bethany ein, dass sie und ihre Familie davon abhängig waren, dass die Undaunted wieder seetauglich wurde. „Ich werde es schon irgendwie schaffen, seine unangenehme Gesellschaft zu ertragen“, versicherte sie.
„Dann fahren Newt und ich am besten sogleich hinunter ins Dorf, um eine Mannschaft zum Bäumefällen aufzustellen“, verkündete Geoffrey. „Dann können die Leute gleich beim Morgengrauen mit der Arbeit beginnen.“
Der neue Tag schien viel zu früh anzubrechen. Als Bethany nach unten kam, war ihre Familie bereits zum Frühstück versammelt.
Darcy betrachtete ihre Schwester prüfend. „Wieder nur ein einfaches Hemd?“, merkte sie kritisch an. „Was ist denn mit all deinen hübschen Kleidern?“
„Ich gehe schließlich nicht zu einer von Edwinas vornehmen Teegesellschaften, sondern begleite nur die Leute zur Arbeit im Wald“, erwiderte Bethany.
„Du redest, als wolltest du selbst eine Axt in die Hand nehmen.“ Darcy lachte.
„Nun, das vielleicht nicht unbedingt. Aber da mein Besuch bei Seiner Lordschaft nur ein Teil unserer Abmachung ist und er mir keine Kleidervorschriften gemacht hat, ziehe ich mich an, wie es mir gefällt.“
Darcy unterdrückte ein Lachen. „Soll das so etwas wie eine Strafe für ihn sein?“
„Wenn du es so nennen willst.“
„Verrate uns doch“, fuhr Darcy nachdenklich fort, „ob der Earl wirklich so ein wunderlicher Kauz ist, wie man allgemein behauptet.“
„Manchmal macht er einen geradezu traurigen Eindruck“, begann Bethany ihre Schilderung. „Dann wieder ist er zornig, ein anderes Mal für meinen Geschmack viel zu überheblich. Aber Penhollow Abbey ist eines der schönsten Besitztümer, die ich jemals gesehen habe.“
Mit eindrucksvollen Gesten unterstrich sie ihre Erzählung. „Was immer wir je darüber gehört haben, entspricht den Tatsachen. Das Anwesen würde jedem Palast zur Ehre gereichen mit seinen zauberhaften Gärten und Fontänen. Und überall laufen Bedienstete herum. Der Earl führt ein Leben in einem Luxus, den wir uns nicht einmal ansatzweise vorstellen können.“
„Und du wirst all das zu sehen bekommen.“ Darcy beugte sich zu ihr hinüber. „Und wie sieht es drinnen aus, Bethany? Erzähl uns noch ein wenig mehr.“
„Die Ausstattung ist so wunderschön, vielleicht noch kostbarer als die von Hampton Court. Überall gibt es kostbarste Wandteppiche und schwere Kristalllüster. All seinen Reichtum und die Schönheit des Besitzes teilt er nur mit seinen Bediensteten und mit niemandem sonst.“
„Und wie ist seine Dienerschaft?“
„Sein Butler Huntley macht mir ein wenig Angst. Er lächelt niemals.“
„Lächelt der Earl oder sonst jemand?“
„Nein. Und seine Haushälterin scheint er nur in Angst und Schrecken zu versetzen.“
Mistress Coffey schnaufte unwillig. „Vielleicht hat sie allen Grund für ihre Ängste. Möglicherweise befürchtet sie, verprügelt zu werden, wenn sie ihm nicht zu Willen ist.“
„Aber, aber, meine Gute.“ Geoffrey tätschelte der Haushälterin begütigend die Hand. „Wir wollen unserer armen Bethany nicht noch mehr Angst einjagen, als sie ohnehin schon hat.“
„Ich habe keine Angst, Großvater.“ Trotz ihres unruhigen Herzschlags hob Bethany das Kinn und rang sich sogar ein Lächeln ab.
Auf dem Weg nach Penhollow Abbey musste Bethany unwillkürlich an den Räuber denken, der die Wälder, durch die
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