HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Panik geraten, sowie er sich irgendwo zeigte.
„Wenn du an die frische Luft gehst, wirst du einen warmen Schal brauchen“, ließ sich Winnie besorgt vernehmen. „Vielleicht könnten wir von Seiner Lordschaft auch einige Decken ausleihen.“
„Selbstverständlich.“
Bei Kanes ruhigem, geschäftsmäßigem Tonfall spürte Bethany, wie Ärger in ihr aufstieg. Was dachte er sich eigentlich dabei, sie so zu behandeln? „Ich brauche weder Schal noch Decken, Winnie. Es ist recht warm draußen.“
„Aber du könntest dich erkälten.“
„Ich bin keine Schwerkranke“, erwiderte Bethany hitzig. „Ich habe lediglich eine winzige Schnittwunde davongetragen und einen Schlag auf den Kopf. Ich fühle mich so kräftig wie eh und je, wahrscheinlich sogar noch etwas stärker als zuvor.“
„Winnie hat völlig recht“, mischte sich nun auch Mistress Coffey in die Debatte ein. „Du wirst einen Schal tragen, Bethany.“ Sie hob ihre Tasse. „Außerdem solltest du reichlich heißen Tee trinken, bevor wir abfahren. Der wird dich von innen wärmen.“
„Mir ist warm genug, vielen Dank“, sagte Bethany ein wenig patzig. Mir ist so heiß, dachte sie, und wird mit jedem Moment heißer.
„Bitte nicht diesen Ton, junge Dame.“ Mistress Coffey bedachte sie mit einem Blick, den sie über Jahre vervollkommnet hatte und der bisher noch nie seine Wirkung auf die Lambert-Schwestern verfehlt hatte. „Trink deinen Tee.“
Bethany erkannte die Zwecklosigkeit weiteren Widerspruchs und leerte ihre Tasse. Dabei bedachte sie die alten Damen mit bitterbösen Blicken. Doch lange konnte sie ihren Ärger nicht aufrechterhalten. Dazu waren ihr die ehemalige Kinderfrau und die Haushälterin viel zu lieb und teuer. Sie meinten es ja nur gut mit ihr. „Vielleicht sollten wir uns jetzt gleich auf den Weg machen“, schlug sie in versöhnlichem Tonfall vor.
„Nicht sofort“, wandte Geoffrey ein. „Ruh dich noch ein Weilchen aus, damit du auch bei Kräften bist.“
„Ich brauche kein Weilchen Ruhe, Großvater. Mir geht es sehr gut.“
„Unsinn“, widersprach Miss Mellon. „Du kannst nicht einen so schweren Schlag gegen den Kopf bekommen, dass du Stunden über Stunden nicht ansprechbar bist, und am nächsten Tag völlig genesen sein. Möglicherweise dauert es noch Wochen, wenn nicht sogar Monate, bis du dich vollständig erholt hast.“
„Ihr müsst endlich damit aufhören.“ Es fehlte nicht viel, und Bethany hätte in ihrer angespannten Verfassung mit dem Fuß aufgestampft. „Ich fühle mich kräftig genug, um an Bord der Undaunted zu segeln und es mit einer ganzen Bande von Piraten aufzunehmen.“
„Du musst dich zusammenreißen, Bethany“, rügte Mistress Coffey und warf einen verstohlenen Blick auf den Butler und Mistress Dove. Erleichtert stellte sie fest, dass die beiden zu weit entfernt standen, um von dem Wortgefecht etwas zu hören. „Du willst doch wohl nicht, dass Fremde von der Art unserer Geschäfte erfahren.“
„Nun, für diese Warnung ist es wohl ein bisschen zu spät. Kane war an Bord. Er sah unsere Kanone. Sah zu, wie sich die Mannschaft bewaffnete. Nahm sogar an dem Kampf gegen die Piraten teil. Und“, Bethany atmete tief durch, „ich habe ihm die Wahrheit gesagt über das, was wir tun. Das schuldete ich ihm, nachdem er zu meiner Rettung gekommen war.“
„Und du hast recht getan, mein Mädchen“, bemerkte ihr Großvater und wandte sich lächelnd an Kane. „Nun, junger Mann, was halten Sie von unseren Neuigkeiten?“
Kane musste sich auf die Lippe beißen, um sein Vergnügen nicht zu deutlich zu offenbaren. „Ich muss gestehen, dass ich nicht im Geringsten überrascht war.“
„Newton hat uns erzählt, Sie seien ein geübter Schwertkämpfer“, raunte Winnie im Verschwörerton. „Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen, um Sie mit eigenen Augen kämpfen zu sehen.“
„Ja.“ Bethany nickte zustimmend. „Und wusstest du schon, dass er mit einer Pistole genauso sicher treffen kann wie ich?“
Ob sie wohl wusste, mit welchem Stolz sie von Kane Preston sprach? Geoffrey räusperte sich. „Nun, wenn du meinst, dass die Heimreise nicht zu anstrengend für dich wird, Bethany, dann halte ich es für das Beste, wenn wir jetzt allmählich aufbrechen.“
Kane schob im Aufstehen seinen Stuhl zurück. „Bevor Sie abreisen, Captain, würde ich gern noch mit Ihnen unter vier Augen sprechen. Wollen Sie mir bitte in die Bibliothek folgen?“
„Ganz wie Sie wünschen.“ Geoffrey zwinkerte seiner
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