HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Aufwand“, widersprach Darcy.
Die alte Frau sah sie einen Augenblick an. „Könnt Ihr Euch vorstellen, wie lange ich schon keinen Besuch mehr gehabt habe?“
Sogleich bereute Darcy ihre Worte. Sie sah, dass Gryf zustimmend nickte, und schenkte der Frau ein warmes Lächeln. „Wir fühlen uns geehrt, zum Abendessen bleiben zu dürfen, Mrs. MacInnis. Aber ich hoffe doch, dass Ihr mich helfen lasst.“
„Ja.“ Die Alte deutete auf einen geschwärzten Topf, der über dem Feuer hing. „Es gibt Hammelbraten. Ich kümmere mich darum, während Ihr den Laib Brot aufschneiden könnt. Gebt acht, denn er ist noch warm vom Ofen.“
Darcy nahm das Tuch vom Brot und atmete den wundervollen Duft ein. Für einen Augenblick verspürte sie ein fürchterliches Heimweh, sodass sie beinahe in Tränen ausgebrochen wäre. Dieses Gefühl überkam sie völlig unerwartet. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihre geliebte Familie am Tisch sitzen. Großvater, Ambrosia, Bethany, Winnie und Mistress Coffey. Oh, wie sehr sie diese lieben Menschen plötzlich vermisste. Als sie sich ihre Gesichter vorstellte, spürte sie die enge Verbundenheit zu ihrer Familie.
Dann zwang sie sich zur Arbeit, schnitt das Brot, legte die Scheiben auf einen Teller und trug ihn zum Tisch. Ihr fiel auf, dass Gryf entspannter aussah als an all den Tagen, seit sie ihn kennengelernt hatte. Genussvoll trank er von dem heißen Tee und plauderte mit Margaret MacInnis, als hätten sie sich schon ein Leben lang gekannt.
Alle Seeleute besaßen die Fähigkeit, sich überall in der Welt wie zu Hause zu fühlen. Sie trafen fremde Menschen, die im Laufe einer Stunde oder eines Tages Freunde fürs Leben werden konnten. Gray hatte diese Gabe besessen. Darcy schloss die Augen, als die schmerzhafte Erinnerung wieder in ihr aufstieg.
„Gryf, Ihr und der Junge könnt euch in der Schüssel dort die Hände waschen.“ Margaret zeigte auf eine hübsche Schale und einen Krug.
„Komm, Whit. Wenn du dich von den Welpen losreißen kannst; Mrs. MacInnis hat uns gebeten, zum Abendessen zu bleiben.“
„Es riecht gut.“ Der Junge stand auf, und die kleinen Hunde flitzten zu ihrer Mutter, die ihre Babys sogleich säugte.
„Ja, das stimmt.“ Gryf trocknete sich die Hände an einem Leinentuch ab.
Als die beiden am Tisch saßen, reichte Margaret MacInnis ihnen einen Teller mit Fleisch, das in einer dicken Soße schwamm. Dazu gab es einen Brei aus Rüben. Als sie ihre Teller gefüllt hatten, goss die alte Frau reihum den Tee ein, griff dann in den Schrank und holte eine Flasche Whisky hervor.
„Den hab ich mir aufgehoben, falls Gäste kommen.“ Sie füllte ein Glas und stellte es vor Gryf. „Mein Mann trank ihn nur zu besonderen Anlässen. Und heute ist ein ganz besonderer Tag für mich.“
Gryf nahm einen Schluck und spürte, wie der Whisky ihm feurig die Kehle hinunterlief. Dann lächelte er die alte Frau an, hob das Glas und trank ihr zu. „Es ist auch für mich ein besonderer Tag, Mrs. MacInnis. Und für meine …“, er wandte sich Darcy und Whit zu, „… Familie.“
Er sah die Überraschung auf Whits Gesicht und das Lächeln, das Darcys Lippen umspielte. Dann wandte er sich der alten Frau zu und strahlte sie an, bevor er sein Glas leerte und sich über seinen Teller beugte.
Es war eine köstliche Mahlzeit. Nach Fieldings Pökelfleisch und harten Keksen war dies ein richtiger Festschmaus. Das Bratenfleisch war so zart, dass es sich vom Knochen löste und auf der Zunge zerging. Die Rüben waren mit einer Soße und Butter zu einem wohlschmeckenden Brei verarbeitet worden. Das knusprige Brot schmeckte besonders gut, wenn es in die Bratensoße getunkt wurde. Und als wäre all das noch nicht genug gewesen, gab es zum Nachtisch einen Pudding mit Scones, den die Engel im Himmel nicht besser hätten zubereiten können.
Als die alte Frau Whit einen Nachschlag anbot, musste der Junge dankend ablehnen. „Ich fürchte, wenn ich noch einen Bissen nehme, werde ich platzen, Mrs. MacInnis.“
Die Gastgeberin lächelte. „Genau das hat auch immer mein Robby gesagt, Junge. Oh, er war ein hübscher, großer Bursche. Aber selbst Robby konnte keine zweite Portion meines Sconepuddings verdrücken.“
Während sie Tee nachfüllte, begab der Junge sich wieder zu dem Korb und strich den nun schlafenden Welpen über das Fell.
„Es scheint, als hätten auch sie zu viel gegessen. Sie machen nicht einmal ihre Augen auf.“
„Das dürfte ihre Mutter freuen. Das arme Mädchen kommt ja nie zur
Weitere Kostenlose Bücher