HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Mellon riss sich schließlich zusammen und nahm das Heft in die Hand. Sie wusste offenbar genau, was zu tun war, und so redete sie ruhig auf Whit ein, während sie mit gezielten Handgriffen begann, die Wunde zu versorgen. „Ihr müsst jetzt alle den Raum verlassen, während ich mich um den Jungen kümmere.“
„Nein“, widersprachen Darcy und Gryf in einem Atemzug.
„Nur für eine Weile.“ Die alte Frau sprach in einem beruhigenden Tonfall. „Ich weiß, dass ihr bei ihm bleiben wollt. Aber ich muss die Verletzungen des Jungen untersuchen. Derweil könntet ihr die Zeit nutzen. Vielleicht nehmt ihr ein Bad und zieht euch etwas anderes an. Außerdem müsst ihr etwas essen, um bei Kräften zu bleiben.“ Sie wandte sich an die anderen. „Ambrosia und Bethany, ihr hebt euch eure Fragen für morgen auf. Und, Geoffrey, diese beiden jungen Leute sehen so aus, als könnten sie ein wenig Ale vertragen, ehe sie irgendetwas anderes tun.“
„Ja. Wohlüberlegt, Winnie.“ Der alte Mann ging vor ihnen die Treppe hinunter.
Während er im Salon Ale in einen Krug goss und diesen Gryf reichte, versuchte er, den Fremden nicht anzustarren. Doch es war unmöglich, diesen Mann, der Gray so sehr ähnelte, nicht anzuschauen.
„Ich denke, ich könnte auch eins vertragen, Großvater.“
„Vergib mir, Darcy.“ Der alte Mann wandte den Blick von dem Gast und lächelte seine Enkelin an, bevor er ein Glas mit Ale füllte und es Darcy reichte.
„In welcher Beziehung steht der Junge zu Euch, Gryf?“, fragte Geoffrey.
„Er ist mein Freund.“
„Ich verstehe. Dann versichere ich Euch, damit Ihr beruhigt seid, dass Winnie heilende Hände hat. Wenn irgendjemand Euren jungen Freund durch dieses Fieber bringt, dann ist es unsere liebe Winnie. Ist es nicht so, Mädchen?“
Ambrosia und Bethany nickten nur, denn sie waren nicht in der Lage zu sprechen.
In diesem Augenblick platzte Mistress Coffey in den Raum. „Die Köchin hat unser Dinner warm gehalten. Es steht alles im Speiseraum bereit.“
Darcy schüttelte den Kopf. „Ich kriege keinen Bissen herunter. Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich gerne in mein Zimmer gehen.“ Sie wandte sich an die Haushälterin. „Wo soll Eurer Meinung nach Gryf schlafen?“
„Libby richtet gerade James’ altes Zimmer her.“ Sie wandte sich dem Gast zu. „Möchtet Ihr etwas essen, bevor Ihr Euch zurückzieht?“
Gryf schüttelte den Kopf und stellte den Krug hin. „Habt Dank. Das ist sehr aufmerksam. Aber wenn Ihr nichts dagegen habt, würde auch ich mich gerne in mein Zimmer begeben. Vielleicht ruhe ich mich eine Stunde aus. Danach möchte ich wieder bei dem Jungen wachen.“
„Natürlich.“ Geschäftig eilte die Haushälterin aus dem Salon, um der Köchin mitzuteilen, dass ihre Mühe umsonst gewesen war. Auch den anderen sah man an, dass sie im Augenblick kein Verlangen nach einer Mahlzeit verspürten.
Gryf schüttelte den Männern die Hände und nickte den Damen zu, ehe er hinter Darcy den Salon verließ.
Wie zuvor ihr Großvater, versuchten auch Ambrosia und Bethany, den Fremden nicht anzustarren. Doch die Ähnlichkeit zwischen diesem Mann namens Gryf und dem jungen Burschen, den sie alle gekannt hatten, war einfach zu bemerkenswert, um darüber hinwegzusehen.
Sie warteten, bis Darcy und Gryf außer Hörweite waren. Dann flüsterten sie miteinander und stellten ihre eigenen Mutmaßungen an.
15. KAPITEL
Darcy ging die Stufen hinauf und deutete auf eine geschlossene Tür. „Dies war das Zimmer meines Bruders“, sagte sie. Ihr Raum lag gleich daneben. Sie lächelte dem kleinen Hausmädchen zu, das soeben aus der Tür trat. „Libby, das ist unser Gast Gryf.“
„Willkommen, Sir.“ Auch die Dienstmagd war offenbar nicht in der Lage, die Augen vom Gesicht dieses Mannes zu wenden. „Lasst es mich wissen, wenn Ihr irgendetwas benötigt.“
„Danke, Libby.“ Falls Gryf die durchdringenden Blicke des Hausmädchens bemerkt hatte, so ließ er es sich nicht anmerken. Vermutlich war er einfach zu erschöpft. Oder vielleicht waren seine Gedanken allein bei dem Jungen.
Darcy blieb auf der Schwelle stehen, als Gryf den Raum betrat und sich umschaute; sein Blick fiel auf das gemütliche Bett, dann auf das Nachttischchen, auf dem eine Schüssel und ein einladender Krug mit dampfendem Wasser standen.
Es war offensichtlich das Zimmer eines Seemanns. Auf dem Schreibtisch lagen immer noch unzählige Seekarten. An einer Seite des Raumes stand eine Seekiste, und an den Wänden hingen
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