Historical Lords & Ladies Band 40
zweifle ich nicht. Außerdem fühlen sich alle unserer Gäste wohl, und wenn James von einer der Platten genascht hat, bevor er sie zur Dinnertafel trug, können seine Bauchschmerzen nicht damit zusammenhängen. Bitte, Gossie, geben Sie mir Bescheid, wenn sich sein Zustand verändert.“
Als Megan in den Salon zurückkehrte, kam ihr Christian entgegen. „Irgendwelche Schwierigkeiten?“
„James hat sich den Magen verdorben, und deine hoch geschätzte Köchin war außer sich, weil sie glaubte, man würde ihr die Schuld daran geben.“
„Großer Gott. Geht es dir gut?“
„Ausgezeichnet. Und da sich keiner unserer Gäste gepeinigt am Boden windet, möchte ich den restlichen Abend genießen.“
Abgesehen von ihrer Sorge um den jungen Lakaien, amüsierte sie sich tatsächlich. Auch die Gäste schienen die Party vergnüglich zu finden, denn die mitternächtliche Stunde war längst überschritten, als die letzte Kutsche davonfuhr.
Ohne sein Gähnen zu unterdrücken, verkündete Giles, nun würde er sich zurückziehen. Mrs Gardener und Sophie waren bereits zu Bett gegangen. Auch Megan sehnte ihre Nachtruhe herbei, und Christian versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Höflich bedankte er sich für ihre Mühe und den gelungenen Abend.
Auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer sah sie, wie am Ende des Flurs die Tür zur Hintertreppe geöffnet wurde. Sichtlich erschöpft trat Wilks heraus. Megan nutzte die Gelegenheit, um sich nach James’ Befinden zu erkundigen.
„Leider geht es ihm immer noch schlecht, Miss“, erwiderte der Butler. „Aber er ist außer Gefahr. Das hat uns Dr. Sanderson versichert. Er meint, James müsste irgendwas Giftiges gegessen haben. Was das sein mag, kann ich mir nicht vorstellen, weil er nichts anderes zu sich nahm als wir alle. Vielleicht war es eine göttliche Strafe, weil er sich dauernd an den Karaffen unseres Masters vergreift. Bevor die Gäste ankamen, erwischte ich ihn wieder einmal in der Bibliothek, wo er den Brandy kostete. Natürlich ermahnte ich ihn und betonte, er solle die Karaffen füllen und nicht leeren. Da schwor er mir, er habe sich nur einen einzigen Schluck genehmigt.“
Lächelnd nickte sie dem alten Butler zu und betrat ihr Schlafzimmer. Die Theorie, James wäre vom Himmel bestraft worden, konnte man gewiss nicht ernst nehmen. Sie wollte die Tür schließen, doch dann rann plötzlich ein eisiger Schauer über ihren Rücken. Die Bibliothek – Brandy … Vor ihrem inneren Auge erschien ein klares Bild. Mr Kent, der vor dem Tischchen mit den Karaffen stand …
Ohne zu überlegen, ob ihr schrecklicher Verdacht begründet war, stürmte sie die Treppe hinab und riss die Tür zur Bibliothek auf. Christian führte gerade ein Glas Brandy an die Lippen. Ehe er sich umdrehen und feststellen konnte, wer hereingerannt war, schlug sie ihm das kostbare Kristallgefäß aus der Hand. Klirrend prallte es gegen die Wand und zerbrach.
„Zum Teufel, was soll das?“, fragte er empört. Wollte sie sich rächen, weil er so spät nach Moor House zurückgekehrt war? Aber diese Vermutung ließ er sofort fallen, als er die Angst in ihren Augen las. „Was ist los, Megan?“
„Ich – ich bin mir nicht sicher …“ Mit zitternden Fingern zog sie den Stöpsel aus der Karaffe und schnupperte daran. Aber da sie niemals Brandy trank, bemerkte sie nichts Ungewöhnliches. „Stimmt etwas nicht damit, Christian?“, fragte sie und reichte ihm die Karaffe.
Mit der erprobten Nase eines Weinkenners nahm er sofort den ungewöhnlich süßlichen Geruch wahr. Dann hielt er die Kristallkaraffe ins Kerzenlicht und entdeckte eine gewisse Trübung. In der geringen Menge, die das Glas gefüllt hatte, war sie nicht zu erkennen gewesen.
„Gerade sprach ich mit deinem Butler“, erklärte Megan. Mit wachsender Sorge beobachtete sie, wie er die Stirn runzelte und die Karaffe beiseitestellte. „Der Doktor meinte, James müsste irgendein Gift zu sich genommen haben. Am Essen konnte es nicht liegen. Und Wilks teilte mir beiläufig mit, er habe James ertappt, als dieser hier einen Schluck Brandy trank. Deshalb dachte ich …“
„ … dass mein Brandy vergiftet ist“, vollendete Christian den Satz. „Und damit hast du völlig recht. Aber wie bist du darauf gekommen?“
Instinktiv schaute sie zum Porträt hinauf, das über dem Marmorkamin hing. Es widerstrebte ihr, den furchtbaren Verdacht auszusprechen. Und so dauerte es eine Weile, bis sie erklärte: „Vor einigen Stunden erzählte ich dir, Mr Kent sei
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