Historical Lords & Ladies Band 40
betrifft – da wäre eine unverheiratete Tante namens Henrietta Christian … Nein, sie kommt wohl kaum infrage. Immerhin ist sie mindestens siebzig und angeblich etwas merkwürdig.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „War das nicht eine wunderbare Idee von Christians lieber Mama, ihren ältesten Sohn nach ihrem Nachnamen zu nennen?“
„Oh ja“, stimmte Megan zu. Da Mrs Gardener offenbar nicht mehr wusste als sie selbst, fand sie es sinnlos, das Gespräch fortzusetzen, und fragte sich, wie sie die Damen bis zur Ankunft der Gentlemen unterhalten sollte.
In weiser Voraussicht hatte sie verschiedene Notenblätter auf den kleinen Tisch neben dem Pianoforte gelegt. Nun bat sie die Damen, ihre musikalischen Talente zu zeigen. Von Lavinia gedrängt, gab ihre Tochter Eve eine populäre Melodie zum Besten. Dann folgte Sophie dem Beispiel ihrer Freundin.
Während ihres Vortrags führte Christian die Gentlemen in den Salon. Beeindruckt von ihren Fähigkeiten und dem hübschen Bild, das sie bot, ersuchte Giles seine junge Freundin, noch ein Stück zu spielen.
„Oh nein“, protestierte sie errötend, „Tante Megan kann es viel besser.“
„Und wie ich mich entsinne, singt sie sehr gut.“ Christian trat neben das Instrument. „Vielleicht lässt sie sich zu einem kleinen Duett mit mir überreden.“ Er winkte Megan zu sich, und ihr blieb nichts anderes übrig, als der Aufforderung zu folgen.
Früher hatten sie oft miteinander gesungen. Christian besaß einen wohlklingenden Bariton, der Megans klaren Sopran perfekt ergänzte – ebenso wie seine hochgewachsene Gestalt ihre zierliche Figur. Das erkannte zumindest Lavinia, die der gefühlvollen Ballade hingerissen lauschte. Sie beobachtete, wie Megans schönes Kleid bei jeder Bewegung die zarten Rundungen betonte, und war ein bisschen neidisch, weil sie nach vier Geburten ihre eigene schmale Taille eingebüßt hatte. Und sie bemerkte, dass Christians liebevoller Blick immer wieder zu seiner Partnerin wanderte. Da revidierte sie ihre zuvor gewonnene Erkenntnis. Er wollte nicht nur wiedergutmachen, was er Megan angetan hatte – sein Herz gehörte ihr schon seit langer Zeit.
Auch Megan sah die Zärtlichkeit in den dunkelbraunen Augen, die ihr fast den Atem nahm, und sie konnte sich kaum noch auf die Ballade konzentrieren. Wie durch ein Wunder beendete sie das Duett, ohne sich zu verhaspeln. Zum Glück musste sie den Wunsch des begeisterten Publikums nach einer Zugabe nicht erfüllen, weil Wilks plötzlich an ihrer Seite erschien und um ein kurzes Gespräch bat. Sie kannte den Butler und wusste, er würde niemals ohne triftigen Grund inmitten einer Gästeschar an sie herantreten. Als er ihr zuflüsterte, James sei erkrankt, folgte sie ihm ohne Zögern in die Küche, wo helle Aufregung herrschte.
Stöhnend saß James auf einer Holzbank, die Hände in seinen Bauch gekrallt, und Betsy hielt sicherheitshalber eine Schüssel bereit. Mrs Goss versuchte die schluchzende Köchin zu beschwichtigen, die einer unglücklichen Küchenhilfe vorwarf, sie habe das Abendessen „vergiftet“.
„Wurde der Arzt verständigt?“, fragte Megan in ruhigem Ton. Sofort kehrte erlösende Stille ein, und alle Dienstboten wandten sich zu ihr.
„Ein Stallbursche ist zu ihm gelaufen“, erwiderte Betsy.
Mitfühlend musterte Megan das schmerzverzerrte Gesicht des jungen Lakaien. „In seinem Zimmer hätte er es bequemer. Bringen Sie ihn nach oben, Wilks, und Sie gehen mit, Betsy. Bleiben Sie beide bei James, bis der Arzt kommt.“
Während der leichenblasse Bursche, von der Zofe und dem Butler gestützt, zur Hintertreppe wankte, richtete Megan ihre Aufmerksamkeit auf die Köchin. Die verzweifelte Frau beteuerte erneut, sie habe nichts in die Speisen gemischt, was James’ Übelkeit verursacht haben könnte.
„Das erkläre ich ihr schon die ganze Zeit, Miss Meggie.“ Hilflos breitete Mrs Goss die Arme aus. „Niemand gibt ihr die Schuld. Heute Mittag haben wir alle das Gleiche gegessen. Nur dem armen James ist schlecht geworden, und bis jetzt sind wir noch gar nicht zum Dinner gekommen. Also kann es nicht an einer verdorbenen Mahlzeit liegen.“
„Natürlich nicht“, bestätigte Megan. „Sie sind sicher nicht für James’ plötzliche Krankheit verantwortlich, Mrs Benson, wo Sie doch immer so gewissenhaft arbeiten.“
Offenbar gelang es ihr, die Frau zu beruhigen. „Seit dreißig Jahren koche ich in diesem Haus, Miss Megan, und noch nie ist jemandem schlecht geworden.“
„Daran
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