Historical Lords & Ladies Band 40
warmen Schankraum geleitete.
„Verzeihen Sie, Hodgson“, begann Christian, „wäre es nicht so dringend, hätte ich Sie niemals zu dieser unchristlichen Stunde aus dem Schlaf gerissen. In den letzten zwei Wochen haben Sie einen Mann namens Kent beherbergt, der heute – nein, gestern Nachmittag vermutlich abgereist ist.“
„In der Tat, Sir, ein Kunstmaler …“ Der Wirt kratzte sich am Kopf. „Nicht, dass ich ihn jemals mit einem Pinsel in der Hand gesehen hätte.“
„Und gestern Morgen traf ein gewisser Mr Whittle ein.“
Die Erwähnung dieses Namens weckte Hodgons Entrüstung von Neuem. „Aye, Sir. Der wollte für mehrere Tage ein Zimmer mieten. Und nach Mr Kents Abreise ist er verschwunden. Aber ich darf nicht klagen. Wenig später kam jemand an, der sich für eine Nacht einquartierte.“
Nachdenklich hob Christian die Brauen. Konnte dieser Gast der zweite Polizist sein, der seltsamerweise nicht nach Moor House zurückgekehrt war? „Heißt der Gentleman zufällig Crabtree?“
„Ich meine, ja“, erwiderte der Wirt, etwas verwundert, weil Mr Blackmore das wusste.
„Großartig! Wecken Sie ihn.“
Hodgson zögerte, stapfte aber aus dem Schankraum, als Christian versicherte, das sei völlig in Ordnung. Dabei murmelte er etwas über gewisse Mitglieder des Landadels vor sich hin, die offenbar glaubten, man müsste ihnen Tag und Nacht zu Diensten sein.
Um den Wirt zu besänftigen, bestellte Christian eine Flasche Rum, nachdem Crabtree erschienen war. Er füllte sogar ein Glas für Hodgson und meinte, das würde ihm helfen, bald wieder einzuschlafen. Dann setzte er sich mit dem Polizisten an einen Ecktisch und fragte, warum er nicht nach Moor House zurückgekommen sei.
„Es war schon ziemlich spät, Sir, und ich wollte Ihre Party nicht stören.“
„Wie ich einer Erklärung des Wirts entnahm, hat Ihr Partner meinen Widersacher verfolgt, der gestern Nachmittag abgereist ist. Wissen Sie, wo die beiden jetzt sind?“
„Aye, Sir, ich mietete ein Pferd und ritt hinterher. Die Mietkutsche, in der Kent saß, verlor ein Rad, und das kann erst morgen früh ersetzt werden. Deshalb stiegen die beiden in einem Gasthaus ab, sechs Meilen von hier. Allem Anschein nach will Kent wirklich nach London fahren, Sir, und so sind Ihre Probleme gelöst.“
„Damit gebe ich mich nicht zufrieden.“ Christian schilderte die Ereignisse des letzten Abends. „Nun möchte ich den Bastard zur Rede stellen, und dabei brauche ich Sie und Ihren Partner als Zeugen.“
„Kann ich verstehen.“ Crabtree leerte sein Glas in einem Zug, um einen plötzlichen üblen Geschmack in seinem Mund zu bekämpfen. „Wenn ich irgendwas verabscheue, dann sind es Giftmörder. Solche Methoden finde ich widerlich und feige.“
„Zum Glück ist mein junger Lakai außer Lebensgefahr. Während er sich an meinem Brandy vergriff, wurde er ertappt, und so nahm er nur einen kleinen Schluck. Hätte er ein oder zwei Gläser getrunken, wäre er vermutlich gestorben.“
Der Polizist nickte. „Also wollen Sie Kent morgen früh die Meinung geigen?“
„Nein, jetzt. Da ich auf meinen Schlaf verzichte und Sie kaum ein Auge zugetan haben – warum sollten wir ihm seine Nachtruhe gönnen?“
Der Wirt des „Three Bells“, eines hübschen Gasthofs an der Straße nach London, war ebenso wenig erfreut wie zuvor Hodgson, als er aus dem Bett gescheucht wurde. Wenn ihm der Name Blackmore auch nichts sagte – die Wünsche eines Londoner Polizisten durfte er nicht ignorieren. Hastig schlüpfte er in seine Breeches, stopfte sein zerknittertes Nachthemd in den Hosenbund und schloss die Tür auf.
Diesmal entschuldigte sich Christian nicht für die nächtliche Störung, kam sofort zur Sache und fragte, in welchen Zimmern Kent und der Polizist namens Whittle schlafen würden. Dann beauftragte er Crabtree, seinen Kollegen zu wecken, und beschwichtigte den Wirt auf ähnliche Weise wie vorhin Hodgson, indem er ihn ersuchte, zwei Flaschen vom besten Brandy aus dem Keller zu holen.
Entweder hatte Whittle einen leichten Schlaf, oder er war bereits wach gewesen. Sobald Christian drei Gläser gefüllt hatte, betraten beide Polizisten die Schankstube.
Mit köstlichem Brandy gestärkt, stiegen die drei Männer die schmale Treppe hinauf. Christian eilte mit einer Kerze voraus. Erwartungsgemäß war Kents Tür versperrt. Aber die kräftig gebauten Beamten mussten ihre Schultern nur kurz gegen das wurmstichige Holz stemmen, um Christian und sich selbst Zutritt zu
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