Historical Lords & Ladies Band 40
Megans rätselhafte Worte nach.
Vor sechs Jahren hatte Louisa den Tod gefunden – fast auf den Tag genau und um die gleiche Tageszeit. Ein Zufall? Die Augen zusammengekniffen, starrte er das bunte Glas an. Was hatte Megan gemeint? Was hatte Louisa und sie selbst veranlasst zu stolpern? Nur in der Körpergröße waren sie einander ähnlich. Er ging ein wenig in die Knie, betrachtete Sebastians Bild und konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Und dann glitt die Sonne hinter einer Wolke hervor. Der Ring am Finger des Mönchs verstärkte die hellen Strahlen, blendendes Licht stach in Christians Augen. „Heiliger Himmel“, flüsterte er. Megan hatte recht. Sebastian war tatsächlich der Missetäter gewesen.
16. KAPITEL
A ls Christian am nächsten Morgen das Schlafzimmer seiner künftigen Ehefrau betrat, saß sie hellwach im Bett, von einem Kissenberg gestützt. Abgesehen von der Beule an ihrer Stirn wirkte sie unversehrt, aber er wusste, dass dieser Eindruck täuschte. Am Vortag hatte ihm der Arzt erklärt, Megan habe mehrere Rippenprellungen erlitten.
Christian setzte sich zu ihr und hauchte einen zarten Kuss auf ihre Stirn, möglichst weit von der Beule entfernt. „Wie fühlst du dich heute Morgen, Liebling? Betsy versicherte mir, du hättest die ganze Nacht geschlafen.“
„Kein Wunder – nachdem dein Arzt mir das Laudanum wie Milch verabreicht hat.“
„Ja, unser guter Doktor geht immer sehr gründlich vor“, bemerkte er und erinnerte sich an ähnliche Erfahrungen, die er nach seiner Schussverletzung gemacht hatte. „Zum Glück bist du nicht ernsthaft verletzt – schon gar nicht im Gehirn“, fügte er lächelnd hinzu. „Einen solchen Schaden hat Giles nämlich befürchtet, als du sagtest, Bruder Sebastian wäre an Louisas Tod schuld.“
„Dieser unverbesserliche Junge!“, schimpfte Megan in gespieltem Zorn. Sie erinnerte sich in allen Einzelheiten, was vor ihrem Sturz geschehen war. Sie hatte Christian angeschaut und sich dann abgewandt, um die restlichen Stufen hinabzusteigen. Plötzlich war ihr ein blendender Sonnenstrahl direkt in die Augen gefallen. Sie schüttelte den Kopf und verstand nicht, warum es so lange gedauert hatte, das Rätsel um Louisas Tod zu lösen. „Wieso hat in all den Jahren niemand erkannt, wie gefährlich dieses Fenster ist?“
„Dafür gibt es mehrere Gründe, Liebling. Während meines Aufenthalts in Indien stand das Haus meistens leer, vom Personal abgesehen. Giles kam nur selten hierher, und die Dienstboten benützen meistens die Hintertreppe. Und ich glaube, das bunte Glas bedroht nur Menschen von einer bestimmten Körpergröße. Außerdem ereignet sich das Phänomen nur zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten, wenn die Sonne noch tief am Himmel steht. Wie auch immer, ich lasse Bruder Sebastian sofort in die Abtei zurückbringen, wo er hingehört. Später soll ein neues Fenster in die Mauer eingebaut werden, an einer anderen Stelle, damit das Licht nicht auf die Treppe fällt.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Übrigens, da Mrs Goss in den Ruhestand treten möchte und Betsy die Pflichten einer Haushälterin übernehmen wird, brauchst du eine neue Zofe. Und ich glaube, ich habe einen idealen Ersatz für Betsy gefunden.“
Interessiert hob Megan die Brauen. „Oh, tatsächlich?“
Christian erzählte, er habe die Zofe seiner verstorbenen Frau in London aufgespürt und besucht. „Bei ihren jetzigen Arbeitgebern ist sie nicht glücklich. Deshalb bot ich ihr eine Stellung in Moor House an. Das wollte sie sich erst einmal überlegen. Heute Morgen bekam ich ihren Brief, und Ende nächster Woche wird sie bei uns eintreffen. Als er Megans skeptischen Blick bemerkte, beteuerte er hastig: „Emily Mosley ist eine anständige, ehrliche Frau. Mir ist sie besonders ans Herz gewachsen, denn sie beobachtete Louisas Sturz, und danach versicherte sie allen, die danach fragten, es sei ein Unfall gewesen. Natürlich verstehe ich dein Widerstreben, die Zofe meiner ehemaligen Frau in deine Dienste zu nehmen. Aber ich glaube, du wirst keine Schwierigkeiten mit ihr haben. Sie ist sehr tüchtig. Und sie war Louisa keineswegs treu ergeben.“
„Also gut …“, stimmte Megan nach kurzem Zögern zu. Es wäre ungerecht, die Frau abzulehnen, nur weil sie für die verstorbene Mrs Blackmore gearbeitet hatte. Außerdem vertraute Megan auf Christians Menschenkenntnis.
„Danke, mein Liebling“, erwiderte er und griff in seine Tasche. „Als ich in London war, nutzte ich die
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