Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
vorschlagen, Mylord.“
Missmutig presste Lucian kurz die Lippen zusammen. Die traurige Wahrheit war, dass er sich überhaupt nicht mit ihr unterhalten wollte. Seit zehn Minuten betrachtete er selbstvergessen Graces schönes Profil, da sie das Gesicht von ihm abgewendet hatte – den grazilen Schwung ihres zarten Halses, das kleine Kinn, die roten, einladenden Lippen. Plötzlich konnte er an kaum etwas anderes denken als daran, diese Lippen zu küssen.
Ein Kuss.
Ein einziger Kuss …
Nein, verdammt. Die Sehnsucht nach einem einzigen Kuss von dieser Frau hatte sie beide überhaupt erst in diese Lage gebracht. Weil er sich in jener Nacht nicht mit einem Kuss zufriedengegeben hätte. Er hatte so viel mehr von ihr gewollt als das – das Gefühl ihrer samtweichen Haut auf seiner, seine Hände auf ihren wundervollen Brüsten …
„Wollen wir im Garten spazieren gehen?“ Lucian trat abrupt zurück, kaum dass er den Vorschlag gemacht hatte, um ihr den Vortritt die Steinstufen hinunter zu lassen.
Sie zögerte und betrachtete ihn misstrauisch. Mit ihm allein zu bleiben, war gefährlich. Gefährlicher, als sie sich vorgestellt hatte, als sie ihm an jenem Abend in der Herberge begegnet war. Damals war er ihr aufregend, wenn auch hochmütig erschienen. Heute jedoch, umgeben von den glanzvollen, mit Juwelen geschmückten Mitgliedern des ton , war ihr der Unterschied zwischen ihm und ihnen noch bewusster geworden.
Die meisten Gespräche waren verstummt, als Lord Lucian an der Tür zum Ballsaal erschienen war, den Blick herablassend auf die dort versammelte Gesellschaft gerichtet. Männer und Frauen gleichermaßen hatten ihm Platz gemacht, jede seiner Bewegungen verfolgend – die Männer neidvoll, die Frauen begehrlich –, und Grace hatte begriffen, dass Lord Lucian St Claire bewundert, aber gleichzeitig auch gefürchtet wurde.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als die gleiche Furcht auch in ihr erwachte – aber sie fürchtete ihn aus einem ganz anderen Grund.
„Vielleicht sind wir schon zu lange hier draußen, Mylord.“
Sein Lächeln war zynisch. „Wir sind verlobt, Grace. Ich bezweifle sehr, dass irgendjemand mich beschuldigen würde, meine eigene Verlobte in Lady Humbers’ Garten verführen zu wollen.“
Grace war sicher, dass niemand es wagen würde, ihn wegen irgendetwas zu beschuldigen, was immer es auch war.
Warum war ihr diese dunkle Seite an ihm nicht aufgefallen, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte? Und nachdem sie Zeugin seiner quälenden Albträume geworden war, warum hatte sie nicht die Vernunft besessen, sofort den Raum zu verlassen? Warum hatte sie sich in eine Lage gebracht, in der sie völlig in seiner Gewalt war?
Entschlossen straffte sie die Schultern. „Es ist mein Wunsch, in den Ballsaal zurückzukehren, Mylord.“
Doch er begegnete ihrem Blick mit der gleichen Entschlossenheit. „Und es ist mein Wunsch, liebe Grace, mit Ihnen einen Ort aufzusuchen, wo unsere Unterhaltung nicht belauscht werden kann.“ Er blickte finster zu einem anderen Paar hinüber, das auf die Terrasse geschlendert kam. Der Mann schien seinen Unwillen zu bemerken, denn er flüsterte seiner Begleitung etwas ins Ohr, und gleich darauf betraten beide hastig wieder den Ballsaal.
Grace schüttelte fassungslos den Kopf. „Haben Sie Napoleons Armee eigentlich ganz allein in die Flucht geschlagen, Mylord?“
„Nicht ganz“, erwiderte er trocken.
Sie lächelte spöttisch. „Nun gut. Ich werde mit Ihnen im Garten spazieren gehen, damit Sie mir sagen können, was so wichtig ist, dass es niemand belauschen darf.“ Und damit ging sie die Stufen in den Garten hinunter.
Das Mädchen ist kaum aus dem Schulzimmer heraus, dachte Lucian erstaunt, während er ihr folgte. Zumindest was die Erfahrung anging, wenn schon nicht ihr Alter. Und doch gelang es ihr, sein Interesse zu wecken und zu halten. Ganz anders als bei den meisten anderen Frauen fand er ihre Gesellschaft weder langweilig noch ermüdend. Stattdessen ertappte er sich dabei, wie er sich voller Erwartung fragte, was sie als Nächstes sagen oder tun würde!
Vielleicht war es unklug von ihm, mit ihr hier draußen zu verweilen. Vielleicht? Natürlich war es unklug! Aber Grace war so schön, so elegant, dass er jede Vorsicht außer Acht ließ.
Sie reichte ihm gerade bis zu den Schultern. Ihre dunklen Locken glänzten blauschwarz im Mondlicht, ihr Gesicht war alabasterweiß, ihre Augen schimmerten silbern, und die verführerischen Brüste hoben und
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