Historical Platin Band 04
den Statthalter an und sagte leichthin: „Das mag sein, Sire, trifft indes leider nicht auf Euch zu. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich Euch betören kann.“
Schmunzelnd dachte er daran, wie sehr sie sich gleich nach der Abreise aus der Veste Brissac bemüht hatte, die Hauptleute und ihn zu umgarnen. Sogar Barthélemy war ihr eifrig zu Diensten gewesen, hatte ihr bei jeder Rast galant vom Reisewagen und vor dem Aufbruch wieder hinaufgeholfen. Und so mancher Ritter hätte angesichts ihrer koketten Blicke und ihres verfänglichen Lächelns sicherlich gern die Chance gehabt, eine Weile mit ihr allein zu sein.
„Ein Mann müsste aus Stein sein, Demoiselle de Brissac“, erwiderte Richard erheitert, „um gegen Eure Reize gefeit zu sein. Ihr solltet indes nicht mich zum Ziel Eures Interesses erküren, eher jemanden, der sehr viel jünger an Jahren ist.“
„Ihr, der Ihr ein wackerer Haudegen seid, wisst gewiss, wie viel prickelnder es ist, etwas zu erstreben, das nicht so einfach zu erlangen ist“, entgegnete Isabeau belustigt und legte ihm sacht die Hand auf den Arm. „Würdet Ihr mir die Ehre erweisen, mich zur Tafel zu geleiten?“
Unsicher sah er zur Gattin hinüber.
Sie fing seinen Blick auf, hob hochmütig eine Braue und unterhielt sich dann wieder mit Madame de Victot.
Er zuckte leicht die Achseln, nahm sich vor, ihr später Vorhaltungen zu machen, und führte Mademoiselle de Brissac zu einem Platz unterhalb der Empore, wo die Herzogin tafelte. Dann gesellte er sich zur Gattin, nahm sie während des Festmahles jedoch kaum zur Kenntnis und widmete die Aufmerksamkeit vornehmlich der zu seiner Rechten sitzenden Fürstin.
Das Bankett war reichhaltig und wurde von den Klängen fahrender Spielleute untermalt. Inmitten der tafelnden Gesellschaft zeigten Jongleure und Gaukler ihre Kunst; Possenreißer reizten alsbald die Trunkenen mit derben Späßen zu Lachsalven.
Als die Süßspeisen aufgetischt wurden, fand Richard, er sei gesättigt, stand auf und schlenderte zu Mademoiselle de Brissac hinüber.
„Glaubt Ihr, man wird tanzen?“, erkundigte sich Isabeau eifrig.
„Ich fürchte ja“, antwortete Richard trocken.
Voller Eifersucht beobachtete Mellisynt ihn und die ihn schamlos anlächelnde Demoiselle und ballte vor Zorn die Hände zu Fäusten. Einen Herzschlag später hielt sie sich vor, sie sei töricht, sich darüber aufzuregen, dass er mit einem anderen Weib tändelte. Sie konnte es ohnehin nicht verhindern. Dennoch schmerzte sein Verhalten sie zutiefst, da sie nach der körperlichen Vereinigung mit ihm geglaubt hatte, ihm sei an ihr gelegen. Aber sie durfte der Beziehung zu ihm wahrscheinlich nicht übermäßig viel Bedeutung zumessen, da er sie nur geheiratet hatte, um an Liegenschaften und Wohlstand zu gelangen.
Auch sie hatte ihn lediglich aus dem Wunsch, Trémont verlassen zu können, zum Gemahl genommen. Er erfüllte nur die ehelichen Pflichten, wenn er ihr beilag, und sie ließ es geschehen, weil sie sich nach einem Kind sehnte. Gewiss, im Bett hatte sie ihr bisher unbekannte Wonnen erfahren, doch allein das war kein Anlass, ihm gram zu sein, wenn eine andere Frau ihm schöne Augen machte.
„Euer Gatte hat die Gesellschaft durch eine hübsche Maid bereichert, Madame.“
Überrascht drehte sie sich zu dem hinter ihr stehenden Seigneur de Beauchamps um. „Die Demoiselle de Brissac ist von liebreizendem Angesicht“, überwand sie sich zu sagen.
„Indes noch recht jung und nicht zu vergleichen mit …“ Roger hielt inne, da die Herzogin das Zeichen gab, der Tanz möge beginnen. Unverzüglich standen einige der Geladenen auf, um Aufstellung zu nehmen. Die Musikanten huben an zu spielen, und die Damen und Herren verneigten sich voreinander.
„Wenn Ihr erlaubt“, sagte Roger und schaute erwartungsvoll Madame d’Edgemoor an.
„Ich bedauere, Sieur“, erwiderte sie ruhig. „Ich tanze nicht.“
Unbeirrt ergriff er ihre rechte Hand und wollte mit ihr gehen.
Sie sträubte sich, merkte indes, dass sie bei den Umstehenden Aufmerksamkeit erregte, und gab widerstrebend nach. Geschickt raffte sie mit der Linken die Röcke und ließ sich von ihm zu den anderen Tänzern führen.
„Macht kein so ängstliches Gesicht, Madame“, riet er ihr schmunzelnd. „Mehr als stolpern könnt Ihr nicht.“
„Das wäre schlimm genug“, murmelte sie, stieß versehentlich gegen eine Dame und entschuldigte sich hastig. Nach einem Weilchen schwand die Befangenheit, und sie tat die ungewohnten Schritte
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