Historical Platin Band 04
Euch zu heiraten.“
Der Temperamentsausbruch hatte Mellisynt erleichtert, ihr jedoch nicht vollends den Widerwillen gegen den Herzog genommen. „Würdet Ihr Euch so verhalten, hättet Ihr eine Tochter?“, fragte sie bang. „Würdet Ihr für sie die Verbindung mit einem Mann anstreben, durch die Ihr dann größeren Einfluss bekämt? Wäre es Euch gleich, ob ihr dann ein freudloses Dasein beschieden ist?“
„War Euer Leben so düster?“
„Ja!“, antwortete Mellisynt erregt. „Ich will indes nicht Euer Mitleid erheischen. Ich möchte nur, dass Ihr Verständnis für die missliche Lage einer Maid habt, die einem ihr nicht genehmen Chevalier zur Gemahlin gegeben wird. Und ich bestehe darauf, wie es mir rechtens zukommt, Euer Versprechen zu haben, dass unsere Tochter, sollte Gott der Herr uns eine schenken, nicht gewissenlos verschachert und es ihr ermöglicht wird, eine liebevolle Ehe zu führen.“
„Liebe ist ein weiter Begriff“, entgegnete Richard achselzuckend. „Wie Ihr, Madame, habe ich in meinem Leben diese hehre Form der Minne, wie Troubadoure sie in ihren Versen beschreiben, nicht gefunden. So wir uns gegenseitig vertrauen, achten und aufrichtig zugetan sind, können wir zufrieden sein.“ Als die Gattin offenbar einen Einwand machen wollte, hob er Schweigen gebietend die Hand und fuhr fort: „Ich kann Euch nicht versprechen, dass der Gatte, den ich unserer Tochter, so wir eine haben sollten, erwähle, ihr mehr denn Respekt und Leidenschaft entgegenbringt. Indes bin ich gern bereit, Euch das Recht der Mitsprache bei der Wahl eines Gatten für unsere Tochter zu belassen.“
Zufrieden schaute Mellisynt den Gemahl an. Nach Brauch und Sitte stand es ihr zu, bei der Verwaltung des Besitzes und die Familie betreffenden Entscheidungen ihre Meinung einzubringen. Es beruhigte sie, dass er nicht gegen dieses Recht zu verstoßen gedachte.
In der kurzen Zeit, die sie ihm angetraut war, hatte er sich erstaunlich rücksichtsvoll benommen. Abgesehen von seinem im Allgemeinen schroffen Ton und der unverkennbaren Verärgerung, weil sie die Fibel nicht angesteckt hatte, war er zu ihr aufmerksam, höflich und zuvorkommend.
„Habet Dank“, sagte sie gerührt. „Ich bereue, Sire, dass ich mich aus falsch gelenktem Groll dazu hinreißen ließ, Eure Morgengabe an diesem Abend nicht zu tragen, und erbitte Euer Pardon.“
„Nein“, warf Richard kopfschüttelnd ein.
„Wie soll ich das verstehen?“, erkundigte Mellisynt sich beklommen.
„Es genügt nicht, dass Ihr mich um Vergebung bittet. Ihr sollt wissen, dass ich kein ungebührliches Ansinnen an Euch richten werde, hingegen die an Euch gerichteten Wünsche ausgeführt sehen möchte. Ihr werdet mir stets zu Willen sein!“
7. KAPITEL
Mellisynt schlug die Lider auf und reckte sich wohlig. Sie hatte eine wundervolle Nacht mit dem Gemahl verbracht, drehte sich sacht zu ihm hin und schob behutsam seinen über ihr liegenden Arm von sich. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, verließ sie die Schlafstatt, tappte leise durch die Kammer und nahm das Leinenhemd von der Truhe. Rasch schlüpfte sie, in der Kühle fröstelnd, in das Unterkleid, ging zum Kamin und schürte die Glut. Sobald die ersten schwachen Flämmchen aufzüngelten, legte sie Reiser und zwei Scheite nach und dachte an das stürmische, besitzergreifende Liebesspiel des Gatten.
Je mehr sie über die Minne nachgedacht hatte, der die Troubadoure huldigten, desto wünschenswerter erschien es ihr, die reine, allumfassende Liebe mit dem Eros verbinden zu können. Allerdings glaubte sie nicht, dass eine solche Beziehung erreichbar sei. Verhalten stöhnend richtete sie sich auf, huschte zum Kasten und nahm eine Cotte heraus.
„Mit der Zeit wirst du keine Schmerzen mehr empfinden, wenn ich dich in Besitz genommen habe“, rief Richard ihr schmunzelnd zu.
Sie zuckte zusammen, drehte sich zu ihm um und sah ihn aufrecht im Bett sitzen. „So wir häufiger mit solcher Heftigkeit zueinanderfinden wie in der verflossenen Nacht, werde ich gewiss vorzeitig altern und bald sterben“, erwiderte sie lächelnd und streifte sich das Gewand über. „Jetzt begreife ich, warum man den Augenblick der Ekstase auch den kleinen Tod nennt.“
Richard betrachtete sie stolz und sagte, leicht die Stirn furchend: „Deine Garderobe lässt zu wünschen übrig. Ich finde, du solltest bei Hofe glänzen und dir daher neue Gewänder machen lassen. Geh zum Markt und such dir die Stoffe aus, die
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