Historical Platin Band 04
warten müssen. Nach dem langen Ritt sind sie gewiss hungrig.“ Nach einer knappen Verbeugung zog er sich zurück, ohne die Tür zu schließen, da ihm die Mägde mit Zuber und Schaufen dampfenden Wassers entgegenkamen.
Betroffen sah Mellisynt nicht nur Madame Sethfried, sondern auch Mademoiselle de Brissac und Dame Catherine de Bressé das Gemach betreten. Die Bademägde stellten das Schaff vor den Kamin und begannen dann, sie zu entkleiden.
„Wie kommt es, Madame, dass alle Eure Sachen so nass sind?“, wunderte sich Isabeau.
„Ich hatte sie, derweil ich schwimmen ging, auf einem Stein abgelegt“, antwortete Mellisynt wahrheitsgemäß. „Doch dann setzte die Flut ein, und ich kehrte ans Ufer zurück. Im gleichen Moment sah ich meinen Gemahl und habe nicht mehr an meine Gewänder gedacht.“
„Das ist verständlich“, warf Sethrid schmunzelnd ein. „So, und nun steigt in den Zuber, Mylady. Ihr wollt Euch doch gewiss nicht erkälten!“
Geschwind setzte Mellisynt sich in die Bütte und sank bis zum Hals im wohltuend heißen Wasser ein.
„Ich bedauere, Madame, Euch sagen zu müssen, dass ich Euer Verhalten einer Dame von Stand nicht angemessen finde“, äußerte Isabeau tadelnd.
„Ihr, Demoiselle Isabeau, könnt gar nicht beurteilen, wie ein verheiratetes Weib beim Wiedersehen mit dem lange abwesenden Gemahl reagiert“, warf Catherine spitz ein. „Solange Ihr ohne Gatten seid, solltet Ihr Euch solcher Ansichten enthalten!“
Sethrid warf Madame de Bressé einen warnenden Blick zu.
Im Stillen stöhnte Mellisynt auf. In den verflossenen Monaten war es zunehmend offenkundiger geworden, dass die Frau des Hauptmannes und Mademoiselle de Brissac sich nicht mochten. Vielleicht wäre diese Feindschaft nicht entstanden, wenn der Hauptmann sich nach der Ankunft auf Edgemoor nicht so galant zu der Demoiselle benommen oder es in der Burg einen für sie interessanten Chevalier gegeben hätte. Leider war das nicht der Fall, sodass Mademoiselle de Brissac sich immer wieder um den Hauptmeister bemühte, erst recht, seit dessen Weib ihr Vorhaltungen gemacht hatte. Die Folge war ein ständiger Zwist zwischen den beiden Frauen.
„Ich werde bald unter der Haube sein“, verkündete Isabeau stolz. „Sicher wird Seine Gnaden mir mitteilen, wen seine Gemahlin mir zum Gatten bestimmt hat. Sie hatte mir versprochen, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen, sobald die Feindseligkeiten zwischen Monseigneur und seinen Brüdern zum Erliegen gekommen sind.“
„Ich bin überzeugt, sie hat Eure Existenz längst vergessen“, entgegnete Catherine boshaft. „Zweifellos hat sie Euch hergeschickt, weil sie mit einer derart leichtfertigen, zuchtlosen Person wie Euch nichts zu tun haben will.“
„Wie könnt Ihr es wagen, mich so zu kränken!“, brauste Isabeau auf.
„Das genügt, Mesdames!“, schaltete Mellisynt sich scharf ein.
Isabeau beachtete sie nicht, sah wütend Madame de Bressé an und ereiferte sich: „Ihr seid nur eifersüchtig, Madame, und dazu habt Ihr allen Grund! Ihr seid nicht imstande, Euren Gatten an Euch zu fesseln, damit er nicht auf Abwege gerät. Bei Eurem wenig ansprechenden Äußeren und dem Euch mangelnden Esprit …“
„Ich sagte, das genügt, Demoiselle Isabeau!“, unterbrach Mellisynt sie ärgerlich, stand auf und ließ sich von einer Bademagd in ein vorgewärmtes Tuch hüllen. „Ich erwarte von Euch, Mesdames, dass Ihr Euch in meiner Gegenwart nicht zankt. Und nun beeilt Euch, mich anzukleiden“, wandte sie sich an die Mägde und verließ den Zuber.
Ingunde trocknete die Herrin ab und salbte sie dann mit duftendem Öl.
Robine brachte das linnene Hemd sowie die knöchelhohen, vorn offenen und kostbar bestickten Pantoffel und half ihr hinein.
Sethrid durfte ihr die Cotte aus grüner Seide anlegen und schob ihr das Spitzentuch in den Saum des linken Ärmels.
Isabeau nahm sich das Recht, Madame d’Edgemoor mit dem Obergewand aus fliederfarbenem Samt zu bekleiden, und hieß dann Robine in gebieterischem Ton, die lange, mit einer goldenen Bordüre verzierte Schleppe anzuspengeln.
Ungeduldig geworden, nahm Mellisynt auf dem Kasten Platz, damit ihre Kammermagd ihr das Haar zu Zöpfen flechten konnte.
Robine kräuselte es erst mit dem Brenneisen, wand dann Fäden aus gesponnenem Gold und Silber hinein und wickelte es auf. Sie bedeckte es mit dem güldenen Netz und dem Schleier.
Sethrid stand mit dem Schmuck bereit. Zunächst schloss sie die mit Smaragden und Bergkristallen verzierte
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